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Buch zeigt Geschichte der Lobau in Wien

Das Schilf in der Lobau bei einem Altarm der Donau am Stadtrand Wiens.
Das Schilf in der Lobau bei einem Altarm der Donau am Stadtrand Wiens. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Das Buch "Die Lobau" bietet eine historische "Bilderreise" durch die Wiener Natur- und Kulturlandschaft.

In den vergangenen Jahren machte die Lobau in Wien durch Proteste gegen den dort geplanten Straßentunnel Schlagzeilen. Vor knapp 100 Jahren waren ganz andere Themen en vogue: "Paradiesische Nacktheit - das ist weder Schweinerei noch eine Gefühlsduselei. Es ist einfach ein großes und starkes Körpergefühl", schrieb 1930 "Der Kuckuck" über die in der Alt-Wiener Natur- und Kulturlandschaft etablierte FKK-Szene. Dies und vieles mehr ist in einem neuen Buch von Robert Eichert nachzulesen.

Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter schufteten in Lobau

Die in der Edition Winkler-Hermaden soeben erschienene "Bilderreise" des Lokalhistorikers Robert Eichert, der seit vielen Jahren kultur-, sozial- und umwelthistorische Forschungen zum Wiener Donauraum betreibt, führt aber auch ganz weit zurück in die Geschichte der Lobau. Lange Zeit vor allem ein Jagdgebiet der Aristokratie wurde diese Landschaft durch Napoleon zum Kriegsschauplatz, wobei Frankreichs Kaiser in der Schlacht bei Aspern 1809 erstmals militärisch ordentlich baden ging. Während des Zweiten Weltkriegs schufteten hier Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter für die NS-Erdölwirtschaft, sie werkten am Bau des Donau-Oder-Kanals mit und mussten später vor den alliierten Bombenangriffen in das dschungelartige Dickicht der grünen Au flüchten.

Menschenunwürdig waren aber auch schon die Bedingungen für die Arbeiter aus allen Teilen der K.u.K.-Monarchie Österreich-Ungarn während der Donauregulierung von 1870 bis 1875. Manche hausten in Erdlöchern im Auwald, die sie mit Planen abdeckten, ist in dem über 120 Seiten starken Band zu erfahren. "Wenn die Donau anstieg, füllten sich die Unterkünfte mit Grundwasser."

Kaiserliches Jagdgebiet in Lobau in Wien

Das Buch widmet sich aber auch oder vor allem den schönen Seiten der Lobau, die Kronprinz Rudolf 1888 folgendermaßen beschrieb: Die Inseln sind in malerischer Abwechslung ein Gemenge von hochstämmigen Beständen, dichten Stangenhölzern mit wild überwuchernden Unterwuchs, von Lianengewächsen verbundenen Bäumen, Wiesen, Schilfwänden, hohen brüchigen Lehmufern, sandigen Flächen, Sumpf- und Riedgründen, weiten Schotterbänken, Wasserarmen, quellenförmigen, aufsprudelnden Lacken und breitblättrigen Wasserblumen überdeckten Tümpeln. Dies alles mischt sich untereinander in bunter Unordnung und gibt ein Bild urwüchsiger Wildnis, das gewiß Niemand in unmittelbarer Nähe einer Weltstadt vermuthen würde."

Bis 1917 kaiserliches Jagdgebiet, wurde die Lobau nach dem Ersten Weltkrieg vom "Roten Wien" für die Bevölkerung geöffnet. "Wiener! Kennt Ihr Eure Lobau?" Das war 1927 auf einem Plakat in vielen Wiener Straßenbahnen zu lesen. Über Wasserarme wurden Stege gebaut, an den schönsten Plätzen dieses Naturparadieses Rastplätze angelegt. 410 Hektar Wald und Wiese wandelte man in Äcker um, im Forsthaus wurden Milch und Butter von Kühen des stadteigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zur Labung der Wanderer angeboten.

Lobau Ort für zahlreiche Streitigkeiten

"Drunt' in der Lobau, wenn ich das Platzerl nur wüsst'", war der Titel eines Lieds, das erstmals 1928 aus einem Grammophon und danach immer öfter aus dem neuen Medium Radio schallte. Es wurde über die Jahre zu einem allseits beliebten Ohrwurm und Gassenhauer und brachte das damals neue Ausflugsgebiet sehr vielen Menschen näher. Es lockte vielleicht auch die Nackedeis an, die sich gerne in der Lobau tummelten. Oft ließ man sie gewähren, mitunter wurde aber rigoros vorgegangen: "Einige der Polizeibeamten überprüften selbst Personen in vorschriftsmäßiger Badebekleidung. Sie ließen die Verdächtigen ihre Badebekleidung herunterziehen und überprüften die darunterliegende Haut darauf, ob sie heller als die restliche Körperbräune oder nahtlos braun war. Die Strafe für nahtlose Bräune waren Stockhiebe."

Robert Eichert, ein intimer Kenner der Lobau, weiß über all die "wunderschönen Platzerln" in der Lobau genau Bescheid. Aber natürlich auch über die weniger erbaulichen Aspekte. Neben der bereits erwähnten Streitigkeiten über seit Jahren gehegte Autobahntunnelplänen zählt wohl auch der Ölhafen dazu. An sich ein Relikt aus der NS-Zeit, wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg sogar noch ausgebaut. Allerdings konnten Naturschützer schon Ende der 1950er Jahre wenigstens verhindern, dass eine damals in der Lobau geplante Raffinerie letztlich nicht hier in die Donauauen, sondern in Schwechat in der Nähe des Flughafens gebaut wurde.

(APA/Red)

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