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Brüssel: Verheugen gibt Empfehlung für Türkei-Beitritt

Es gebe keine weitere Bedingung, die die Türkei erfüllen muss, bevor die EU-Kommission ihre Empfehlung zur Aufnahme von Erweiterungsverhandlungen abgibt, sagte EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen.

Entscheidend in der Beurteilung der EU- Kommission über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sollen die Achtung der Menschenrechte, die Justizreformen und der Minderheitenschutz sein.

Der Bericht, welcher die EU-Kommission am 6. Oktober vorlegen wird, gilt als Weichenstellung für den Entscheid der Staats- und Regierungschefs im Dezember. Grundsätzlich muss die EU-Behörde beurteilen, ob die Türkei wirtschaftlich und politisch für den Beitritt reif ist.

Politisch müssen die „Kopenhagener Kriterien“ erfüllt sein, die 1993 beim EU-Gipfel von Kopenhagen definiert wurden. Das sind stabile demokratische Institutionen, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und der Schutz von Minderheiten.

Wirtschaftlich muss ein Land vor der Aufnahme von Verhandlungen eine funktionierende Marktwirtschaft haben und in der Lage sein, dem Wettbewerbsdruck in der Union standzuhalten.

Verheugen erklärte am Donnerstagmittag nach einem Gespräch mit dem türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan: „Die Zusicherungen, die ich heute von meinem Freund Erdogan bekommen habe, werden mir erlauben, eine klare Empfehlung abzugeben.“ „Wir konnten für alle noch offenen Probleme Lösungen finden“, sagte Verheugen.

Verheugen wies auch darauf hin, dass EU-Kommissionsspezialisten bei einer Türkei-Reise in den vergangenen Tagen zu dem Schluss gekommen seien, dass es „nicht gerechtfertigt ist, die Türkei der systematischen Folter zu bezichtigen“. Eine Menschenrechtsgruppe hatte vor Kurzem diesen Vorwurf erhoben, während nach früheren Angaben Verheugens alle anderen Menschenrechtsgruppen systematische Folter in der Türkei verneinen.

Erdogan seinerseits sagte, das heutige Treffen werde „einen sehr guten Unterbau“ für den Kommissionsbericht vom 6. Oktober schaffen. Er erinnerte daran, dass die Türkei in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche Reformen beschlossen habe und diese nun umsetze. Zu den noch offenen Fragen, insbesondere geht es dabei um eine Strafrechtsreform in der Türkei, „haben wir beschlossen, den Kalender noch einmal zu überprüfen“, so Erdogan. Verheugen hatte in den vergangenen Tagen von der Türkei die Verabschiedung einer Strafrechtsreform vor der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen verlangt. Die beiden Politiker gingen nicht auf die strittigen Vorschläge, Ehebruch in der Türkei unter Strafe zu stellen, ein.

Erdogan ist am Donnerstag in Brüssel, wo er nun noch EU-Kommissionspräsident Romano Prodi sowie das Präsidium des EU-Parlaments trifft.

Türkisches Parlament tritt am Sonntag zusammen
Nach der Beilegung des Streits zwischen der Türkei und der EU um die aufgeschobene türkische Strafrechtsreform wird das Parlament in Ankara an diesem Sonntag erneut zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Das berichteten türkische Medien am Donnerstag nach dem Gespräch von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen in Brüssel.
Die Strafrechtsnovelle solle ohne den umstrittenen Ehebruch-Paragrafen verabschiedet werden, meldete der Nachrichtensender CNN-Türk. Der Streit mit der EU-Kommission hatte sich an Plänen der türkischen Regierung entzündet, Ehebruch künftig wieder unter Strafe zu stellen.

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