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"Boston Strangler" bei Disney+: Kritik und Trailer

©Canva/imdb
Im neuen Film "Boston Strangler" geht es nicht so sehr um den Mörder im Titel, sondern um den Sexismus der 1960er Jahre und die Art und Weise wie zwei Reporterinnen, gespielt von Keira Knightley und Carrie Coon, erst dafür gesorgt haben, dass die Polizei einer Reihe brutaler Frauenmorde tatsächlich nachging. Ein blutleerer Krimi, aber immerhin dürfen Frauen mehr als nur Leichen spielen. Nun abrufbar bei Disney+.

Die Geschichte des Boston Strangler, dem mindestens 13 Frauenmorde in den 1960er Jahren zugeschrieben werden, wurde bereits viele Male im Kino erzählt, zuerst und am bekanntesten in einem blechernen Spielfilm von 1968 mit Hollywoodstar Tony Curtis, der damals gegen sein Sonnyboyimage ankämpfte.

"Boston Strangler" neu bei Disney+: Kurzinhalt zum Film

In dem Krimi, der nur wenige Jahre nach der echten Mordserie an alleinstehenden Frauen in der Gegend von Boston veröffentlicht wurde, sind die einzigen bemerkenswerten Rollen für Frauen die Leichname. Der neue "Boston Strangler" dreht das um. Er konzentriert sich auf die Geschlechterpolitik im Kriminalfall und auf die beiden Frauen, die den Fall vorantrieben. Es ist ein sehr willkommener Twist, auch wenn der amerikanische Regisseur und Drehbuchautor Matt Ruskin ("Ozark") nicht an die Raffinesse seines augenscheinlichen Vorbilds David Fincher ("Sieben") herankommt. Spannung kommt nur ganz selten auf, ebenso wenig eine dichte Atmosphäre.

Die englische Schauspielerin Keira Knightley spielt Loretta McLaughlin, Mutter von drei Kindern und Lifestylereporterin, die es leid ist, über Lippenstift und Küchengeräte zu schreiben. Als sie über eine Reihe von Frauenmorden stolpert, schüttelt ihr ruppiger Chefredakteur (Chris Cooper) zuerst den Kopf. Das ist nichts für Frauen. Außerdem sind die Opfer "Niemande", sagt er, das würde keinen interessieren.

Aber McLaughlin lässt nicht locker, und er willigt ein, jedoch nur unter der Bedingung, dass sie mit der erfahreneren Reporterin Jean Cole (Carrie Coon) zusammenarbeitet. Das Aufdecken des Serienmörders, sein Spitzname und das Zusammenfügen aller Indizien sind hauptsächlich der engagierten Berichterstattung dieser beiden Frauen zu verdanken. Im Film werden sie zu knallharten Detektivinnen, bewaffnet mit Notizblock und einer rauchenden Schreibmaschine.

"Boston Strangler": Die Kritik

Natürlich opfert Matt Ruskins Version etwas von der Schadenfreude und dem Nervenkitzel ähnlicher Geschichten. Sein Zeitungsfilm versucht nicht, den verschobenen Geist des Mörders zu sezieren, der Frauen terrorisiert. Nein, "Boston Strangler" spricht ähnlich wie das jüngste Journalistendrama über Harvey Weinstein "She Said" die Beharrlichkeit von Frauen an, die sich gegen eine misogyne Gesellschaft wehren, in der Gewalt gegen Frauen erst so richtig gedeihen kann.

Interessanterweise schrieb der amerikanische Schriftsteller und Drehbuchautor William Goldman 1964 ein Buch inspiriert vom Boston Strangler, das 1968 auch in einen schwarzhumorigen Film mit dem Titel "Bizarre Morde" umgewandelt wurde, und Ruskins "Strangler" fühlt sich sehr an, wie ein anderes Werk von Goldman: "Die Unbestechlichen". Die Art und Weise, wie Robert Redford und Dustin Hoffman in dem 1976er Watergate-Zeitungsthriller zusammengearbeitet haben, wird hier erfolgreich von Keira Knightley und Carrie Coon repliziert. Das Setting, das ständige Tippen, und das grünblaue Farbschema erinnern dann auch nicht zuletzt an David Finchers "Zodiac", sein unheimlich emotionsloses Opus magnum über die mediale Obsession eines Killers.

Anders ausgedrückt: Wir haben das alles schon einmal besser gemacht gesehen. Ein später Auftritt von David Dastmalchian als Hauptverdächtiger Albert DeSalvo erhöht den Gruselfaktor, aber selbst nachdem DeSalvo gesteht, ist McLaughlin nicht davon überzeugt, dass er der Mörder ist, und das aus gutem Grund. Es gibt keine harten Beweise. Als solches ist es ein ziemlich mysteriöser Fall. Die Sache ist nur die: Der Film dreht sich so sehr um den Kummer und die Frustration bei dem Versuch, das Rätsel zu lösen, dass der Kummer und die Frustration auch auf den Betrachter überspringen.

(APA/Red)

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