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Blockade von Klima-Aktivisten verzögerte Rettungseinsatz in Berlin

Bei einer Verkehrsblockade durch Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" in Berlin wurde die Rettung einer lebensgefährlich verletzten Frau erheblich verzögert.
Bei einer Verkehrsblockade durch Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" in Berlin wurde die Rettung einer lebensgefährlich verletzten Frau erheblich verzögert. ©APA/dpa/Carsten Koall (Sujet)
Weil Klima-Aktivisten eine Verkehrsblockade in Berlin veranstalteten, wurde die Rettung einer lebensgefährlich verletzten Radfahrerin massiv verzögert.

Eine Verkehrsblockade von Klima-Aktivisten hat in Berlin nach Angaben der Feuerwehr die Rettung einer lebensgefährlich verletzten Radfahrerin massiv verzögert. Die Frau wurde Montag früh in Berlin-Wilmersdorf von einem Betonmischer überrollt. Feuerwehr-Einsatzkräfte mit Spezialgeräten standen wegen Protesten von Klimademonstranten im Stau und trafen erst verspätet am Unfallort ein.

Blockade von Klima-Aktivisten verzögerte Rettungseinsatz in Berlin

Die Klima-Protestgruppe "Letzte Generation" teilte mit, sie sei bestürzt und könne nicht ausschließen, dass die Verspätung der Feuerwehr auf einen durch sie verursachten Stau zurückzuführen sei. Die Frau wurde unter dem Betonmischer-Lastwagen eingeklemmt. Der Lkw-Fahrer wurde nach dem Unfall mit einem Messer angegriffen und kam verletzt ins Krankenhaus. Er wurde nach Angaben einer Polizeisprecherin von einer unbekannten Person attackiert, als er ausstieg, um nach der Frau zu schauen.

Radfahrerin bei Betonmischer-Unfall lebensgefährlich verletzt

Nach dem schweren Betonmischer-Unfall ermittelt die Polizei gegen zwei der Blockierer. Es wurden gegen einen 63-Jährigen und einen 59-Jährigen wegen unterlassener Hilfeleistung beziehungsweise der Behinderung hilfeleistender Personen Ermittlungen aufgenommen. Diese hatten sich an einer Brücke festgeklebt.

Ermittlungen der Polizei zu Klima-Aktivisten laufen

Die Polizei sucht zudem weiter nach einem Mann, der am Montag den Fahrer des Baufahrzeugs mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt hat. Der Angreifer sei bisher nicht bekannt, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstagvormittag. Die Attacke auf den Fahrer ereignete sich, nachdem unter dem Betonmischer eine Radfahrerin auf der Bundesallee in Berlin-Wilmersdorf eingeklemmt worden war.

Frau in Bundesalle von Betonmischer-Lastwagen überrollt

Die Frau wurde in der Bundesallee von dem Betonmischer-Lastwagen überrollt und unter dem Wagen eingeklemmt. Die Messerattacke auf den Fahrer ereignete sich, während sich Rettungskräfte um die Frau kümmerten. Ein am Unfall nicht beteiligter Mann soll auf den Lastwagenfahrer zugegangen sein, als dieser neben der Fahrerkabine stand, und ihn unvermittelt mit einem Messer angegriffen haben.

Feuerwehr-Einsatzkräfte mit Spezialgeräten standen wegen Protesten von Klimademonstranten auf der Stadtautobahn A100 im Stau und trafen erst verspätet am Unfallort ein, weshalb an der Unfallstelle improvisiert werden musste, wie die Feuerwehr betonte. Ein Sprecher bekräftigte am Dienstag, dass es ohne die Blockierer an der Stelle nicht zum Stau gekommen wäre.

Sprecherin der Klima-Aktivisten wünscht Radfahrerin baldige Genesung

Die Sprecherin der Klima-Protestgruppe "Letzte Generation", Carla Hinrichs, sagte am Montag, die Gruppe hoffe inständig, dass sich der Gesundheitszustand der Frau durch die Verspätung des Feuerwehr-Spezialwagens nicht verschlimmert habe. Mitglied Lars Werner erklärte am Dienstag auf Anfrage: "Wir werden weiterhin, wie bisher, mit größtmöglicher Sorgfalt darauf achten, dass durch uns keine Rettungseinsätze und Notärzte blockiert werden."

Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey übte deutliche Kritik

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey übte am Dienstag deutliche Kritik. "Wir haben uns im Senat darauf verständigt, dass wir ganz klar hier eine Haltung beziehen, die sagt: Die Form dieses Protestes, die zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt, ist unangemessen", sagte die SPD-Politikerin nach einer Senatssitzung. "Und wir verurteilen dieses Verhalten."

Das Thema sei im Senat sehr ausführlich besprochen worden. Der Senat habe sich auf die gemeinsame Haltung verständigt, dass Polizei und Gerichtsbarkeit aufklären müssten, wie weit die Straßenblockaden mit eine Schuld daran tragen, dass Rettungsfahrzeuge nicht oder zu spät durchkommen konnten, ergänzte Giffey.

Rund 730 Verfahren zu Aktionen von Klimademonstranten in Berlin

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat inzwischen rund 730 Verfahren (Stand 25.10.) zu den anhaltenden Aktionen von Klimademonstranten auf den Tisch bekommen. Das teilte die Justizverwaltung auf Anfrage mit. Vielfach seien Fälle verbunden worden, weil eine Person an mehreren Aktionen beteiligt gewesen sei. Offen sind nach den Angaben derzeit 139 Fälle. Bisher gab es einige Verurteilungen von Demonstranten zu kleineren Geldstrafen wegen Nötigung.

Olaf Scholz zur Debatte um die verzögerte Rettung

In die Debatte über eine verzögerte Rettung nach dem Unfall in Berlin hatte sich am Montag auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingemischt. Er appellierte an die Klimaaktivisten, ihre Aktionen dürften nicht zur Gefährdung anderer beitragen. "Ich glaube, dass wir kritische Haltung, kritischen Protest, akzeptieren müssen. Dass die Aktionen jetzt nicht auf sehr weitreichenden Beifall gestoßen sind, ist auch offensichtlich", sagte Scholz.

"Letzte Generation" sorgte zuletzt für Verzögerungen mit Blockaden

Die Klimaschutz-Protestgruppe "Letzte Generation" hat zuletzt fast täglich mit Blockaden für erhebliche Behinderungen auf Berliner Straßen gesorgt. Am Dienstagmorgen waren der Polizei zunächst keine Aktionen bekannt. Vor gut einer Woche hatten Aktivisten im Potsdamer Museum Barberini ein mehr als 100 Millionen Euro teures Gemälde mit Kartoffelbrei beworfen. Beschädigt wurde das Kunstwerk nicht, da es von einer Glasschicht geschützt war.

Buschmann: Gefängnisstrafen für Aktivisten möglich

Laut dem deutschen Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wären in bestimmten Fällen auch Gefängnisstrafen für Klimaaktivisten möglich. "Wer Kunstwerke bewirft, kann sich einer Sachbeschädigung strafbar machen. Eine Straßenblockade kann als Nötigung bestraft werden. Und wenn Rettungswagen ausgebremst werden, kommt auch eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung in Betracht", sagte er der "Bild"-Zeitung. In Österreich würde das im Anlassfall ähnlich aussehen.

Kaum strafrechtliche Anzeigen bei Klima-Protesten in Wien

Bisher kam es etwa in Wien aber kaum zu strafrechtlichen Anzeigen im Zuge der Klebeproteste, so die Polizei auf APA-Anfrage. Denn in der Bundeshauptstadt hatten die Blockaden - wie in Berlin - zu keinen ernsthaften Problemen der Einsatzkräfte geführt. Und es wurden noch keine Beschädigungen von Kunstwerken vorgenommen. Bisher habe es sich größtenteils nur um Verwaltungsübertretungen gehandelt. Nur am 15. September wollten sich im Kunsthistorischen Museum Aktivisten bei einem Exponat ankleben. Das wurde jedoch im letzten Moment verhindert. Es wird gegen drei Personen wegen des Verdachts der versuchten Sachbeschädigung bzw. der versuchten schweren Sachbeschädigung ermittelt. Alle drei wurden auf freiem Fuß angezeigt. Der Fall ist bereits bei der Staatsanwaltschaft anhängig.

In Deutschland betonte der Bundesjustizminister nun: "Gesetze sehen neben Geldstrafen auch in bestimmten Fällen Freiheitsstrafen vor." Diese Gesetze gelte es auch durchzusetzen.

Grünen Politikerin sieht in dieser Protestform eine "Sackgasse"

Die deutsche Grünen-Politikerin Renate Künast sagte, diese Form des Protests führe in eine "Sackgasse". Künast weiter: "Wenn der Kern des Problems nicht mehr diskutiert wird, sondern nur noch die Frage 'ist das ein legitimer Protest' - genauso bei dem Thema Bilder und Museen", sagte sie dem RBB-Inforadio. "Ich finde, es macht keinen Sinn. Es ist eine Sackgasse."

(APA/Red)

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