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Bundespräsident Van der Bellen in Israel: Kein Ende des FPÖ-Boykotts in Sicht

Bundespräsident Alexander Van der Bellen befindet sich in Israel auf Staatsbesuch.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen befindet sich in Israel auf Staatsbesuch. ©APA/ROBERT JAEGER
Bundespräsident Alexander Van der Bellen werde ein mögliches Ende der Sanktionen gegen Mitglieder des FPÖ-Regierungsteams bei seinen Treffen mit Israels Staatspräsident Reuven Rivlin und Premierminister Benjamin Netanyahu ansprechen. Er erwarte aber derzeit keine Änderung der israelischen Haltung gegenüber der FPÖ.

Israel boykottiert die freiheitliche Ministerriege seit Start der türkis-blauen Regierung mit Verweis auf die “antisemitischen Wurzeln” der Partei. “Ich habe es ja schon im Herbst bei einem Kurzbesuch mit Präsident Rivlin besprochen. Ich fand dort keinerlei Resonanz für meinen Wunsch, zumindest mit Außenministerin Karin Kneissl Kontakte zu pflegen. Ich werde es versuchen, mache mir aber keine Illusionen”, erklärte Van der Bellen während seines Staatsbesuchs in Jerusalem. “Auch damals nach der schwarz-blauen Regierung hat es drei Jahre gedauert, bis volle diplomatische Beziehungen wieder aufgenommen wurden. Wir werden es anschneiden, aber es wird wahrscheinlich für den Moment erfolglos sein”, so der Bundespräsident.

Auf die Frage, ob er es wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zur Staatsräson zähle, für die Sicherheit Israels einzutreten, meinte Van der Bellen: “Ich weiß nicht genau, was das Wort Staatsräson in diesem Zusammenhang bedeutet, aber die Verantwortung Österreichs angesichts der Jahre 1938 bis 1945 steht glaube ich fest. Das Existenzrecht Israels muss vollkommen unbestritten sein. Wir werden uns immer dafür einsetzen, und wir werden gute Freunde bleiben und sein.”

Palästinensische Kritik, wonach sich Österreichs Nahost-Politik von einer ausgewogenen zu einer pro-israelischen bewegt hat, kann Van der Bellen nicht nachvollziehen. “Nein, es ist nicht so, und das sollte man nicht so sehen.” Vielleicht seien die Palästinenser “etwas gekränkt, dass sich mehrere Ministerbesuche in den letzten Jahren auf Jerusalem beschränkt haben”. All das sollte man aber “nicht überbewerten”. Präsident Mahmoud Abbas sei jederzeit in Wien willkommen. Und er selbst besuche natürlich auch Präsident Abbas. “Mich interessiert ja die Situation: Gibt es irgendwelche Ideen zur Fortführung des Nahost-Friedensprozesses? Wie ist die Situation innerhalb der Palästinenser?”

Dass der Friedensprozess zwischen Israel und Palästinensern de facto tot und ohne Chance ist, bestreitet Van der Bellen. “Das würde ich nicht so sehen.” Wenn man 10, 20 oder 50 Jahre in die Zukunft denke und sich frage, wie werden diese Gebiete dann regiert, “dann muss man nach dieser fünfjährigen Pause der Friedensgespräche wieder in die Gänge kommen, im Interesse der einen und der anderen. Wenn Österreich hier einen kleinen Beitrag leisten kann, dann ist es gut.”

Israel hält an FPÖ-Boykott fest

Israel hält vorerst am Boykott gegenüber Regierungsvertretern der FPÖ fest. Dies erklärte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montag nach einem Arbeitsgespräch mit Israels Staatspräsident Reuven Rivlin vor österreichischen Journalisten. Israel boykottiert die freiheitliche Ministerriege seit dem Start von Türkis-Blau mit Verweis auf die “antisemitischen Wurzeln” der FPÖ.Van der Bellen hatte sich zuletzt bei Rivlin dafür stark gemacht, zumindest mit der auf einem FPÖ-Ticket befindlichen aber parteifreien Außenministerin Karin Kneissl Kontakte zu pflegen. “Meine Bitte ist schlicht, die Außenministerin als eine Art Sonderfall zu betrachten”, sagte Van der Bellen nach dem Treffen mit Rivlin. Derzeit sei die Lage aber “wenig erfolgversprechend”. Israel werde die Causa weiter prüfen. “Vor den Wahlen wird gar nichts passieren”, so Van der Bellen.

In Israel wird am 9. April ein neues Parlament gewählt. Zugeständnisse gegenüber den Freiheitlichen, die in ihrer langen Geschichte immer wieder mit antisemitischen Aussagen für Diskussionen gesorgt hatten, kämen da gar nicht gut an.

Van der Bellen in Israel – Verbeugung vor Opfern der Shoah

“Zehntausende jüdische Österreicherinnen und Österreicher wurden vom Naziregime ermordet – und noch mehr wurden vertrieben. Viele Vertriebene fanden hier in Israel eine neue Heimat. Sie bauten das Land auf und verteidigten es in mehreren Kriegen. Lassen Sie mich unmissverständlich sagen: Österreich ist mitverantwortlich für die Shoah. Viele Österreicherinnen und Österreicher waren unter den Täterinnen und Tätern”, sagte Van der Bellen bei einem Treffen mit Israels Staatspräsident Reuven Rivlin. “Darum verbeugen wir uns in Demut vor den Opfern. Zu dieser Mitverantwortung hat sich Österreichs erst spät, sehr spät bekannt. Das hat unser Verhältnis lange Zeit schwierig gemacht.”

In Yad Vashem wohnten Van der Bellen und Rivlin in der “Halle der Erinnerung” eine Gedenkzeremonie für die sechs Millionen ermordeten Juden unter nationalsozialistischer Herrschaft bei. Van der Bellen legte einen Kranz nieder und verbeugte sich vor den Opfern. Zuvor betonte der Bundespräsident, dass ihm der Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus schon immer ein starkes Anliegen gewesen sei.

“Der Antisemitismus der Nationalsozialisten ist nicht vom Himmel gefallen. Er war schon zuvor in der österreichischen Gesellschaft sehr stark präsent. Die Shoah war der grausame Höhepunkt. Es darf daher keine Toleranz gegenüber Antisemitismus geben”, so Van der Bellen. “Unser Ziel ist es, dass jüdisches Leben überall, ob in Israel, ob in Europa oder sonst wo, sicher und unbehelligt möglich ist. Das ist unsere Verantwortung. Das sind wir den Opfern der Shoah schuldig. Israel muss in Frieden leben können. Das ist in Österreich Konsens und ein nationales Anliegen.”

Von Rivlin gab es für Van der Bellen einen äußerst herzlichen Empfang mit militärischen Ehren. “Sie sind ein wahrer Freund des Staates Israel und des jüdischen Volkes”, begrüßte der Staatspräsident den Gast aus Österreich in Jerusalem, “der Hauptstadt Israels”, wie Rivlin betonte.

Auch Rivlin legte den Fokus in seiner Rede auf den Kampf gegen den Antisemitismus. Er erwähnte 50 antisemitische Vorfälle in Österreich im vergangenen Jahr und lobte zugleich das Engagement der von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geführten österreichischen Regierung im Kampf gegen den Antisemitismus. Man müsse “kompromisslos gegen jede Form von Antisemitismus vorgehen”, sagte Rivlin.

Treffen mit Netanyahu auf Dienstag verlegt

Nach einem Arbeitsgespräch der beiden Staatsspitzen wurde unterdessen klar, dass Israel wie erwartet am Boykott gegenüber Regierungsvertretern der FPÖ festhält. Israel begründet diese Vorgangsweise, die seit dem Start von Türkis-Blau verfolgt wird, mit den “antisemitischen Wurzeln” der FPÖ.

Van der Bellen hatte sich zuletzt bei Rivlin dafür stark gemacht, zumindest mit der auf einem FPÖ-Ticket befindlichen aber parteifreien Außenministerin Karin Kneissl Kontakte zu pflegen. “Meine Bitte ist schlicht, die Außenministerin als eine Art Sonderfall zu betrachten”, sagte Van der Bellen nach dem Treffen mit Rivlin. Derzeit sei die Lage aber “wenig erfolgversprechend”. Israel werde die Causa weiter prüfen. “Vor den Wahlen wird gar nichts passieren”, so Van der Bellen. In Israel wird am 9. April ein neues Parlament gewählt. Zugeständnisse gegenüber den Freiheitlichen, die in ihrer langen Geschichte immer wieder mit antisemitischen Aussagen für Diskussionen gesorgt hatten, kämen da gar nicht gut an.

Ein für Montagnachmittag angesetztes Treffen Van der Bellens mit Premierminister Benjamin Netanyahu wurde wegen anderer terminlicher Verpflichtungen Netanyahus auf Dienstagvormittag verlegt.

(APA/Red)

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