Blutige Zwischenfälle im Gaza-Streifen
Israelische Soldaten haben in Rafah nahe der Grenze zu Ägypten 16 palästinensische Häuser gesprengt. Mehr als hundert Menschen wurden dadurch obdachlos. Die israelische Armee zerstört seit Monaten systematisch Wohnhäuser von Familien palästinensischer Attentäter. Das Vorgehen verstößt massiv gegen die Vierte Genfer Konvention über die Behandlung der Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten. Dem in Ramallah faktisch unter Hausarrest stehenden palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat verwehren die israelischen Behörden wie schon im Vorjahr die Teilnahme an den Weihnachtsfeierlichkeiten in Bethlehem.
Die drei erschossenen Palästinenser hatten nach israelischer Darstellung bei Beit Hanoun einen Sprengsatz am Grenzzaun zwischen dem Gaza-Streifen und Israel gelegt. Nahe der Siedlung Neve Dekalim im südlichen Gaza-Streifen kam ein Palästinenser unter unklaren Umständen ums Leben. Das israelische Radio meldete, drei Palästinenser hätten versucht, einen Armeestützpunkt anzugreifen; dabei sei einer von ihnen erschossen worden. Nach palästinensischen Angaben wollte der Mann nur eine israelische Straßensperre passieren, als er getötet wurde. Im Westjordanland wurde unterdessen ein israelischer Siedler unter dem Verdacht festgenommen, einen Palästinenser angegriffen zu haben. Das israelische Radio meldete, der Mann aus der Siedlung Chavat Gilad habe den Palästinenser gemeinsam mit anderen Siedlern mit Stöcken geschlagen, bestohlen und seine Hunde auf dessen Esel gehetzt.
Entgegen einer Bitte des Papstes hält Israel über Weihnachten die Militärblockade Bethlehems aufrecht. Die Palästinenser kritisierten, Israel breche damit Versprechen, die es den USA und dem Vatikan gegeben habe. Papst Johannes Paul II. hatte den israelischen Staatspräsidenten Moshe Katzav am Donnerstag um einen Abzug der Armee vor Weihnachten gebeten. Arafats Chefberater Nabil Abu Rudeina verurteilte die Entscheidung des israelischen Kabinetts, die Truppen nicht zurückzuziehen. Es sei ein „dummer Beschluss“, Bethlehem bis Weihnachten nicht zu räumen und Arafat zu verbieten, dorthin zu kommen. Bis zum vergangenen Jahr, als ihn Israel daran hinderte, hat der mit einer getauften Christin verheiratete Moslem Arafat immer an der Weihnachtsmesse in Bethlehem teilgenommen, seit die Geburtsstadt Christi 1995 unter palästinensische Verwaltung gestellt wurde. Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, sagte in einem Interview der französischen katholischen Tageszeitung „La Croix“, die Verhängung einer militärischen Sperrzone über Bethlehem sei „durch nichts zu rechtfertigen“.
Arafat rief unterdessen den von den USA als Terroristenführer gesuchten saudiarabischen Multimillionär Osama bin Laden in einem Interview auf, den Aufstand der Palästinenser nicht als Grund für Terroranschläge seines Terrornetzwerks El Kaida anzuführen. „Ich sage ihm (Bin Laden) ganz direkt, er soll sich nicht hinter der palästinensischen Sache verstecken“, zitierte die in London erscheinende „Sunday Times“ den palästinensischen Präsidenten. Eine von Somalia aus operierende Terrorgruppe mit Verbindungen zu Bin Ladens El Kaida hatte sich zu den Anschlägen auf israelische Urlauber in Kenia Ende November bekannt.
In einem dramatischen Appell haben die Missionarinnen des „Caritas Baby Hospital“ in Bethlehem Solidarität und Anteilnahme am Schicksal ihrer vom israelischen Militär besetzten Stadt gefordert. „Bethlehem stirbt und die gesamte Christenheit bleibt gleichgültig“, heißt in dem am Montag laut Kathpress vom Missionspressedienst „Misna“ verbreiteten Schreiben. Die Einwohner Bethlehems seien verurteilt zu einem „Leben als Gefangene, wie Tiere im Käfig, ernährt von Hilfsorganisationen“. Bethlehem sei keine Terroristenstadt und verdiene daher nicht diese „anhaltende brutale Unterdrückung“, beklagen die Schwestern vom Orden der Elisabeth von Padua in ihrem Appell.