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Brown will Blair-Nachfolge antreten

England - Nach der Rücktrittsankündigung des britischen Premierministers Tony Blair hat sich Gordon Brown um dessen Nachfolge beworben. Presse zu Blair | Blair in Paris | Blair unterstützt Brown | Rice erklärt Kontinuität in den Beziehungen |  Browns Positionen

Er wolle sich als Regierungschef darum bemühen, das Vertrauen der Bürger in die parlamentarische Demokratie zurück zu gewinnen, sagte Brown am Freitag auf einer Pressekonferenz in London. Überdies kündigte Brown eine Kurskorrektur in der Irak-Politik an. Blair, der nach zehn Jahren im Amt seinen Rücktritt zum 27. Juni angekündigt hat, stellte sich erstmals offen hinter die Kandidatur seines langjährigen Rivalen.

„Ich bin absolut erfreut, Gordon meine volle Unterstützung als nächstem Vorsitzenden der Labour Party und als Premierminister zu geben“, sagte Blair. Mit seinen beispielhaften Führungsqualitäten in der Wirtschaftspolitik habe der Schatzkanzler bewiesen, dass er die nötige Stärke, das Urteilsvermögen und die Erfahrung besitze, um ein großartiger Premierminister zu sein. „Ich weiß, dass er die Modernisierung des Landes vorantreiben will, um den Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts zu begegnen“, betonte Blair. Brown selbst erklärte, er wolle sich stets bemühen, die Wünsche des Volkes zu erfüllen. „Ich will zuhören, und ich will lernen“, sagte er. „Ich will einer Regierung vorstehen, die demütig genug ist, um ihre Pflichten zu kennen.“

Es sei Zeit für eine neue Ausrichtung der britischen Politik in dem Golfstaat, betonte Brown vor der Presse. Es müsse mehr Wert auf die Versöhnung der Religionsgruppen und die wirtschaftliche Entwicklung gelegt werden, damit die Iraker einen größeren Einfluss auf ihre Zukunft nehmen könnten. Zugleich bekannte er sich auch zur vorläufigen Fortsetzung des britischen Engagements im Irak. Allerdings müssten dort die Schwerpunkte verschoben werden: „Wir müssen uns mehr auf die politische Versöhnung konzentrieren, und wir müssen uns mehr auf die wirtschaftliche Entwicklung konzentrieren.“

„Ich akzeptiere, dass Fehler gemacht wurden“, so der Kandidat für die Blair-Nachfolge weiter. „Ich werde mir in den kommenden Wochen anhören, was die Regierung des Irak und was die Menschen vor Ort zu sagen haben.“ Brown will noch vor seiner Wahl zum Nachfolger Blairs eine Reise in die Region unternehmen und die britischen Truppen besuchen. Großbritannien hat derzeit rund 7200 Soldaten im Irak. 148 Briten wurden seit Beginn der Invasion im März 2003 getötet. Zugleich werde er den Kampf gegen den internationalen Terrorismus stärker als Offensive gegen extremistische Ideologien führen, sagte Brown. Es gehe darum, „die Herzen und Hirne“ der Menschen zu gewinnen, die von Extremisten bedrängt werden.

Der voraussichtlich neue Regierungschef versprach auch deutliche Veränderungen in der Wirtschafts-und Sozialpolitik. Die britische Gesellschaft müsse gerechter werden und Chancengleichheit für alle gewährleisten. „Ich werde immer auf der Seite der Menschen stehen“, versprach Brown. In einem Seitenhieb auf den Stil Blairs betonte er, in der Politik „gilt der Inhalt mehr als die Präsentation“.

Blair habe Großbritannien „zehn Jahre lang ehrenvoll, mutig, passioniert und kenntnisreich geführt“, lobte Brown. „Heute gibt es neue Prioritäten und ich biete eine neue Führerschaft für diese neue Zeit.“ Brown lud andere Politiker seiner Partei ein, sich ebenfalls für die Blair-Nachfolge zu bewerben. Zuvor hatten alle einigermaßen aussichtsreichen Anwärter auf eine Kandidatur verzichtet. Browns Wahl zum Labour-Vorsitzenden am 24. Juni und seine anschließende Ernennung zum Premierminister gilt daher als sicher. Blair hat seinen Rücktritt für den 27. Juni angekündigt. Er stand wegen des Irak-Kriegs unter Druck, der von einer Mehrheit der Briten abgelehnt wird. Großbritannien ist im Irak-Konflikt der engste Verbündete der USA, Briten sind im schiitisch dominierten Südirak stationiert.

Der 56-jährige Brown und der zwei Jahre jüngere Blair wurden beide 1983 erstmals ins Londoner Unterhaus gewählt und machten eine steile Karriere in ihrer Labour Party. Gerüchten zufolge einigten sie sich 1994 darauf, dass Blair zur nächsten Parlamentswahl als Bewerber um das Amt des Premiers antreten würde. Im Falle eines zweiten Wahlsiegs würde er dann aber das Amt an Brown abtreten. Blair führte die Labour Party im Mai 997 zum Sieg und dann noch einmal im Juni 2001 und im Mai 2005. Das Amt des Premierministers behielt er bis jetzt für sich.

Analysten zufolge wurden aus den einstigen Freunden deshalb bittere innerparteiliche Rivalen. Brown, der aus einer schottischen Pastorenfamilie stammt, blieb zehn Jahre lang Schatzkanzler und damit länger als alle seine Vorgänger in den vergangenen 200 Jahren. Während seiner Amtszeit erhielt die britische Notenbank ihre Unabhängigkeit von der Regierung bei der Festlegung der Zinspolitik. Dies war in Großbritannien ein Novum. Mit Blick auf Europa setzte sich Brown gegen Blair durch und verhinderte vorerst die Einführung des Euros. Er nannte seinerzeit fünf wirtschaftspolitische Kriterien, die zunächst erfüllt sein müssten. Im Gegensatz zur britischen Wirtschaft hat die Regierung bis heute nur wenig Interesse erkennen lassen, die europäische Gemeinschaftswährung zu übernehmen.

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