Waidmanns Heil ist über der Tür zu lesen, aber wenn es nach Paul Renner ginge, stünde dort schon lange Do what you want – frei nach Lord Dashwood.
Natürlich befindet sich das Sommerdomizil des Vorarlberger Künstlers Paul Renner, die Villa Maund, nicht wirklich am Ende der Welt, sondern ziemlich genau im hintersten Winkel Schoppernaus. Hier lebt und arbeitet er von Juni bis Oktober. Zwischen 120 Jahre alter Holztäfelung, noch antikerem Mobiliar, Jagdtrophäen. Aus der Stereoanlage tönt Nick Cave, im Gang zwischen Küche, Büro und Esszimmer hängen Autographen von Künstlern, mit denen Renner zusammengearbeitet hat, an den Wänden. Lediglich ein Bild aus seiner eigenen Werkstatt ziert den Stiegenaufgang: Ich möchte meinen Lebensraum von meiner Kunst freihalten. Weil ich sie oft unerträglich finde, sagt er und lacht wie einer, der sich selbst nicht recht ernst nimmt.
Tradition & Avantgarde
Der Bohémien im Bregenzerwald, zwischen Tradition und Avantgarde, zwischen ländlicher Idylle und der inneren Großstadt des Denkens – Renner eint die scheinbaren Gegensätze. Lebt Bescheidenheit und Dekadenz zur selben Zeit. Und verdichtet all das in seiner Arbeit, die so gut wie immer mit allen Sinnen erfahrbar ist – schon allein durch die Vielfalt an verwendeten Materialien.
Auf einen Nenner gebracht spielt die Sinnlichkeit als solche im Schaffen Renners die größte Rolle. Nicht zuletzt deshalb erhebt er auch das Essen zur Kunst. Was in den 90 er-Jahren mit den Mahlzeit-Vakanzen begann, erlebt seit 2002 seine Klimax in der Zusammenarbeit mit Renners Partnern Medlan Lucan und Durian Gray aus England: Gemeinsam erschufen sie den Hell Fire Touring Club sowie den Hell Fire Dining Club.
Europas Eingeweide
Ersterer kann fast als sinnlicher Reiseführer durch Europas Eingeweide gesehen werden, Letzterer als Pseudo-Club mit variierender Teilnehmerrunde, der sich immer wieder zu kulinarischen Themenabenden trifft, um lukullischen Ausnahme-Genüssen wie Gulasch mit Blattgold oder Lippizzaner-Weißwurst zu frönen. So geschehen bereits in der Wiener Kunsthalle, in New York, London, Neapel etc. Oft geht es mir auch um eine Überwindung des Ekels. Um Kontrolle und Selbstkontrolle, erklärt Paul Renner. Den Höhepunkt des Dining Clubs will er übrigens im nächsten Sommer (ab 7. Juli) in und vor dem Bregenzer Kunsthaus stattfinden lassen.
Bleibt eine Frage, eine Quintessenz: Herr Renner, machen Sie eigentlich Kunst aus einem rein hedonistischen Prinzip heraus? – Ja, definitiv. Womit das immerhin geklärt wäre.
Renner gestaltet am Sonntag um 20 Uhr im Rahmen der Genuss am See den Abend Warum Renner kocht, bei dem er über seine Hell Fire Club-Projekte spricht. Wer die 15 Euro Eintritt nicht bezahlen möchte, den lädt Renner persönlich ein. Schüler und Lehrlinge erhalten die Anfahrt rückerstattet.
ZUR PERSON
Paul Renner
Geboren: 1957 in Bludenz
Familie: verheiratet, zwei Töchter
Laufbahn: Erste Arbeiten mit und für Gottfried Bechtold und Ursula Krinzinger, Assistent von Hermann Nitsch, seit 2002 Hell Fire Clubs