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Brasilien: Weltsozialforum eröffnet

Die Entschuldungsinitiative „Jubilee South“ hat beim Weltsozialforum (WSF) im brasilianischen Porto Alegre zu einem „vollständigen und bedingungslosen Schuldenerlass“ für die armen Länder aufgerufen.

Dort wird am Donnerstag eine internationale Kampagne zur Erreichung der Millenniumsziele der Vereinten Nationen unter Schirmherrschaft von Brasiliens Präsident Luis Inacio „Lula“ da Silva lanciert, die unter dem Titel „Beseitigt die Armut“ heute auch in Wien vorgestellt wurde.

Die Schulden der so genannten Dritte-Welt-Staaten seien „ein sozialer Völkermord“, sagte der argentinische Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel für „Jubilee South“ in Porto Alegre. Eine Vertreterin der Organisation, bemängelte die von den G-8-Staaten zugesagten sechs Milliarden Dollar (4,61 Mrd. Euro) für die Flutopfer-Hilfe in Asien: Im Vergleich zum jährlichen US-Militärhaushalt von 400 Milliarden Dollar (308 Mrd. Euro) oder zu den bisherigen Gesamtausgaben für den Irak-Krieg in Höhe von 200 Milliarden Dollar (154 Mrd. Euro) sei die Summe „empörend“.

Die Koordinierungsstelle der österreichischen Bischofskonferenz für Mission und Entwicklung (KOO) und die von mehr als 40 Nichtregierungsorganisationen getragene „Nullkommasieben Kampagne“ präsentierten in Wien eine entwicklungspolitische Aktion zur Erreichung der UNO-Millenniumsziele. Im Rahmen des internationalen Projektes sind die Teilnehmer in Österreich aufgerufen, Postkarten an den britischen Premierminister Tony Blair sowie an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zu richten mit dem Appell „Haltet Wort – Stoppt die Armut“.

Blair wird als EU-Ratspräsident im zweiten Halbjahr 2005 und als Gastgeber des G-8-Gipfels Anfang Juli ersucht, sich für die Halbierung von Armut und Hunger bis zum Jahr 2015 zu engagieren. An Schüssel wird auf den Postkarten die Bitte gerichtet, das österreichische Budget für die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) zu erhöhen. Die Postkarten würden gesammelt und heuer im Sommer den beiden Politikern übergeben, erläuterte KOO-Generalsekretär Heinz Hödl bei einer Pressekonferenz.

Der frühere Caritas-Präsident Helmut Schüller betonte angesichts der Flutkatastrophe in Süsostasien, dass nicht nur so rasch wie möglich gehandelt werden müsse, wo eine Katastrophe sei; es müsse auch Unterstützung geboten werden, wo „die Katastrophe Alltag ist“. „Armut ist keine Naturkatastrophe, sondern von Menschen gemacht“, fügte er hinzu.

Die Sprecherin der „Nullkommasieben Kampagne“, Elfriede Schachner, erinnerte daran, dass Österreich im Jahr 2003 lediglich 0,2 Prozent seines BNE für die EZA bereitgestellt habe. Als viertreichstes Land der Europäischen Union und sechstreichstes Land der Erde sei Österreich damit in der EU nur hinter Italien mit 0,17 Prozent gelegen. Das sei mehr als beschämend.

Der zum neuen Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger gewählte Gewerkschafter Wilhelm Haberzettel hat anlässlich des WSF und des gleichzeitig in Davos stattfindenden Weltwirtschaftsforums (WEF) Kritik an den international agierenden Konzernen geübt. Haberzettl, bisher Vorsitzender der Eisenbahnergewerkschaft, sagte anlässlich der beiden internationalen Foren laut einer Aussendung des ÖGB: „Wir stehen vor einem weltweiten Angriff auf unsere sozialen Rechte“. Multinationale Konzerne spielten „souverän auf dem Erpressungsklavier“ und setzten damit nur Verschlechterungen auf der ganzen Welt durch. Während den Arbeitnehmern in Österreich gedroht werde, dass die Produktion in Tschechien billiger sei, hörten die tschechischen Arbeitnehmer, dass wiederum China billiger sei, und die in China, dass es in Vietnam noch billiger gehe, so Haberzettl.

Das Weltsozialforum ist ein jährliches Treffen der globalisierungskritischen Zivilgesellschaft. Insgesamt werden bis Montag 120.000 Teilnehmer auf dem WSF-Gelände in Porto Alegre erwartet, darunter auch der spanische Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero. Aus Österreich sind Vertreter des ÖGB sowie der Nichtregierungsorganisation ATTAC Österreich angereist.

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