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Bush: "Sieg im Irak ist möglich"

US-Präsident George W. Bush hat den US-Kongress und das amerikanische Volk aufgefordert, seine "neue Strategie" im Irak zu unterstützen. Schlüsselaussagen | 

Ein Sieg im Irak sei noch immer möglich, auch wenn es derzeit eine „tragische Eskalation von religiös motivierter Wut und Rache“ gebe, sagte Bush in seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstagabend vor dem Kongress in Washington. Die Entsendung von 20.000 zusätzlichen US-Soldaten sei notwendig, um die Lage im Irak, vor allem aber in Bagdad zu stabilisieren. Die Iraker seien dazu alleine noch nicht in der Lage.

Nach sorgfältiger Abwägung aller Optionen seien er und die militärische Führung zu dem Ergebnis gekommen, dass die „neue Strategie“ die beste Aussicht auf einen Erfolg habe, betonte Bush. Ein Scheitern im Irak wäre „ein Alptraumszenario für Amerika“. In diesem Fall würde sich das „Virus der Gewalt“ im Nahen Osten ausbreiten und die gesamte Region in einen Konflikt stürzen. Bush rief den Kongress auf, „vereint im Willen zum Sieg“ zu sein und den Gegnern des Landes geschlossen entgegenzutreten.

Der Präsident verteidigte seinen Plan für eine Truppenaufstockung im Irak, der im Kongress auf erhebliche Skepsis stößt. „Es steht immer noch in unserer Macht, das Ergebnis dieses Kampfes zu bestimmen“, sagte Bush. Bush räumte ein, dass die US-Truppen im Irak angesichts der Gewalt zwischen den Volksgruppen inzwischen in einer schwierigen Lage seien: „Das ist nicht mehr der Kampf, mit dem wir im Irak angefangen haben, aber es ist nun einmal der Kampf, in dem wir gerade stehen.“

Bush sagte dem Kongress und der Demokratischen Partei „enge Konsultationen“ zu. Deswegen wolle er einen „Sonderbeirat zum Krieg gegen den Terror“ ins Leben rufen, dem führende Kongressabgeordnete beider Parteien angehören sollen. „Der Krieg gegen den Terror ist ein Generationenkampf, der bis weit über den Zeitpunkt hinaus anhalten wird, an dem Sie und ich unsere Ämter an andere übergeben haben.“ Gerade deswegen sei es „wichtig, dass wir zusammenarbeiten“.


Wortlautauszüge der Bush-Rede zur Lage der Nation

US-Präsident George W Bush hat am Dienstagabend (Ortszeit) seine Rede zur Lage der Nation gehalten. Es folgen Auszüge der Rede im Wortlaut:

„Amerika steht kurz vor technologischen Durchbrüchen, die uns in die Lage versetzen, unabhängiger vom Öl zu leben. Diese Technologien werden uns helfen, bessere Hüter unserer Umwelt zu sein – und sie werden uns helfen, der ernsthaften Herausforderung des globalen Klimawandels zu begegnen.“

„Jeder Erfolg gegen die Terroristen ruft die uferlosen Ambitionen dieses Feindes in Erinnerung. Das Böse, das 9/11 (die Anschläge vom 11. September 2001) inspiriert und sich an ihnen ergötzt hat, wirkt noch immer in der Welt. Und so lange das der Fall ist, ist Amerika eine Nation im Krieg.“

„Unsere Feinde sind recht deutlich in ihren Absichten. Sie wollen gemäßigte Regierungen stürzen und sich eine sichere Zuflucht schaffen, von der aus sie neue Angriffe auf unser Land planen und ausführen können. Indem sie Amerikaner töten und terrorisieren, wollen sie unser Land zwingen, sich aus der Welt zurückzuziehen und das Eintreten für die Sache der Freiheit aufzugeben. Dann wäre der Weg für sie frei, anderen ihren Willen aufzuzwingen und ihre totalitäre Ideologie zu verbreiten.“

„In jüngster Vergangenheit ist deutlich geworden, dass wir mit einer wachsenden Gefahr durch schiitische Extremisten zu tun haben, die Amerika (…) feindlich gesinnt sind und die entschlossen sind, den Nahen Osten zu dominieren. Von vielen weiß man, dass sie ihre Weisungen vom Regime im Iran erhalten, das Terroristen wie Hisbollah finanziert und bewaffnet. (…) Schiitische und sunnitische Extremisten sind verschiedene Gesichter der gleichen totalitären Bedrohung. (…). Sie wollen Amerikaner töten und die Demokratien im Nahen Osten töten und an Waffen gelangen, um in noch viel schrecklicherem Ausmaß zu töten.“

„Dieser Krieg ist mehr als ein Waffengang – es ist ein entscheidender ideologischer Kampf, und die Sicherheit unseres Landes hängt davon ab. (…) Was jeder Terrorist am meisten fürchtet, ist die Freiheit des Menschen. (…) Also dienen wir unseren eigenen Sicherheitsinteressen, indem wir Gemäßigten, Reformern und tapferen Stimmen für die Demokratie helfen. Die große Frage dieser Zeit ist, ob Amerika Männern und Frauen im Nahen Osten dabei helfen wird, freie Gesellschaften aufzubauen und an den Rechten der Menschheit teilzuhaben. Um unserer eigenen Sicherheit willen sage ich – wir müssen.“

„Unsere Kommandeure und ich haben die Optionen sorgfältig abgewogen. Wir haben jeden möglichen Ansatz diskutiert. Am Ende habe ich diesen Kurs gewählt, weil er die besten Aussichten auf Erfolg bietet. Viele in diesem Haus (im Kongress) verstehen, dass Amerika im Irak nicht scheitern darf – weil Sie verstehen, dass die Konsequenzen des Scheiterns schmerzhaft und weit reichend wären. Wenn sich die amerikanischen Truppen zurückziehen, bevor Bagdad sicher ist, würde die irakische Regierung von allen Seiten von Extremisten überrannt. Wir könnten mit einer epischen Schlacht zwischen schiitischen Extremisten, die vom Iran unterstützt werden, und sunnitischen Extremisten, denen von El Kaida und dem alten Regime geholfen wird, rechnen. Wie eine Seuche würde sich Gewalt im Land ausbreiten und bald wird die gesamte Region in den Konflikt hineingezogen sein. Dies wäre ein Albtraum-Szenario für Amerika. Für den Feind ist es das Ziel. Chaos ist sein größter Verbündeter in diesem Kampf. Und aus diesem Chaos würde ein gestärkter Feind erwachsen, mit neuen Zufluchten, neuen Rekruten, neuen Ressourcen und einer noch größeren Entschlossenheit, Amerika Schaden zuzufügen. Dies zuzulassen, hieße, die Lehren des 11. September (2001) zu ignorieren und eine Tragödie heraufzubeschwören. (…) In diesem Augenblick unserer Geschichte gibt es nichts wichtigeres für Amerika, als im Nahen Osten erfolgreich zu sein, im Irak erfolgreich zu sein und diese Gefahr vom amerikanischen Volk abzuwenden.“


Harsche Replik der Demokraten auf Bushs Rede zur Lage der Nation

Mit harscher Kritik hat die Opposition im US-Kongress auf die Rede von Präsident George W. Bush zur Lage der Nation reagiert. Nach einem Plädoyer für seine Politik der militärischen Stärke im Irak erklärten die demokratischen Oppositionsführer Nancy Pelosi und Harry Reid, Bush wolle offenbar weiterhin den Willen des Landes ignorieren, und fügten hinzu: „Wir werden ihn für den Kurswechsel im Irak zur Verantwortung ziehen.“

„Amerika darf im Irak nicht scheitern“, sagte Bush vor den Abgeordneten beider Parlamentskammern und warnte vor schwer wiegenden Konsequenzen wie einem Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten. Die Gewalt könne dann den ganzen Nahen Osten erfassen. „Für Amerika ist das der Albtraum“, sagte Bush. Die Lage im Irak sei nicht mehr die gleiche wie beim Einmarsch der US-Truppen im März 2003. Aber es liege immer noch in der Macht der USA, „den Ausgang dieser Schlacht zu bestimmen“. Den Kongress bat er, der neuen Strategie im Irak mit der Entsendung von 21.500 weiteren Soldaten eine Chance zu geben.

Auch in der Gesundheitspolitik will Bush Akzente setzen, die vor allem den mehr als 40 Millionen US-Bürgern zugute kommen sollen, die bisher keine Krankenversicherung haben. Der Erwerb einer Versicherung solle künftig durch Steuernachlässe vor allem für Familien erleichtert werden, sagte Bush.

Zum Auftakt seiner Rede hatte Bush ein günstiges Bild der Wirtschaft des Landes gezeichnet. „Die Arbeitslosigkeit ist gering, die Inflation ist niedrig, die Löhne steigen“, betonte der Präsident. Es sei Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass dies so bleibe.

Der demokratische Senator Jim Webb, der nach der Ansprache Bushs die traditionelle Erwiderungsrede der Opposition hielt, warf der Regierung Konzeptlosigkeit vor. Bush habe keine wirklich neue Irak-Strategie, sondern lediglich ein paar taktische Angleichungen vorgelegt, erklärte Webb. „Wir brauchen eine neue Richtung“, erklärte Webb. „Die Mehrheit des Landes unterstützt nicht länger die Art und Weise wie dieser Krieg geführt wird; die Mehrheit des Militärs auch nicht.“

Bush hat es erstmals in seiner Amtszeit mit einem von den Demokraten kontrollierten Kongress zu tun. Widerspruch zur Irak-Politik des Präsidenten kommt aber zunehmend auch aus Bushs eigener Partei. Der republikanische Senator Norm Coleman sagte, er kenne zwar nicht den Weg zum Erfolg. Aber der von Bush eingeschlagene Weg sei es jedenfalls nicht.

In der inzwischen auch in Amerika verstärkt geführten Debatte über den Klimawandel kündigte Bush eine drastische Reduzierung des Benzinverbrauchs an. Dieser soll bis 2017 um 20 Prozent sinken. Den internationalen Bemühungen um eine verbindliche Drosselung der Treibhausgase im Anschluss an das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll will sich die amtierende US-Regierung jedoch nicht anschließen. Stattdessen setzt Bush auf technische Innovationen, die die Abhängigkeit vom Öl reduzieren sollen.

Für morgen, Donnerstag, wird Bush in Wilmington (Bundesstaat Delaware) zu einer Rede über die Energiepolitik erwartet. Anlass ist eine wissenschaftliche Konferenz zur Entwicklung von Kraftstoffen aus Pflanzen und damit aus nachwachsenden Rohstoffen. Die kalifornische Senatorin Barbara Boxer kritisierte nach der Rede, was Bush zur globalen Erwärmung nicht gesagt habe, sei aufschlussreicher als das, was er gesagt habe.

An innenpolitischen Herausforderungen nannte Bush das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts, das auch ohne Steuererhöhungen zu erreichen sei. Er bat die Abgeordneten um Unterstützung für neue Gesetze, die mehr Bürger als bisher in den Genuss einer Krankenversicherung bringen sollen.

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