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Bürgerkrieg in Liberia flammt wieder auf

Mindestens 300 Menschen sind laut der liberianischen Regierung bei schweren Kämpfen zwischen Rebellen und Armeesoldaten in der Hauptstadt Monrovia getötet worden.

Gesundheitsminister Peter Coleman sprach am Freitag im staatlichen Rundfunk außerdem von mehr als 1.000 Verletzten. Die Gefechte in der Millionenmetropole nehmen seit Mittwochabend wieder zu, berichteten Augenzeugen. Während US-Präsident George W. Bush den liberianischen Präsidenten Charles Taylor zum Rücktritt aufforderte, blieb die Antwort der USA auf die Forderungen nach einer direkten Intervention bisher aus.

Zahlreiche Bomben und Granaten seien im Stadtzentrum eingeschlagen, hieß es laut Augenzeugenberichten. Über eine Viertelmillion Flüchtlinge befände sich in Monrovia ohne Dach über dem Kopf, berichteten Helfer. Sie bemühten sich um die Verteilung von Wasser, um dem Ausbruch von hygienebedingten Krankheiten entgegenzuwirken. Der Verkehr in Monrovia sei vollständig zusammengebrochen, die Kommunikation teilweise, berichteten Hilfsorganisationen. Das SOS-Kinderdorf in der liberianischen Hauptstadt Monrovia ist mit als 5.000 Flüchtlingen konfrontiert.

Die Regierung des umstrittenen Präsidenten Taylor begrüßte einen Appell von US-Präsident George W. Bush zu neuen Friedensgesprächen. Sie äußerte sich jedoch nicht zu der Rücktrittsaufforderung Bushs an Taylor. Bush hatte seinen liberianischen Amtskollegen zu diesem Schritt angehalten, „damit seinem Land nach 14 Jahren Krieg weiteres Blutvergießen erspart bleibt“.

Angesichts der blutigen Kämpfe in Liberia forderten Demonstranten in Monrovia unterdessen ein Eingreifen der USA. Eine wütende Menge legte am Donnerstag vor der schwer bewachten US-Botschaft Leichen von Kindern nieder, die in einem amerikanischen Diplomatenviertel vergeblich Zuflucht gesucht hatten. Das von den USA evakuierte Gelände war am Mittwoch von drei Raketen getroffen worden. Dabei kamen nach Augenzeugenberichten 18 Menschen ums Leben.

Bush äußerte sich bisher nicht zu Forderungen nach einer US-Intervention, die zuvor auch Großbritannien erhoben hatte. Der US-Präsident will im kommenden Monat nach Afrika reisen.

Im Verlauf des Bürgerkrieges kam es in der Vergangenheit wiederholt zu Flüchtlingsdramen riesigen Ausmaßes. Bis zu einer Million Menschen – rund ein Drittel der Bevölkerung – suchte zeitweise Schutz in den Nachbarländern.

Das westafrikanische Bürgerkriegsland Liberia wurde im 19. Jahrhundert von den USA als Kolonie und als Heimstätte für befreite schwarze amerikanische Sklaven gegründet. 1847 wurde der unabhängige Staat Liberia gegründet. 1980 putschte das Militär gegen die bis dahin das Land regierende US-stämmige Elite. Seit 1989 herrscht in der ehemaligen Musterkolonie mit 16 Volksgruppen ein Bürgerkrieg, der auch durch ein Friedensabkommen vor zehn Jahren nicht eingedämmt werden konnte.

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