AA

Brand auf Adria-Fähre fordert ein Todesopfer - Hunderte Passagiere sitzen fest

Die brennende "Norman Atlantic" von einem zur Rettung herbeigeilten Schiff aus fotografiert.
Die brennende "Norman Atlantic" von einem zur Rettung herbeigeilten Schiff aus fotografiert. ©EPA
Auf der brennende Fähre "Norman Atlantic" in der Adria ist ein Mann ums Leben gekommen. Das Schiff mit ursprünglich 466 Menschen an Bord wurde auch am Abend unter dramatischen Umständen evakuiert. An Bord befanden sich auch sechs Österreicher.
Dramatische Rettungsaktion

Der Tote und seine Frau hätten versucht über eine Rutsche eine Schaluppe zu erreichen, seien jedoch aus noch ungeklärten Gründen ins Wasser gefallen. Die Frau konnte gerettet werden, der Mann starb, berichteten italienische Medien.

©Die rauchende “Norman Atlantic” und Rettungsschiffe von einem italienischen Armeehubschrauber aus gesehen. (AP)

Vorerst gab es keine Angaben über die Staatsangehörigkeit des Opfers. Inzwischen wurden mehrere gerettete Passagiere in die süditalienische Adria-Region Apulien geflogen. Einige Kinder wurden ins Spital eingeliefert. Hunderte warteten noch nach Stunden auf ihre Rettung. Die Operation soll nach Angaben des italienischen Verteidigungsministeriums auch in der Nacht weitergehen.

Hunderte warten auf Rettung

150 Menschen seien auf ein Rettungsboot gebracht worden, hieß es am Sonntagnachmittag. 42 von ihnen befänden sich mittlerweile auf dem Containerschiff „Spirit of Piraeus“ in Sicherheit, teilte der Sprecher der Küstenwache, Nikos Lagkadianos, mit.

Rund 300 Personen befanden sich jedoch weiterhin an Bord der havarierten “Norman Atlantic”. Das Feuer war nicht gelöscht, nach Angaben des Kapitäns jedoch im Bereich der Brücke 5 unter Kontrolle. Die Fähre befände sich nicht in unmittelbarer Gefahr zu sinken. Starker Wind hinderte Retter daran an Bord zu gehen. Das Schiff liegt etwa 78 Kilometer vor Korfu und treibt manövrierunfähig langsam in Richtung Albanien.

“Unsere Schuhsohlen schmelzen”

Die Autofähre “Norman Atlantic” der griechischen Linie ANEK hatte den Hafen in Patras um 5.30 Uhr (4.30 Uhr MEZ) in Richtung der italienischen Stadt Ancona verlassen. 33 Seemeilen (gut 60 Kilometer) von der kleinen griechischen Insel Othonoi entfernt sendete die Besatzung ein Notsignal.

Das Feuer brach offenbar auf dem Autodeck mit rund 200 Fahrzeugen aus. Die Hitze breitete sich aber schnell bis zum Passagierdeck aus. “Unsere Schuhsohlen begannen zu schmelzen”, sagte ein bereits geretteter Passagier dem griechischen TV-Sender Mega. Andere Gerettete berichteten, der Wind habe Orkan-Stärke.

Mehrere Schiffe hatten auf das SOS-Signal reagiert und waren zum Ort des Unglücks geeilt. Sieben weitere Schiffe befanden sich in der Gegend des Unglücksortes. Außerdem wurden Rettungshubschrauber und ein Flugzeug dorthin geschickt.

Über Opfer lagen zunächst keine Informationen vor. Der griechische Verteidigungsminister Nikos Dendias sagte im Fernsehen, er habe die Hilfe Italiens angefordert. Die italienische Küstenwache habe die Führung bei der Bergung der Menschen übernommen.

Zuwenig Rettungsboote an Bord

Laut Schilderungen eines Tiroler Passagiers sei die Situation am Schiff relativ dramatisch. Der Brand breite sich relativ rasch aus und es seien zu wenig Rettungsboote an Bord, ließ er seinen Bruder wissen. Weitere Passagiere haben sich am Sonntagmorgen via Handy von der brennenden Adria-Fähre gemeldet und im Radio ihre Notlage geschildert.

Schiff soll Mängel gehabt haben

Auf der “Norman Atlantic” sollen bei einer Inspektion Sicherheitsmängel festgestellt worden sein. Wie das staatliche griechische Fernsehen NERIT und andere Medien berichteten, hat eine Inspektion der Hafenbehörde von Patras am 19. Dezember unter anderem unzureichende Rettungsmittel festgestellt.

Ebenso wurden undichte Sicherheitstüren, den Zustand der Notbeleuchtung und das Fehlen von Evakuierungsplänen an den Wänden des Schiffes bemängelt. Der Reederei sei eine zweimonatige Frist zur Behebung dieser Mängel eingeräumt worden, berichtete NERIT. Ob das Schiff dennoch als seetüchtig gelten konnte, blieb unklar.

“Wir werden verbrennen wie die Mäuse”

“Niemand kann etwas machen”, sagte ein Mann an Bord dem griechischen Radiosender Skai vor Beginn der dramatischen Rettungsaktion. Die zur Rettung herbeigeeilten Schiffe kämen wegen der schweren See nicht heran. “Wir sehen fast nichts mehr vor Rauch. Wir werden verbrennen wie die Mäuse.” Rettungsboote seien abgetrieben worden, bevor Menschen einsteigen konnten. “Die Leute sind verzweifelt und schreien” sagte ein weiterer Zeuge im Fernsehen.

Sechs Passagiere aus Österreich an Bord

An Bord befinden sich laut Passagierliste sechs Personen aus Österreich. Das teilte der Sprecher des Außenministeriums, Martin Weiss, der APA mit. Dem Ministerium liege die Liste vor, man sei in Kontakt mit der betroffenen Reederei sowie den griechischen und italienischen Behörden, sagte der Sprecher.

Auf der brennenden Fähre soll sich auch ein Salzburger befinden. Es handelt sich um Erwin Schrümpf aus Seekirchen am Wallersee (Flachgau), der für die Griechenlandhilfe zu Weihnachten zu einem Hilfstransport in griechische Spitäler aufgebrochen war. “Er hat mir ein SMS geschickt, dass das Schiff brennt”, sagte Andreas Kleespies von der Griechenlandhilfe Schweiz zur APA.

Anschließend habe er ihn am Sonntag um 5.30 Uhr angerufen, erzählte Kleespies. “Die Verbindung war sehr schlecht. Ich habe aber seine Stimme erkannt. Wir machen uns große Sorgen um ihn. Es gibt keine klaren Informationen.” Seit 10.00 Uhr könne er ihn nicht mehr erreichen, sagte Kleespies. “Ich vermute die Leitungen sind überbelegt.” (red/APA/dpa)

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Brand auf Adria-Fähre fordert ein Todesopfer - Hunderte Passagiere sitzen fest
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen