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Blut und Oper: Arena

Der Salzburger Günter Schwaiger sorgt mit seiner Stierkampf-Doku "Arena" in Spaniens Kinos derzeit für einen Blick von außen auf ein umstrittenes Phänomen des Landes. Der Film ist der Abschluss einer Trilogie nach "Hafners Paradies" (2007) über einen in Spanien lebenden Alt-Nazi und "Der Mord von Santa Cruz" (2005) über den Franco-Terror.

Anlässlich des österreichischen Kinostarts von “Arena” am 5. März sprach der seit 20 Jahren in Spanien lebende Regisseur mit der APA über seine Faszination für den Stierkampf:

APA: Herr Schwaiger, wie waren die Reaktionen in Spanien auf “Arena“?

Schwaiger: Im katalanischen Parlament beginnt diese Woche eine Debatte über das Verbot des Stierkampfes. Der Film von einem Nicht-Spanier zu diesem Thema ist gerade jetzt brisant. Allein in “El Pais” gab es drei ganz unterschiedliche Kritiken.

APA: Weil ein Ausländer als neutrale Instanz gilt?

Schwaiger: Genau, wobei ich von Tierschützern angegriffen werde, weil ich nicht Position beziehe, aber auch – zwar nicht öffentlich – von Befürwortern, weil der Film nicht nur Positives zeigt.

APA: Wie stehen die Spanier zum Stierkampf?

Schwaiger: Er hat in einigen Regionen einen sehr hohen Stellenwert, aber nur wenige Spanier gehen tatsächlich hin. Ich vergleiche das gerne mit der Oper in Österreich. Sie ist wichtig für die kulturelle Identität, deswegen sitzen jedoch nicht alle Österreicher permanent in der Oper, und manche finden sie auch eine unnötige Verschwendung. In Spaniens Öffentlichkeit gibt es derzeit aber eine Tendenz, den Stierkampf abzulehnen – vor allem im linken Spektrum wird er unsinnigerweise dem Franquismus zugerechnet. In den 1990ern war der Stierkampf in Mode, seit einigen Jahren gilt er als Tiermisshandlung und kaum jemand tritt öffentlich zu seiner Verteidigung auf. Ein Verbot ist außerhalb Kataloniens aber noch kein Thema.

APA: Wie ist Ihre Einstellung zu dieser Frage?

Schwaiger: Ich persönlich bin dem Stierkampf gegenüber nicht negativ eingestellt. Der Stellenwert des Tieres in der Arena ist um einiges würdiger als in einem Schlachthof. Das Töten ist ein würdevolles – so sehen das die Anhänger -, weil es nicht mechanisch oder hinterrücks erfolgt, sondern weil der Mensch sich dem Tier stellt und auch selbst getötet werden kann. Der Kampf soll auch möglichst schnell zu Ende sein, ein langes Leiden des Tieres gilt als Schande für den Torero. In der großen Madrider Arena Las Ventas gibt es beispielsweise den Sektor sieben, dort sitzen Puristen, die über die Einhaltung der Regeln wachen. Wie ein Opernpublikum, das bei schlecht gesungenen Arien buht.

APA: “Arena” ist der Abschluss einer Trilogie über Phänomene der spanischen Gesellschaft. Was verbindet diese Filme?

Schwaiger: Es sind Themen von aktueller Brisanz, die den Zustand einer Kultur zeigen. Aber nicht nur in Spanien, auch allgemein. Es geht darum, wie Menschen manipulieren und manipuliert werden können – etwa in der Frage des Verbots von Stierkämpfen. Außerdem ist der Torero einer der letzten Helden im klassischen Sinn. Ein Mensch, der sein Leben aufs Spiel setzt im direkten Kampf mit der Natur. Er muss nach strengen ethischen Prinzipien leben – als Priester oder Poet.

APA: Wie der Star-Torero Jose Tomas, der sich nicht einmal filmen lässt. Dennoch ist er in “Arena” zu sehen.

Schwaiger: Die Drehgenehmigung zu bekommen, war sehr schwierig. Tomas hat dem Stierkampf wieder seine sakrale Aura verliehen. Eine neue Entwicklung nach den 1990ern, als teilweise sogar auf Bullen geritten wurde.

APA: Star des Films ist aber Juan Guerrero, ein einfacher Wander-Torero. Wie sind sie auf ihn gestoßen?

Schwaiger: Ich hab ihn bei einem Dorf-Stierkampf getroffen. Er ist eine Kontrastfigur zum Klischee, zu den Stars. Die große Mehrheit der Toreros bleibt auf der Straße und tingelt durch die Dörfer. Diese Welt abseits der großen Arenen wollte ich als gelernter Ethnologe zeigen. Juan spricht vieles aus, was tabu ist. Anhänger waren teilweise nicht glücklich, dass wir diese Realität gezeigt haben. Das zeigte mir, dass der Film eine gewisse Objektivität hat. Es soll keine Werbung für den Stierkampf sein.

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