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Bombenanschlag gefährdet Verhandlungen

Ein neuer palästinensischer Selbstmordanschlag hat die seit einer Woche andauernden Vermittlungsbemühungen der USA im Nahost-Konflikt in eine Krise gestürzt.

Der Attentäter hatte sich am Donnerstagnachmittag auf einer belebten Straße im Westen Jerusalems in die Luft gesprengt. Er riss drei Israelis mit in den Tod – ein vierter starb später – und verletzte über 70 weitere Menschen. Die israelische Regierung beschloss in der Nacht zum Freitag, zunächst auf eine militärische Reaktion zu verzichten und die Mission des US-Vermittlers Anthony Zinni weiter zu unterstützen. Nach Angaben israelischer Medien wurden Donnerstag Abend zwei weitere palästinensische Anschläge auf israelische Busse vereitelt.

In einer Stellungnahme des Sicherheitskabinetts hieß jedoch, Israel könne nicht die einzige Konfliktpartei bleiben, die sich um eine Waffenruhevereinbarung bemüht. Der israelische Rundfunk berichtete, einige Minister hätten betont, die israelische Zurückhaltung sei eine „letzte Chance“ für die amerikanischen Bemühungen um eine Waffenruhe und die Wiederaufnahme politischer Verhandlungen. Zinni hatte zuvor mit dem israelischen Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer und Ministerpräsident Ariel Sharon über die Folgen des Anschlags beraten. Er wird heute Freitag in Ramallah mit Palästinenserpräsident Arafat zusammentreffen.

Zu dem zweiten Selbstmordanschlag in Israel innerhalb von zwei Tagen bekannten sich die Al-Aksa-Brigaden, der bewaffnete Arm der Fatah-Bewegung Arafats. Israel machte Arafat persönlich für die Tat verantwortlich. Arafat trat kurz nach dem Anschlag vor die Presse, um die Tat zu verurteilen. Israel wies dies jedoch zurück. Erst am Mittwoch hatte sich ein Palästinenser in Nord-Israel in einem israelischen Linienbus in die Luft gesprengt und dabei sieben Israelis mit in den Tod gerissen.

Die US-Regierung kündigte an, sie werde die Al-Aksa-Brigaden offiziell zur „ausländischen Terror-Organisation“ erklären. Die entsprechenden Schritte seien eingeleitet worden, gab das Außenministerium in Washington bekannt. Der stellvertretende Sprecher Philip Reeker erklärte, Außenminister Colin Powell habe den Kongress am Mittwoch darüber informiert. Es wäre das erste Mal, dass die USA eine Gruppe mit direkten Beziehungen zu Arafat auf ihre Terrorliste setzen.

Arafat sagte sofortige Maßnahmen zu, um Anschläge auf israelische Zivilisten zu unterbinden. Die US-Regierung hatte zuvor ihren Druck auf die Palästinenser-Regierung erhöht. Bereits vor dem Anschlag am Donnerstag sagte US-Präsident George W. Bush über Arafat: „Ich bin offen gesagt enttäuscht über seine Leistungen.“ Er müsse mehr tun, um die Gewalt zu beenden. Auch Außenminister Colin Powell habe Arafat „hart und eindeutig“ aufgefordert, die Gewalt zu beenden, hieß es aus dem Washingtoner Außenministerium.

Der Attentäter von Jerusalem war nach israelischen Angaben erst im Februar auf israelischen Druck hin von den palästinensischen Behörden festgenommen worden. Bei seiner Festnahme im Februar habe er einen Sprengsatz bei sich gehabt und angegeben, er habe einen Anschlag auf ein israelisches Einkaufszentrum verüben wollen. Als die israelische Armee in der vergangenen Woche Ramallah besetzte, sei er aus einem dortigen Gefängnis freigelassen worden.

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