Das beteuerten zumindest die wenigen Stargäste, die trotzdem gekommen waren: Allen voran Regisseur Robert Dornhelm und Leinwand-Partner Rolando Villazon.
Finanzkrise hin oder her, man war bemüht “Little Hollywood” im kalt anmutenden Business-Park in der Wiener Vorstadt zumindest einen Abend lang zu simulieren.
Die Betroffenheit über Henri Murgers tragische Geschichte über das arme Mädchen Mimi, das schließlich an seiner Armut zugrunde geht, durften die Gäste bereits im Vorfeld beim Cocktail-Empfang hinunterspülen.
Ein Zugeständnis an die misera plebs: Belegtes Bauernbrot. Der rote Teppich war schon lange ausgerollt, die Stars fehlten vorerst. So zielten die doch zahlreich erschienenen Kamerateams und Fotografen zuerst auf Journalisten und Fans, um anschließend zu fragen: “Wer war das jetzt eigentlich?”
Als erster Star musste Operetten-Opa Harald Serafin herhalten. “Sie ist eine junge Mutter, sie wird was anderes zu tun haben”, nahm er Netrebko in Schutz. Und dann – erwartbar erschienen – Charity-Lady Jeannine Schiller: “Sie wird schon ihre Gründe haben.”
Schauspieler Alfons Haider war die Abwesenheit der Operndiva offenbar mehr als egal: “Der Film ist das wichtigste, was bei der Premierenfeier passiert, ist eigentlich wurscht.”
Als Villazon ohne seine bessere Leinwand-Hälfte erschien, wurde dieser von den anwesenden Journalisten beinahe erdrückt. Bereitwillig posiert wurde dann doch. Den einzigen vor dem Kino erschienen Autogrammjägern war der ganze Film “wurscht”.
Als Regisseur Dornhelm aus dem Auto ausstieg, ignorierten sie diesen und stürzten sich stattdessen auf dessen Stargast Richard O’Brien. Der Schöpfer des Musicals “Rocky Horror Show” signierte bereitwillig CDs seiner Fans, die mit Oper etwa so viel am Hut haben wie Frank-N-Furter mit Ioan Holender. Unterdessen stellte sich Dornhelm den Kameras. Nur ein Rocky-Horror-Fan wurde auf den Regisseur aufmerksam und wollte wissen: “Wer ist das eigentlich?”
Dornhelm schließlich über seine fehlende Hauptdarstellerin: “Sie wäre gerne hier. Sie hat mir immer wieder gesagt, wie sehr sie den Film liebt.” Wie sehr das Publikum den Film lieben wird, wurde nach dem Empfang gestaffelt in drei Kinosälen im Cineplexx erprobt.
Ein Platz in der Mitte gebührte Staatsoperndirektor Holender. Dieser beweist in “La Boheme” Selbstironie und tritt in der Nebenrolle des rüstigen und abschließend gehörnten Kavaliers Alcindoro auf. Wohl selten lässt sich ein Operndirektor freiwillig als “Mumie” titulieren – der Film macht’s möglich. Nach der Premiere berichtete sein Cousin Dornhelm über die “friedliche Atmosphäre” beim Dreh – Holender selbst war nicht mehr auffindbar.
Auch Sänger Adrian Eröd, Dirigent Bertrand de Billy und Villazon traten vor die Kinoleinwand. Ob Dornhelms Opern-Opus auch Breitenwirkung haben wird, darf man nach der Premiere bezweifeln. Nur verhaltener Applaus kam nach knapp eineinhalb Stunden von den Rängen zurück.
Ein Zuschauer brachte das Werk mit viel Opern-Gestik nach der Premiere auf den Punkt: “Es ist wie ein Stummfilm mit Ton.”