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Budget: Defizit-Zahlen Anlass zur Sorge

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr bezeichnete die Defizit-Zahlen als "schockierend".
Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr bezeichnete die Defizit-Zahlen als "schockierend". ©APA
Die am Montag von der Statistik Austria veröffentlichten Zahlen zum gesamtstaatlichen Defizit haben für Betroffenheit gesorgt.

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr bezeichnete sie als "schockierend". Mit einer Defizitquote in Höhe von 4,7 Prozent sei ein EU-Defizitverfahren "wohl unausweichlich, weil auch 2025 die Zahlen schlecht sein dürften". Auch für Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) ist die Ausgangslage "ernst".

"Alle werden ihren Beitrag leisten müssen"

Für die Budgetsanierung werden "alle ihren Beitrag leisten müssen", erklärte Marterbauer in einer Stellungnahme. Der Finanzminister erinnerte daran, dass das Defizit im Zuge der Bankenkrise im Jahr 2009 bei 5,38 Prozent des BIP lag. Für Finanz-Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) brauche es in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten "Zuversicht, Zusammenhalt und das Bauen von Brücken" und einen "gemeinsamen Kraftakt" von Bund, Ländern und Gemeinden. Für rasche Entlastung bei "überbordender Bürokratie" will NEOS-Staatssekretär Josef Schellhorn sorgen.

Anderl sieht Verantwortung bei voriger Regierung

AK-Präsidentin Renate Anderl sieht "klare Verantwortliche" für das "überraschend hohe" Defizit: "Die vorigen Regierungen haben ohne Gegenfinanzierung auf die Senkung von Steuern und Abgaben gesetzt. Die Wirtschaftspolitik hat die Inflation durchrauschen lassen (…) und keine Eingriffe in die Preise gesetzt", kritisierte Anderl am Rande einer Pressekonferenz am Montag. In der aktuellen Lage mit schwacher Konjunktur weiter auf "radikale Sparmaßnahmen" zu setzen, wäre nun jedenfalls "absolut der falsche Weg". Zuerst müsse die Rezession überwunden werden, dann könne man das Budget konsolidieren - wofür Anderl auch höhere Beiträge von Vermögenden einfordert.

Die Industriellenvereinigung (IV) mahnt konsequente und effiziente Einsparungsmaßnahmen ein. Mit 51,6 Prozent habe Österreich die zweithöchste Staatseinnahmenquote in der EU nach Finnland, argumentierte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer: "Einmal mehr zeigen die Zahlen, dass Österreich ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem hat." Daher sei konsequentes Einsparen und Reformen in den Strukturen nötig, von den Pensionen über Bildung und Gesundheit bis zur Verwaltung.

Wifo plädiert für Föderalismus-Reform

"Mit dem Defizitverfahren werden die Scheinwerfer der Märkte und der Kommission auf Österreich gerichtet", so Felbermayr. Nun sei eine "ernsthafte, ambitionierte Sanierung" nötig, argumentierte der Experte. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung müssten "konstruktive Pläne" vorlegen, so Felbermayr: "Im eigenen Interesse." Gefordert seien alle Körperschaften. Das Wifo selbst war in seiner vergangene Woche vorgestellten Prognose noch von einem Defizit in Höhe von 4,1 Prozent ausgegangen.

Die "enorme Negativüberraschung" werfe ein "ganz schlechtes Licht auf den österreichischen Föderalismus". Seit Jahren verlange das Wifo hier Reformen, so Felbermayr, der einmal mehr unter anderem für eine Stärkung der Abgabenautonomie der Länder und Gemeinden, eine klare Zuordnung von Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung und eine Stärkung der Aufgabenorientierung im Finanzausgleich plädiert. Es gelte, jetzt mit der Vorbereitung für den nächsten Finanzausgleich zu beginnen. Der aktuelle läuft bis Ende 2028.

Landeshauptleute ablehnend

Was einen höheren Beitrag zur Budgetsanierung anbelangt, haben die Länder bereits abgeblockt. Die Landeshauptleute hatten vergangene Woche betont, kaum Möglichkeiten für Einsparungen zu sehen. Auch Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl (ÖVP) verwies auf die ohnedies schlechte Finanzsituation der Gemeinden. In den Chor der Landeschefs stimmte am Montag auch Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) ein. Tirol und seine Gemeinden hätten "österreichweit die niedrigste Verschuldung", hob Mattle gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" hervor. Tirol habe schon vor dem Bund angefangen zu sparen. Ferner sprach er sich erneut dafür aus, dass ein EU-Defizitverfahren "nach Kräften" vermieden werden müsse.

(APA)

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