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Keine Entspannung bei Ukraine-Krisentreffen

Lawrow: NATO arbeitet gegen Russland - Blinken warnt vor weiteren Eskalation
Lawrow: NATO arbeitet gegen Russland - Blinken warnt vor weiteren Eskalation ©APA
Das Krisentreffen zwischen US-Außenminister Antony Blinken und seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow hat am Freitag in Genf hat wie erwartet keinen Durchbruch gebracht.
Ukraine-Konflikt vor Eskalation?

Die beiden Chefdiplomaten zeigten sich nach dem Treffen aber einig darin, dass der Dialog fortgesetzt werden soll. Blinken warnte Russland einmal mehr eindringlich vor einem Einmarsch in die Ukraine.

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Weitere Gespräche vereinbart

"Wir haben nicht erwartet, dass heute ein großer Durchbruch erzielt wird. Aber ich glaube, wir sind jetzt auf einem klaren Weg, was das Verständnis der gegenseitigen Anliegen und Positionen angeht", sagte Blinken nach dem rund eineinhalbstündigen Gespräch. Er gehe davon aus, Russland seine Bedenken und Ideen zur Krise in der kommenden Woche ausführlicher und schriftlich mitteilen zu können. "Und wir haben vereinbart, danach weitere Gespräche zu führen", so Blinken. Dabei soll auch auf Forderungen Russlands reagiert werden. Lawrow habe Blinken versichert, dass Russland nicht die Absicht habe, in die Ukraine einzumarschieren.

"Ich glaube, dass es Bereiche gibt, in denen wir auf einer Grundlage der Gegenseitigkeit einige der Sorgen des anderen angehen können", sagte Blinken. Als ein Beispiel nannte Blinken "eine größere Transparenz" bei militärischen Aktivitäten. Er machte aber zugleich erneut deutlich, dass bestimmte Grundsätze für die USA nicht verhandelbar seien. Dazu gehöre etwa die "Politik der offenen Tür" der NATO. Russland fordert unter anderem ein Ende der Osterweiterung des Verteidigungsbündnisses.

"Offen und nützlich"

Der russische Außenminister bezeichnete das Treffen als "offen und nützlich". Der Dialog werde fortgesetzt, kündigte er an. Präsident Wladimir Putin sei immer bereit, in Kontakt mit US-Präsident Joe Biden zu treten. Allerdings sollte jeglicher Kontakt zwischen beiden Staatschefs gut vorbereitet sein. Lawrow rief den Westen zum Ende der "russlandfeindlichen Hysterie" im Ukraine-Konflikt auf. Russland bedrohe niemanden und überfalle kein Land, sagte er. Blinken habe ihn aufgefordert, die Lage zu deeskalieren. Allerdings arbeite die NATO gegen sein Land, sagte Lawrow. Russland sei besorgt über die Entsendung von Waffen und Militärberater in die Ukraine. Russland erwarte in der nächsten Woche von den USA eine schriftliche Antwort auf seine Vorschläge zu Sicherheitsgarantien, sagte Lawrow. Danach solle es weitere Gespräche auf Ebene der Außenminister geben.

Blinken und Lawrow hatten ihr Krisengespräch im Ukraine-Konflikt nach rund eineinhalb Stunden und damit früher als geplant beendet. Die beiden Chefdiplomaten hatten sich gegen 11.00 Uhr in einem Hotel am Genfersee mit Handschlag begrüßt. Blinken und Lawrow hielten anschließend getrennte Pressekonferenzen zu den Gesprächen ab.

Russland fordert Abzug von NATO-Truppen

Initiiert hatte das Treffen die US-Seite angesichts der Spannungen um den Konflikt im Osten der Ukraine. Moskau ließ vor dem Treffen erneut mit Forderungen aufhorchen. Das russische Außenministerium forderte den Abzug von NATO-Truppen aus Rumänien und Bulgarien. Dies sei Teil der Sicherheitsgarantien, die die Regierung in Moskau vom Westen verlange, hieß es.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass sich das russische Parlament kommende Woche mit Vorschlägen befassen wird, die zwei pro-russischen Separatistengebieten in der Ostukraine als unabhängige Staaten anzuerkennen. Es gehe um die Volksrepublik Donezk und die Volksrepublik Luhansk. Es gebe Sorgen um die Sicherheit der dort lebenden Russen, teilt Duma-Präsident Wjatscheslaw Wolodin mit. Das russische Präsidialamt reagiert aber zurückhaltend auf die geplante Beratungen der Duma. Es sei zunächst wichtig, die Spannungen nicht weiter zu schüren, sagt Sprecher Dmitri Peskow.

Luftabwehr-Raketensysteme

Der ukrainische Geheimdienst warf Russland vor, gezielt Söldner zu rekrutieren und diese in von Separatisten kontrollierten Gebieten im Osten der Ukraine ausbilden zu lassen. Zudem seien Treibstoff, Panzer, Artillerie und Mörsergranaten in einer geheimen Aktion von Russland aus in die Region geschafft worden, heißt es in einer Erklärung des Geheimdienstes.

Unterdessen verlegte Russland im Rahmen seines Militärmanövers mit Belarus auch zwei Bataillone des Luftabwehr-Raketensystems S-400 in das Nachbarland. Erste Soldaten und Material seien bereits diese Woche in Belarus eingetroffen, meldet Interfax unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium. Die Übung "Alliierte Entschlossenheit" soll im Februar im Westen an der Grenze der NATO-Mitglieder Polen und Litauen und im Süden an der Grenze zur Ukraine stattfinden.

Großbritannien will Soldaten entsenden

Zur Abschreckung erwägt die britische Regierung laut einem Bericht, Hunderte weitere Soldaten in die baltischen Staaten und nach Polen zu entsenden. Damit solle die Abschreckung gegenüber Russland erhöht werden, berichtete die Zeitung "Times" unter Berufung auf eine Quelle im Verteidigungsministerium in London. Derzeit sind in Estland 830 britische Soldaten stationiert, weitere 140 im Rahmen einer NATO-Mission in Polen. Die zusätzlichen Einheiten könnten schnell entsandt werden, sollten die NATO-Verbündeten in Osteuropa mit einer erhöhten Truppenpräsenz aus Russland an ihrer Grenze konfrontiert sein, zitierte das Blatt die Quelle.

Während die USA und ihre westlichen Verbündeten einen Rückzug der russischen Truppen fordern, verlangt Moskau Sicherheitsgarantien und ein Ende der Osterweiterung des westlichen Militärbündnisses NATO. Die Entspannungsbemühungen laufen seit vergangener Wochen auf Hochtouren, haben aber bisher keine greifbaren Ergebnisse gebracht.

(APA/dpa/Reuters)

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