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Bush lobt „Tauwetter“ in Nahost

Nach Jahrzehnten von „Tyrannei, Verzweiflung und Radikalismus“ freut sich US-Präsident George W. Bush über das „Tauwetter“ im Nahen Osten.

Bush frohlockt bereits, dass ein Sieg der Demokratie-Bewegung im Libanon wie das „Klingeln an der Tür aller arabischen Regime“ sei. Angesichts der vielen Veränderungen in der Region fühle sich Bush in seiner Politik „bestätigt“, kommentierte die „Washington Post“. Kenner des Nahen Ostens warnen vor voreiliger Freude und weisen auf das Gefahrenpotenzial hin.

Im November 2003 hatte Bush seine „Vorwärtsstrategie für Freiheit und Demokratie“ im Nahen und Mittleren Osten angekündigt. In seiner jährlichen Rede zur „Lage der Nation“ Anfang Februar wiederholte er das Leitthema, dass nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 demokratische Länder der beste Schutz vor Terrorismus seien.

Mit seiner Grundsatzrede zum Nahen und Mittleren Osten machte Bush am Dienstag vor Militärangehörigen in Washington deutlich, dass autoritäre Regime – zu denen er beispielsweise Syrien und den Iran zählt – nur noch der letzte Atemzug einer diskreditierten Vergangenheit seien. Wenn eine Diktatur das politische Leben kontrolliere, könne sich keine verantwortungsvolle Opposition entwickeln und abweichende Meinungen würden in den Untergrund und zum Äußersten getrieben. Der folgende Gewaltausbruch überschreite dann Grenzen und Kontinente.

Trotz des „Schneeballeffekts“ warnen Kenner der nahöstlichen Szenerie das Bush-Team vor voreiliger Freude. Reformen seien in der Vergangenheit in der Region oft erklärt und in der Realität dann ausgehöhlt worden, schreibt die „Washington Post“. Außerdem habe die US-Regierung selten langfristige Anstrengungen unternommen, die aus Sicht vieler notwendig seien, damit die Veränderungen dauerhaft seien. Es gebe beides: Hoffnung und Gefahr, sagte Sandy Berger, nationaler Sicherheitsberater von Ex-Präsident Bill Clinton, dem Blatt.

Kritiker verweisen darauf, dass mancher der jüngsten Erfolge seine Schattenseite aufweise. Die Wahlen im Irak seien beispielsweise weitgehend von der sunnitischen Minderheit boykottiert worden. In Saudiarabien seien bei den Kommunalwahlen Frauen ausgeschlossen gewesen und die wahre Macht im Lande liege weiter bei der königlichen Familie, schreibt die „Washington Post“. In Ägypten habe Präsident Hosni Mubarak zwar Gegenkandidaten bei den Präsidentschaftswahlen gestattet, aber seine Regierung kontrolliere, welche Parteien teilnehmen können.

Bush selbst nennt die Entwicklungen in Saudiarabien und Ägypten, kleine, aber willkommene Schritte, denen weitere folgen müssten. Allerdings scheinen die Demokratie-Forderungen keine Einbahnstraße zu sein. Der saudiarabische Außenminister Prinz Saud al-Faisal sagte der „Washington Post“, dass US-Präsident Bush schnelle Reformen im Nahen Osten wünsche. „Und wir haben unseren Wunsch geäußert, dass die Palästinenserfrage schnell gelöst wird. Ich hoffe, dass beide Wünsche wahr werden.“

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