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Blair vor Kelly-Untersuchungskommission

Der britische Premierminister Tony Blair hat vor der Untersuchungskommission im Fall Kelly seinen Irak- und Informationskurs vehement verteidigt.

Tony Blair hätte nach eigenen Worten zurücktreten müssen, wenn an dem BBC-Bericht über aufgebauschte Geheimdienstinformationen zu irakischen Massenvernichtungswaffen etwas Wahres gewesen wäre. Blair sprach am Donnerstag vor der Untersuchungskommission zum Tod des Waffenexperten David Kelly von einer „außerordentlichen und sehr schweren“ Anschuldigung. Er verteidigte aber die Entscheidung, Kellys Namen als Quelle für den Bericht öffentlich zu machen.

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht ein Bericht der BBC, wonach die Regierung in einem Dossier vom September vergangenen Jahres die von Irak ausgehende Bedrohung übertrieben haben soll, um den Krieg zu rechtfertigen. Blair erklärte, die Informationen des Geheimdienstes seien entgegen der Mediendarstellung in keiner Weise aufgebauscht worden. Es sei damals nicht darum gegangen, einen Konflikt zu begründen, sondern darum, einen Grund zu nennen, warum man sich mit der Gefahr durch irakische Massenvernichtungswaffen auseinandersetzen müsse.

Das Dossier, das vor einem möglichen Einsatz irakischer Massenvernichtungswaffen binnen 45 Minuten warnte, habe auf Geheimdiensterkenntnissen beruht. Die Angaben seien nicht auf Druck seiner Regierung eingefügt worden, bekräftigte Blair. Sie wären nicht als Beweis vorgelegt worden, wenn sie nicht „von einer objektiven Quelle“ gekommen wären. Wenn die Vorwürfe der BBC wahr gewesen wären, „hätte dies sicher meinen Rücktritt zur Folge gehabt“, sagte Blair, der den Untersuchungsausschuss selbst eingesetzt hat.

Kritiker haben dem britischen Premierminister vorgeworfen, seinen Kriegskurs mit absichtlich dramatisierten Warnungen gerechtfertigt und damit Parlament und Öffentlichkeit in die Irre geführt zu haben. Blairs Glaubwürdigkeit hat seitdem stark gelitten, viele Menschen trauen seiner Regierung nicht mehr. Dutzende Kriegsgegner empfingen Blair am Donnerstag mit Buh-Rufen vor dem Gerichtsgebäude in der Londoner Innenstadt.

Blair verteidigte vor der Kommission unter dem Vorsitz von Richter Lord Hutton aber die Nennung von Kelly als Quelle für den strittigen BBC-Bericht. Er übernehme die Verantwortung für die Entscheidung der Behörden zur Veröffentlichung von Kellys Namen, sagte Blair. Kurz nach dem Tod des Regierungsberaters hatte er erklärt, er habe die Nennung seines Namens nicht gebilligt. Nachdem Kelly seine Vorgesetzten über das BBC-Interview unterrichtet hatte, sei es die richtige Entscheidung gewesen, ihn öffentlich als Quelle zu nennen, erklärte Blair. Dies sei nötig gewesen, um alle Fakten auf den Tisch zu legen. „Es war besser, aufrichtig zu sein“, sagte Blair.

Der Irak-Experte war am 10. Juli vom Verteidigungsministerium als Hauptquelle für den BBC-Bericht genannt worden. Kelly hatte danach vor zwei Parlamentsausschüssen aussagen müssen. Drei Tage später, am 18. Juli, wurde der 59-Jährige mit aufgeschnittenen Adern tot aufgefunden.

Bereits am Mittwoch hatte Verteidigungsminister Geoff Hoon vor der Untersuchungskommission ausgesagt. Er wies dabei Vorwürfe zurück, die Regierung trage eine Mitschuld am Selbstmord Kellys.

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