Le Monde (Paris):
Überall auf dieser Reise hat der US-Präsident seinen Gesprächspartnern sein Lächeln im Überfluss gezeigt. Damit konnte aber nicht verdeckt werden, dass die Meinungsunterschiede in den grundsätzlichen Fragen fortbestehen. Das gilt vor allem für den Mittleren Osten, den Iran und die Rolle der NATO. Die Positionen haben sich auf beiden Seiten kaum bewegt. Was sich geändert hat, ist der Ton, und das ist wichtig in der Diplomatie. Bush hat anerkannt, dass Europa – und nicht nur das von seinem Verteidigungsminister Donald Rumsfeld geschätzte neue Europa – in der globalen Strategie der USA ein Trumpf sein kann.
Tages-Anzeiger (Zürich):
Der Besuch war die Botschaft. Die Bilanz der Europatour von George W. Bush in dieser Woche fällt ernüchternd aus. Auch wenn unverbesserliche Atlantiker einwenden, in der hohen Diplomatie sei Symbolik die halbe Miete. Das mit besonderer Aufmerksamkeit des US- Präsidenten beglückte Dreiergespann (Frankreichs Staatspräsident Jacques) Chirac, (Deutschlands Bundeskanzler Gerhard) Schröder und (Belgiens Premierminister Guy) Verhofstadt nörgelte nicht mehr am amerikanisch-britischen Feldzug gegen Saddam Hussein herum und willigte gar in eine bescheidene Hilfe für den Wiederaufbau des Irak ein. Denn die EU kann gar nicht anders, als sich für Stabilität im Nachkriegs-Irak einsetzen: An Chaos und Gewalt in der Nachbarschaft ist niemand interessiert.
Basler Zeitung:
Von einem Präsidenten der USA, der sich die Ausbreitung der Demokratie in aller Welt auf die Fahne geschrieben hat, hätte man gegenüber Russlands zunehmend autoritärem Präsidenten schon etwas mehr erwarten dürfen als Bushs laue Andeutung von Kritik. Die tat Wladimir Putin umso weniger weh, als der US-Präsident seinem russischen Kollegen einen Freipass für seine Politik ausstellte. Denn Bushs Formulierung, er werde auch in den nächsten vier Jahren einen konstruktiven Dialog mit seinem Freund Wladimir pflegen, bedeutet nichts anderes. Der Kreml-Herr seinerseits schaffte das raffinierte Kunststück, ein Lippenbekenntnis zur Demokratie mit der faktischen Absage an die Demokratie und ihre Werte zu verbinden. Das nämlich ist die Übersetzung des Satzes Putins, man müsse bei der Umsetzung der Demokratie die russischen Traditionen und die russische Geschichte berücksichtigen.
Moskowski Komsomolez Moskau):
Das Resultat des Treffens kann als null bezeichnet werden. Das am meisten erwähnte Wort war wie erwartet Demokratie. Die wichtigste Bemerkung von Bush dazu bezog sich allerdings auf die früher von Putin gemachte Aussage, dass es in Russland keine Abkehr von der Demokratie geben werde. Das heißt, sowohl Bush als auch Putin sind mit derselben Meinung aus Bratislava abgereist, wie sie angekommen waren – jeder mit seiner eigenen. (…) Geht man davon aus, dass die wahre Absicht des Treffens wie immer verborgen blieb, wird man Resultate erst später anhand des Verhaltens der beiden Länder beurteilen können.
Komsomolskaja Prawda (Moskau):
Wie der russische Außenminister Sergej Iwanow sagte, seien auf Grund der Gespräche bereits rund zwanzig Aufträge formuliert worden. Bis Jahresende soll die Vorbereitung zur Aufnahme Russlands in die (Welthandelsorganisation) WTO abgeschlossen sein. In ein paar Jahren werden wir damit beginnen, die USA in einem großen Ausmaß mit Öl zu versorgen. Und wir beenden all die gemeinsamen Aktivitäten damit, dass wir gemeinsam die Ressourcen auf dem Mond erschließen!