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Burgenland ändert seine Verfassung

Niessl will Proporz abschaffen
Niessl will Proporz abschaffen
Im Burgenland stimmt der Landtag am Donnerstag über eine Verfassungsänderung mit weitreichenden Konsequenzen ab: Durch die Reform wird der Proporz bei der Zusammensetzung der Landesregierung abgeschafft. Spätestens nach der übernächsten Wahl muss zudem die Regierung von sieben auf fünf Mitglieder verkleinert werden. SPÖ und ÖVP lobten am Mittwoch in höchsten Tönen den ausverhandelten Kompromiss.


Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) sprach von der “größten Veränderung seit 23 Jahren”, SPÖ-Klubchef Christian Illedits von einer “historischen” Landtagssitzung. Mit der Beseitigung des Proporzes, der Einführung des Vorzugsstimmenmandats und dem zweiten Wahltag – er soll künftig am vorletzten Freitag vor dem Wahlsonntag durchgeführt werden – gebe es das, was sich die Menschen wünschen würden, nämlich “mehr Demokratie und mehr direkte Demokratie”, sagte Illedits.

Als einen “Meilenstein in der Geschichte des Burgenlandes” bezeichnete ÖVP-Klubobmann Rudolf Strommer die Verfassungsänderung. Für die Volkspartei sei wichtig gewesen, dass nicht nur der Proporz abgeschafft werde, sondern dass es ein “Gesamtpaket” geben solle. Dieses liege nunmehr vor: “Es hat sich mit dieser Änderung der Verfassung die Nachkriegsordnung im Burgenland eigentlich komplett überlebt”, erklärte Strommer.

Einig waren sich beide Regierungsparteien am Mittwoch bei ihren getrennt abgehaltenen Pressekonferenzen auch darüber, dass das Burgenland nun die “modernste Verfassung aller österreichischen Bundesländer” erhalte. Unterschiedlich beurteilte man allerdings den Weg, der zu dem Kompromiss geführt hatte: Die Verfassungsänderung zeige auch deutlich, dass die ÖVP “den Mut hat, etwas zu verändern”, sagte Strommer. “Bis vor rund einem Jahr hat sich unser Koalitions- und Regierungspartner ÖVP nicht bewegt und regelrecht eigentlich einbetoniert”, meinte hingegen Illedits.

Bereits beim Anlauf im Jahr 2009 habe zur Verfassungsreform nur eine Stimme gefehlt. Diesmal habe sich die ÖVP bewegt, nun habe es “den Anschein, dass sich die Oppositionsparteien einbetonieren”, so der SPÖ-Politiker.

Landeshauptmann Niessl erklärte, es sei eines seiner Ziele, “auch schon 2015 eine verkleinerte Landesregierung zu haben” und damit Steuergeld zu sparen. Die Koalitionsbildungen würden zeigen, ob dies möglich sei. Nach der Wahl werde er die Vertreter der anderen Parteien nach ihrer Größe zu Sondierungsgesprächen einladen. Dann werde festgelegt, mit wem man in Koalitionsverhandlungen eintrete, sagte der Landeshauptmann.

Kritik kam von der Opposition. FPÖ-Obmann Johann Tschürtz zeigte sich in eine Aussendung über das “Gesamtpaket” enttäuscht: Zwar enthalte die Reform neben der Proporz-Abschaffung “einige Punkte, die erfreulich sind.” Es sei jedoch “Fakt, dass Beschlüsse, die vordergründig minderheitenfreundlich aussehen, mit Rücksichtnahme auf die spezielle Situation im Burgenland zu einer eklatanten Schwächung der Opposition führen”, argumentierte Tschürtz. Eine solche “Machtkonzentration” in den Händen der Regierungsparteien lasse die “modernste Verfassung” sehr rasch “ganz alt aussehen”, weshalb die FPÖ “nie und nimmer” zustimmen könne, erklärte der FPÖ-Obmann.

Die Grünen werden der Verfassungsänderung zustimmen, kündigten Landessprecherin Regina Petrik und Landtagsabgeordneter Wolfgang Spitzmüller an, nicht aber der Änderung der Geschäftsordnung mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minderheitsrecht. “Es müssen jetzt auch Schritt für Schritt systematisch alle parteipolitischen Verflechtungen und Postenbesetzungen, die mit dem Proporzsystem verbunden waren, abgebaut werden”, erklärte Petrik: “Da gibt es im Burgenland noch viel zu tun.”

Als Erfolg für die Grünen verbuchte die Landessprecherin, dass künftig auch eine Minderheit (ein Viertel der 36 Abgeordneten, Anm.) einen Untersuchungsausschuss einsetzen könne. Der Haken liege aber noch in der konkreten Durchführung. Diese sei in der Geschäftsordnung des Landtages geregelt, die am Donnerstag ebenfalls geändert wird. Hier müsse man jedoch in den kommenden Jahren “noch eindeutig nachbessern, damit ein U-Ausschuss nicht zum Spielball der Mächtigen wird.” Spitzmüller, einziger Mandatar der Grünen im Landtag, erklärte, er werde der Änderung der Geschäftsordnung nicht zustimmen.

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