Wie die Wahlkommission in Sofia in der Nacht auf Sonntag nach Auszählung von vier Fünftel der Stimmen mitteilte, kamen die früheren Kommunisten auf 31,6 Prozent. Die bisher regierende Nationale Bewegung (NDSW) von Ex-König und Ministerpräsident Simeon Sakskoburggotski erzielte 21,42 Prozent, gefolgt von der mitregierenden Türkenpartei DPS mit 10,3 Prozent.
Die Wahlbeteiligung lag mit 53 Prozent unter den Erwartungen. Wegen der Zerstrittenheit der sieben Parteien, die den Einzug ins Parlament schafften, wird mit schwierigen Koalitionsverhandlungen gerechnet. Die Sozialisten, die erstmals seit 1997 wieder stärkste Partei geworden sind, können nämlich bisher nur auf die Unterstützung der Türkenpartei zählen, was aber knapp nicht für die absolute Mehrheit im 240-köpfigen Parlament reichen dürfte. DPS-Chef Ahmed Dogan sagte unmittelbar nach der Wahl, eine Mitte-Links-Koalition sei wahrscheinlicher als eine Mitte-Rechts-Koalition.
Eine Mitte-Rechts-Regierung wäre wie bisher auf die Unterstützung der Türkenpartei angewiesen. Dazu müssten NDSW und die drei anderen konservativen Parteien ODS (Bündnis der Demokratischen Kräfte), DSB (Demokraten für ein starkes Bulgarien) und BNS (Bulgarische Volksunion), die gemeinsam auf 19,9 Prozent der Stimmen kommen, eine Koalition bilden. DSB-Chef Ex-Ministerpräsident Iwan Kostow hat jedoch bereits angekündigt, weder eine sozialistische Regierung noch Sakskoburggotski unterstützen zu wollen.
Sozialisten-Chef Sergej Stanischew stellte den Anspruch auf die Regierungsbildung. Wir haben das Vertrauen des Volkes gewonnen, sagte er mit Blick auf den Stimmenanteil für seine Partei. Er reiche nun allen demokratischen Kräften die Hand zur Zusammenarbeit. Als Priorität nannte der 39-jährige Historiker die für den EU-Beitritt des Landes im Jahr 2007 nötigen Reformen.
Sakskoburggotski wollte sich indes nicht geschlagen geben. Er strebe eine zweite Amtszeit an, sagte er nach Wahlschluss. Am besten für Bulgarien wäre eine breite Regierungskoalition. Die Verhandlungen werden aber kompliziert werden, fügte er hinzu. Der 68-Jährige hat nach seinem Erdrutschsieg vor vier Jahren, als er auf Anhieb fast die Hälfte der Mandate im Parlament erobern konnte, viel Popularität verloren. Der Adelige konnte das Land zwar in die NATO und vor die Tore der EU führen, den Lebensstandard der meisten Bulgaren entgegen entsprechenden Ankündigungen aber nicht merklich verbessern.
Entsetzt zeigten sich die Vertreter der etablierten Parteien vom Abschneiden der extrem nationalistischen Partei Ataka (Attacke) die mit 8,4 Prozent der Stimmen die Vier-Prozent-Hürde zum Einzug ins Parlament deutlich überwand. Ihr Führer Wolen Siderow wertete den Erfolg seiner Partei als Niederlage für die politische Mafia in Bulgarien. Er sprach sich gegen den für 2007 geplanten EU-Beitritt des Landes aus, warf der bisherigen Regierung Verwicklung in Drogen- und Waffenschmuggel vor und sprach der Türkenpartei DPS jegliche Legitimität ab. Bulgarien sei nämlich eine einheitliche Nation, in der es keine religiösen und ethnischen Unterschiede geben dürfe.
BSP-Chef Stanischew, der eine Koalition mit Ataka kategorisch ausschloss, machte die unsoziale Politik der bürgerlichen Regierungen seit 1997 für den Erfolg der extremen Rechten verantwortlich. ODS-Chefin Nadeschda Michailowa sieht durch den Erfolg von Ataka den EU-Beitritt des Landes gefährdet. BNS-Politiker Stefan Sofijanski zeigte sich jedoch nicht beunruhigt: Es ist nichts Besonderes passiert, es sind nur einige Dutzend Leute mit bizarren Ansichten ins Parlament gekommen, die für etwas Aufregung sorgen werden, aber in einigen Monaten wird Ataka kein Problem mehr sein. Wichtig ist, dass alle anderen politischen Kräfte einer Kooperation mit ihr entsagen.