In dem ausführlichen Gespräch mit der Wochenzeitung “L’Express” hatte Bruni die Internetseite des Magazins “Nouvel Observateur” mit der Kollaborationspresse zur Zeit des Zweiten Weltkrieges verglichen. “Wenn es diese Art von Websites während des Krieges gegeben hätte, wo wären wir dann mit den Denunziationen von Juden hingekommen?”
Der Chef der attackierten Redaktion reagierte schockiert, warf ihr “völlig schwachsinnige Äußerungen” vor. Das sei ein “grauenhafter, absolut unglaublicher und erbärmlicher Vergleich” sagte Michel Labro der Website “Rue89.com”. “Man spielt nicht mit derartigen Behauptungen.”
Anlass von Brunis Äußerungen war ein Bericht von “Nouvelobs.com” von der vergangenen Woche. Laut der Seite hatte Sarkozy wenige Tage vor der Hochzeit mit Bruni ein SMS an seine Exfrau Cécilia geschickt: “Wenn Du zurückkommst, sag ich alles ab.” Der Präsident erhob Strafanzeige, der Autor hält aber an seiner Darstellung fest.
Bruni bemühte sich nach der harschen Kritik um Schadensbegrenzung. Sie habe “zu Unrecht” die Methoden der Internetseite mit denen der Kollaborationspresse verglichen, räumte sie ein. “Wenn ich dadurch jemanden verletzt habe, tut es mir sehr leid.” Sie habe nur “alles Schlechte” zum Ausdruck bringen wollen, dass sie “über diese gefährlichen Angriffe auf Menschen” denke.
Sich des Schicksals der Juden für eine persönliche Abrechnung zu bedienen, sei unglaublich, beharrte die “Nouvelobs”-Redaktion in einer Erklärung. “Dieser Vergleich hätte niemals gesagt und veröffentlicht werden dürfen.”
In dem Interview mit dem “L’Express”-Redakteur Christophe Barbier, einem Freund, wollte sich Bruni eigentlich als neue First Lady empfehlen – und ihren Ruf als männerverschlingender Vamp endgültig korrigieren. Vorbei die Zeit, als sie Monogamie als “todlangweilig” bezeichnete. “Ich bin mit der italienischen Kultur verbunden und will mich nicht scheiden lassen”, sagte sie. Sie werde bis zum Ende von Sarkozys Amtszeit Première Dame bleiben, “und seine Frau bis zum Tod”.
Ein holpriges Debüt für die neue First Lady, und als spontaner Wutausbruch lässt er sich nicht erklären: “L’Express”-Redakteur Barbier erklärte im Fernsehen, er habe mit Bruni eine Woche an den Formulierungen gefeilt, und sie habe unbedingt über die SMS-Affäre sprechen wollen.
Der Regierung wird die kritische Berichterstattung über den Präsidenten und seine Gattin inzwischen unheimlich. Die Staatssekretärin für Menschenrechte, Rama Yade, bezeichnete einige Journalisten unlängst als “Aasgeier”. Am Mittwoch sprang Wirtschaftsstaatssekretär Eric Besson in die Bresche. Das Paar müsse endlich in Ruhe gelassen werden, forderte er von der Presse.
Die Interview-Affäre kommt für den Präsidenten dreieinhalb Wochen vor der Kommunalwahl ungünstig. Denn während Sarkozy nur wenige Wochen nach der Scheidung von seiner zweiten Frau Cécilia mit Bruni privat ein neues Glück fand, strafen ihn die Franzosen mit Liebesentzug: In den Umfragen fiel der Staatschef von Zustimmungswerten von über 60 Prozent in seiner Anfangszeit auf zuletzt unter 40 Prozent. Grund sind laut Meinungsforschern zwar vor allem ausbleibende Ergebnisse seiner Reformen, aber auch eine zu starke Zurschaustellung seines Privatlebens mit Bruni.