Bulgarischer Corpbank-Chef untergetaucht: Wassilew vorher in Wien
Der Mehrheitseigner der in Schieflage geratenen bulgarischen Corporate Commercial Bank (Corpbank), Zwetan Wassilew, hält sich in Belgrad auf, berichtete am Dienstag die Sofioter Tageszeitung “24 Tchassa”. Das Blatt zitiert einen anonymen Geschäftspartner Wassilews. Seit Ende Juli wird nach dem einflussreichen Banker per Interpol-Haftbefehl gesucht.
Corpbank-Chef zuvor in Wien
Am 28. Juli hatte die bulgarische Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Banker wegen schweren Betrugs erhoben. Er habe seine eigene Bank ausbluten lassen, heißt es, vermuten die Ermittler. Die Staatsanwaltschaft in Sofia behauptet, dass Wassilew, der sich seit Juni vermutlich zunächst in Wien aufgehalten hat, im Zeitraum 2011 bis 2014 insgesamt 103 Mio. Euro aus seiner eigenen Bank abgezweigt hat. Die Staatsanwaltschaft hat bereits Anklage gegen den Geschäftsführer, die Hauptbuchhalterin und weitere Bankangestellte der Corpbank erhoben.
Dem Bericht der “24 Tchassa” zufolge hat Wassilew noch im Juli Wien verlassen und Schutz im Nicht-EU-Land Serbien gesucht. Dafür spreche, dass der Unternehmer in Paracin, 160 Kilometer von Belgrad entfernt, ein Glaswerk und in Bosnien eine Tabakfabrik besitzt. Bulgarien hat Auslieferungsabkommen mit fast allen Nachbarstaaten, einschließlich Serbien, abgeschlossen. Kraft dieses Abkommens sollte Bulgarien jedoch binnen drei Tagen nicht nur um Auslieferung ersuchen, sondern auch einschlägige Anklageschriften und Beweismaterialien zur Verfügung stellen.
Die Ursachen für die Liquiditätskrise der Corpbank Mitte Juni sind bis heute noch unklar. Sicher ist, dass die Kreditanstalt des Unternehmers Wassilew in Schieflage geriet, nachdem Medien von einer möglichen Pleite der Bank berichtet hatten. In der Folge kam es zu einem Kundenansturm auf die Corpbank.
Interpol fahndet nach Wassilew
Die systematisch verbreiteten Berichte erschienen in den Medien des skandalträchtigen Abgeordneten Deljan Peewski und lassen einen Oligarchenstreit zwischen ihm und dem mächtigen Banker Wassilew vermuten. Über den Hintergrund des Zerwürfnisses gibt es in Bulgarien zahlreiche Spekulationen, jedoch keine handfesten Beweise. Nach angeblichen gegenseitigen Morddrohungen entschied sich Wassilew, zunächst nach Wien umzusiedeln.
Auch die Zukunft der Corpbank, des viertgrößten Geldinstituts in Bulgarien, ist zwei Monate nach ihrer Schließung offen. Die Bank steht seitdem unter Sonderaufsicht der Zentralbank. Ob sie Ende September ihre Tore wieder öffnen wird, steht in den Sternen. Unklar ist auch, ob die Bankeinlagen der Kunden in vollem Umfang oder nur im gesetzlich garantierten Rahmen bis 100.000 Euro ausgezahlt werden. Bankkunden haben für Dienstagabend erneut eine Protestkundgebung in Sofia und anderen Großstädten des Landes mit der Forderung nach einer schnellen Entscheidung geplant.
(APA)