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Bombenleger: Student aus dem Libanon

Bei dem am Kieler Hauptbahnhof festgenommenen mutmaßlichen Bombenleger handelt es sich offenbar um einen Studenten aus dem Libanon. Der Mann studiere in Kiel.

Er wohne dort in einem Studentenwohnheim, berichtete „Focus Online“ am Samstag unter Berufung auf Ermittlerkreise. Der junge Mann sei aufgrund von Hinweisen eines ausländischen Nachrichtendienstes identifiziert worden.

Er sei am 31. Juli mit dem Bombenkoffer in den Regionalzug nach Koblenz eingestiegen. Nach seinem Komplizen, der einen Anschlag auf einen Zug in Richtung Hamm verüben wollte, werde nun mit Hochdruck gefahndet.

„Focus Online“ berichtete weiter, der Libanese sei offenbar Mitglied eines islamistischen Netzwerks, das noch nicht enttarnt sei. Die deutschen Sicherheitsbehörden befürchten demnach, dass die Festnahme zu Racheaktionen islamistischer Täter führen könnten.


Die Explosion zweier Gasflaschen setzt kleinerer Benzinbomben in Brand. Ein Feuerball entsteht, der in Sekundenbruchteilen einen ganzen Waggon in eine Flammenhölle verwandelt. Menschen werden schwer verletzt, einige auch getötet.

Es ist offenbar dem technischen Unvermögen der Bombenbastler zu verdanken, dass die beiden Kofferbomben, die am 31. Juli in zwei Regionalzügen in Deutschland deponiert wurden, nicht explodierten. Doch die Fahnder haben keinen Zweifel daran, dass die Täter schwere Zerstörungen und den Tod von Menschen in Kauf nahmen. „Hier werden sofort Erinnerungen an die Anschläge in Madrid im Jahr 2004 und in London im Jahr 2005 wach“, sagt der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke.

Wie in Madrid und London gibt es wieder Hinweise auf Verbindungen in den arabischen Raum. Die Gasflaschen in beiden Trolleykoffern waren zur Dämmung oder Fixierung in Kleidungsstücke eingewickelt. In diesen Kleidern fanden die Ermittler einen abgerissenen Zettel mit arabischen Schriftzeichen und Telefonnummern aus dem Libanon. „Vorstellbar ist, dass die Täter Signale setzen wollten im Hinblick auf den Konflikt im Nahen Osten“, erklärt Ziercke.

Sollte der Anschlag die deutsche Haltung im aktuellen Nahost-Konflikt beeinflussen? Eine „massive Drohgebärde mit Zerstörungen und potenziellen Menschenopfern“ hält auch der Präsident des Bundeskriminalamts für denkbar. Vieles ist merkwürdig an den beiden Kofferbomben. In einem der Koffer wurden Säckchen mit Speisestärke einer libanesischen Marke gefunden. Wie die Ermittlungen ergaben, wurden diese Säckchen in jüngster Vergangenheit nur in einer Stückzahl von etwa 200 nach Deutschland importiert und im Raum Essen vornehmlich an libanesische Familien verkauft.

Auch wurde ein Zettel gefunden, auf dem jemand in arabischer Schrift für den Einkauf Brot, Oliven und das Joghurt einer libanesischen Marke notiert hatte. Die Hinweise auf den Libanon in den Koffern sind so überdeutlich, dass fast Misstrauen entstehen könnte. Handelt es sich bei den Tätern um Libanesen? Die Ermittler sind vorsichtig: „Nach bisherigem Ermittlungsstand können wir das nicht definitiv sagen, aber auch nicht völlig ausschließen“, sagt der BKA-Chef.

Immerhin glauben die deutschen Kriminalisten nicht an absichtlich gelegte, falsche Spuren. „Sicher ist nach unserer Analyse, dass die Täter die Explosionen auslösen wollten“, betont Ziercke. Wäre es aber zu einer Detonation gekommen, wären Kleidung, Zettel und Speisestärke ausnahmslos verbrannt, erklärt der BKA-Chef. Daher seien sie nun eine wichtige Spur.

Noch wichtiger sind für die Ermittler derzeit die Bilder zweier Videokameras, die am Kölner Hauptbahnhof die mutmaßlichen Bombenleger gefilmt haben. Es handelt sich um zwei junge Männer mit südländischem Aussehen. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie beide am 31. Juli kurz nach 12.20 Uhr Gleis drei des Kölner Hauptbahnhofs betreten, sich dort kurz aufhalten und dann in die nacheinander einlaufenden Regionalzüge einsteigen. Für Hinweise, die zur Ergreifung der beiden Täter führen, wurde mittlerweile die überaus hohe Summe von 50.000 Euro als Belohnung ausgesetzt.

„Die Auslobungssumme zeigt, dass wir sehr besorgt sind, und davon ausgehen müssen, dass die Gefahr noch andauert“, betont Ziercke. Im Unterschied zu den Anschlägen von Madrid und London, die mit tödlicher Präzision und menschenverachtender Rücksichtslosigkeit ausgeführt wurden, deutet einiges darauf hin, dass die Attentäter von Dortmund und Koblenz keinem internationalen Terrornetzwerk angehören. In beiden europäischen Hauptstädten wurde Sprengstoff für die Bomben eingesetzt, beide Attentate setzten auf eine möglichst hohe Zahl von Opfern und in beiden Fällen bekannte sich das Terrornetzwerk Al-Kaida zu den Taten.

In Koblenz und Dortmund dagegen wurden für den Bau der Bomben Komponenten verwendet, wie sie fast an jeder Ecke zu haben sind: Ein Wecker, Benzin, eine Gasflasche. Die Bomben sollten um 14.30 Uhr explodieren, zu einem Zeitpunkt, an dem die meisten Regionalzüge fast leer sind. Auch sind sich die Ermittler sicher, dass die Täter ihre Anschläge überleben wollten. Auf den Videoaufzeichnungen ist deutlich zu sehen, dass einer der mutmaßlichen Bombenleger einen Tramperrucksack mit sich führt. Möglicherweise hat der Tatverdächtige Deutschland noch am 31. Juli verlassen.

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