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Bundesheer bekommt 18 Leonardo-Hubschrauber

Ab Mitte 2022 sollen die neuen Hubschrauber in Österreich in Betrieb gehen.
Ab Mitte 2022 sollen die neuen Hubschrauber in Österreich in Betrieb gehen. ©APA/ITALIENISCHES VERTEIDIGUNGSMINISTERIUM
Am Montag hat Verteidigungsministerin Tanner verkündet, dass 18 neue Hubschrauber des italienischen Herstellers Leonardo gekauft werden. Sie sollen Mitte 2022 zum Einsatz kommen.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat am Montag auch offiziell die bereits durchgesickerte Entscheidung verkündet, 18 neue Hubschrauber des Modells AW169M des italienischen Herstellers Leonardo zu kaufen. Sie folge damit der "klaren und einzigen" Empfehlung des Generalstabs, sagte Tanner in einer Pressekonferenz.

Erste Leonardo-Hubschrauber sollen Mitte 2022 landen

Das Bundesheer kauft um rund 300 Millionen Euro 18 Hubschrauber AW169M des italienischen Herstellers Leonardo. Die ersten Helikopter sollen Mitte 2022 in Österreich, die letzten Anfang 2024 landen. Sie sollen für das Militär verschiedene Aufgaben erfüllen - vom Personen- und Materialtransport bis zu Löscharbeiten.

Die neuen Hubschrauber sind ein Ersatz für die leichten Verbindungs- und Transporthubschrauber "Alouette III", die aus technischen Gründen Ende 2023 ausgeschieden werden müssen. In der Summe von 300 Millionen Euro soll die gesamte Beschaffung beinhaltet sein, also Hubschrauber, Technik, Logistik, aber auch die Ausbildung sowie infrastrukturelle Erfordernisse, heißt es in Presseunterlagen des Verteidigungsministeriums. Ein einzelner Hubschrauber dieses Typs kostet in der Beschaffung zwischen acht und 15 Millionen Euro, je nach Ausstattung und Zusatzpaketen.

Das neue Hubschrauber-System kann mit unterschiedlichen Konfigurationen für verschiedene Aufgaben alle Fähigkeitsbereiche inklusive dem Selbstschutz abdecken, betonte das Heer. Der Helikopter ist (bei drehendem Rotor) 14,65 Meter lang und 4,5 Meter hoch. Der AW169M kann bis zu 283 km/h schnell fliegen, die maximale Reichweite beträgt 816 Kilometer. Zehn Passagiere können mitgenommen werden. Das maximale Abfluggewicht beträgt 4,6 Tonnen.

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Helikopter werden bei verschiedenen Aufgaben eingesetzt

Eingesetzt werden soll der neue Helikopter, der mindestens 30 Jahre lang genutzt werden soll, für Personen- und Materialtransporte ebenso wie für Löscharbeiten - er kann beispielsweise drei Mal so viel Wasser transportieren wie die Alouette III. Kleinere Lufttransportaufträge können laut Heer durch das neue System kostengünstiger als mit dem Black Hawk durchgeführt werden. Durch den geräumigen Innenraum bietet er auch genug Platz, um eine Person isoliert transportieren zu können, was gerade in Pandemiezeiten extra hervorgehoben wird.

Der AW169M kann auch bewaffnet werden und ist auch bei Nacht und schlechten Witterungsbedingungen flugtauglich. Außerdem sei das Modell speziell für Einsätze im Gebirge bestens geeignet, heißt es aus dem Militär.

Weil derselbe Hubschrauber auch als Schulhubschrauber verwendet werden kann, könne die Ausbildung effizienter gestaltet werden. Bei Bedarf, also etwa Katastrophen großen Ausmaßes, können die Schulhubschrauber jederzeit auch für Einsatzaufgaben verwendet werden.

Maschinen werden in den Bundesländern stationiert

Jene 12 Maschinen, die die Einsatzstaffel bilden, werden in Aigen im Ennstal in der Steiermark stationiert. Die sechs Ausbildungshubschrauber kommen an die Flieger-Fliegerabwehrschule in Langenlebarn in Niederösterreich. In Vorarlberg, Tirol und Kärnten sind bzw. werden temporäre Hubschrauberstützpunkte errichtet, damit kann der Hubschrauber dort temporär betrieben werden.

Nach den Bröseln mit der Beschaffung des Eurofighters von Airbus ist man im Ministerium offensichtlich bemüht, die Entscheidung für den neuen Hubschraubertyp halbwegs transparent zu erklären. Das Verteidigungsministerium habe einen Partner gesucht, "mit dem eine Kooperation in allen Bereichen möglich ist, damit ein effizienter Betrieb während der gesamten Laufzeit kostenoptimiert möglich ist", heißt es in den Presseunterlagen. Dass man sich für den teuersten Hubschrauber entschieden hat, verteidigte man damit, dass für einen konkreten Vergleich nicht nur der Preis, sondern auch die Fähigkeiten herangezogen werden müssten.

Engere Mitbewerber waren neben Italien auch Deutschland (Airbus) und die USA (Bell). Kanada und die USA forcierten den BELL 429, der Hubschrauber sei aber in den Streitkräften der beiden Nationen nicht eingeführt, was eine Kooperation in den Bereichen Ausbildung, Logistik bzw. Betrieb nicht möglich gemacht hätte, erläutert man im Heer. Bei Deutschland wiederum befürchtete man eine "Fähigkeitslücke von mehreren Jahren", weil dort erst ab Ende 2024 leichte Mehrzweckhubschrauber beschafft werden, zudem sah man keine Kooperationsmöglichkeit bei der Logistik.

Italien hingegen sei willens, in allen Bereichen des Betriebs mit dem Bundesheer zu kooperieren. Italien wird demnach bis zu 100 AW169 kaufen, also kann der Hubschrauber als Teil einer Gesamtkooperation beschafft werden.

Bundesheer habe bereits Erfahrung mit Firma Leonardo

Mit der Firma Leonardo hat das Heer auch schon Erfahrung, wird unterstrichen: Das Bundesheer betreibt den AB 212, der von Leonardo Helicopter (vormals Agusta Westland) hergestellt wurde. Auch der AB 204 sowie der AB 206, die vom Bundesheer betrieben wurden, stammen aus dieser Produktion. Die Radaranlagen der Luftraumüberwachung sowie der Militärflugplätze sind demnach ebenso Produkte des Leonardo Konzerns.

Die Vertragsverhandlungen sollen etwa sechs Monate dauern, dann braucht die Produktion der Hubschrauber etwa eineinhalb Jahre. Gegengeschäfte - ein großer Aufreger bei den Eurofightern - gibt es laut Verteidigungsressort keine.

Angebote "wertfrei" geprüft

Generalstabschef Robert Brieger hat am Montag bei der Verkündung des Helikopter-Kaufs von Leonardo betont, dass man verschiedene Angebote "wertfrei" geprüft habe. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) machte aber kein Geheimnis daraus, dass sie aufgrund der laufenden Gerichtsverfahren mit dem Eurofighter-Hersteller und Heli-Anbieter Airbus "froh" sei, dass der Generalstab die italienischen Leonardo empfohlen hat.

Der Ankauf der 18 AW169M sei die größte Beschaffung seit dem Eurofighter, erklärte Tanner. Und die Beschaffung des Kampfjets habe gezeigt, "wie es nicht gehen soll". Immerhin habe man bis heute mit den Folgen zu kämpfen, erinnerte die Ministerin. Deshalb habe man sich nun bei den Hubschraubern für ein sogenanntes Government to Government-Geschäft entschieden, "um dubiose Praktiken schon von Anfang an unmöglich zu machen". Konkret wird Österreich bei der Hubschrauberbeschaffung der Italiener mitbestellen und direkt mit der italienischen Regierung verhandeln.

Gespräche mit mehreren Ländern

Im Vorfeld sei eine Matrix mit den Anforderungen an den neuen Hubschrauber erstellt worden und an eine Vielzahl von Ländern versandt worden. Im Rennen waren dann noch Italien mit Leonardo, Deutschland mit Airbus und die USA mit Bell. Die USA hätten die Anforderungen bei Ausbildung und Betrieb nicht erfüllen können, weil sie die Hubschrauber nicht selbst betreiben, erklärte Tanner. Auch wollte man sich nicht unbedingt dem US-Recht ausliefern, wenn es Alternativen in der EU gibt, war im Heer zu hören.

In Deutschland passten laut Tanner die Zeitpläne nicht, außerdem habe man in Sachen Wartung unterschiedliche Interessen. Die Ministerin ergänzte allerdings auch: "Meine Einstellung zur Airbus, insbesondere auch zu laufenden Gerichtsverfahren, ist bekannt."

Italien habe jedenfalls eine umfassende Kooperation zusichern können und sei denn auch die "klare und einzige Empfehlung" des Generalstabs gewesen, der sie folge, meinte Tanner.

Der AW169M sei ein "hocheffizientes und modernes Gerät" und könne alle Aufgaben der zu ersetzenden Alouette III erfüllen, und zwar noch besser, schwärmte die Ministerin. So sei der Helikopter etwa im Gebirge als Rettungshubschrauber "perfekt" einsetzbar. Die Einsatzstaffel von zwölf Stück soll in Aigen im Ennstal stationiert sein, ausdrücklich lobte Tanner auch den steirischen Landeshauptmann und Parteikollegen Hermann Schützenhöfer als "politischen Vater dieses Erfolgs".

Kosten für Flugstunden wurden nicht genannt

Wie viel eine Flugstunde mit dem neuen Hubschrauber kostet, beantwortete die Ministerin nicht. Aus dem Generalstab hieß es gegenüber der APA, dass man dies noch nicht seriös beziffern könne, dazu müsse man die Verhandlungen abwarten. Tanner betonte jedenfalls, dass es nicht nur um die Frage des Preises gegangen sei, sondern insbesondere um die Fähigkeiten und Kooperationsmöglichkeiten. Brieger freute sich darüber, dass nun mit der Entscheidung bis zum Ausscheiden der Alouette III der neue Hubschrauber zur Verfügung stehen dürfte und keine "Fähigkeitslücke" entstehe.

SPÖ und NEOS vermissen Transparenz

Grundsätzlich zufrieden mit dem angekündigten Hubschrauber-Kauf bei Leonardo ist die Opposition. Die FPÖ heftet sich das Budget für die neuen Helikopter auf die Fahnen, habe dies doch ihr damaliger Minister ausverhandelt. SPÖ und NEOS verlangten noch Transparenz, wie es zur Entscheidung für die Italiener kam.

SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer bewertete die Entscheidung für die Leonardo-Hubschrauber in einer Aussendung als richtig. Auch begrüßte er, dass die Beschaffung ein Government-to-Government-Geschäft ist, "also ohne die aus der Eurofighter-Beschaffung bekannten Lobbyisten, Provisionen und mutmaßlichen Schmiergeldzahlungen abläuft". Allerdings stört Laimer, dass Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) dem Parlament weder in öffentlicher noch in vertraulicher Sitzung die grundlegenden Daten der verschiedenen Angebote dargelegt habe. "Dieser Verpflichtung muss die Ministerin noch nachkommen."

Grundsätzlich positiv reagierte auch NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos. Endlich sei eine Entscheidung getroffen worden, meinte er in einer Aussendung. Auch er forderte aber Transparenz über die Entscheidungskriterien: "Leider hat man sich mit dem Airbus-Streit im Vorfeld selbst um eine Alternative gebracht, jetzt ist die Entscheidung auf den teuersten Typ gefallen. Tanner muss transparent machen, auf welchen Kriterien die Entscheidung beruht und wie es dazu gekommen ist."

FPÖ heftet sich Buget für Kauf auf die Fahnen

FPÖ-Chef Norbert Hofer betonte in einer Aussendung, dass der damalige blaue Verteidigungsminister Mario Kunsek das Geld herausverhandelt habe, mit dem Ministerin Tanner nun einkaufen gehe. "Türkis-Grün setzt mit der Hubschrauber-Beschaffung freiheitliche Verteidigungspolitik um."

(APA/Red)

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