AA

Blair verteidigt Entscheidung zum Irak-Krieg

Der britische Premierminister Tony Blair hat am Dienstag beim Labour-Parteitag im südenglischen Badeort Bournemouth seine Irak-Politik verteidigt.

Er gestand ein, dass der Irak-Krieg „unser Land und unsere Partei gespalten hat“. Viele Bürger seien „enttäuscht, verletzt und wütend“ über seine Entscheidung. „Ich bitte euch nur um eines: Greift meine Entscheidung an, aber versteht wenigstens, wieso ich sie getroffen habe und wieso ich die gleiche Entscheidung wieder treffen würde.“ Die meisten Delegierten spendeten Blair wiederholt lang anhaltenden Beifall für seine emotionale und launige Rede.

„Bei aller Unstimmigkeit: Der Irak ist ein besseres Land ohne (den gestürzten irakischen Präsidenten) Saddam (Hussein)“, sagte der wegen seines Kriegskurses heftig unter Druck geratene Premierminister. Die Aufgabe sei nun, den Frieden zu vollenden. Auf die Tatsache, dass im Irak bisher noch keine Massenvernichtungswaffen – sie galten als wichtigster Kriegsgrund – gefunden worden sind, ging Blair nicht ein. Er unterstrich vielmehr die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus, „nicht weil wir Amerikas Pudel sind, sondern weil wir die Welt dadurch sicherer machen können“. Die größte Bedrohung gehe im 21. Jahrhundert nicht von konventionellen Kriegen, sondern von „Chaos und Fanatismus“ aus, sagte er.

Blair ging während seiner Grundsatzrede nur am Rande auf das Thema Irak ein. Hauptsächlich widmete er sich innenpolitischen Fragen und hielt in diesem Zusammenhang an seinem umstrittenen Reformkurs in der Sozialpolitik fest. „Ich kann nur in eine Richtung gehen, ich habe keinen Rückwärtsgang“, betonte Blair. Er sei „unruhig“ bei dem Gedanken, wie viel noch zu tun sei, warb Blair vor allem für seine Pläne zur Reform des Gesundheitswesens und des Bildungssystems. Während er die Erhöhung der Studiengebühren verteidigte, erteilte er Forderungen des linken Parteiflügels nach Steuererhöhungen eine Absage: „Früher hieß es, die Reichen sollten bis zum letzten ausgequetscht werden, aber geschröpft wurden dann immer nur wir.“

Es sei nicht überraschend, dass seine Regierung mittlerweile nicht mehr so beliebt sei wie bei Amtsantritt im Jahr 1997. „Das sind schwere Zeiten. Ich sehe jetzt so alt aus, wie ich bin“, scherzte der 50-Jährige. Innerlich sei er jedoch stärker als je zuvor. Auch sei er der erste Labour-Premier der britischen Geschichte, der nach sechseinhalb Jahren noch im Amt sei. Stolz könnten Regierung und Partei auch darauf sein, dass sie dem Land seit 1997 ein sozialeres Gesicht gegeben hätten. Jetzt müssten alle gemeinsam für einen dritten Wahlsieg kämpfen. Die nächste Unterhauswahl steht für Mitte 2006 an.

Der Premierminister warb in seiner Rede auch für einen europafreundlichen Kurs seines Landes. „Es wäre verrückt für Großbritannien, die Option auf einen Beitritt zur europäischen Gemeinschaftswährung aufzugeben“, sagte er in Bezug auf den Euro. Schon nach seinem Amtsantritt hatte Blair ein Referendum über den in Großbritannien äußerst unpopulären Abschied vom Pfund in Aussicht gestellt. Der Termin wurde aber mehrmals verschoben, weil die wirtschaftlichen Kriterien dafür angeblich nicht gegeben seien.

Blair steht unter Druck, weil seine Beliebtheitswerte seit Beginn der Irak-Krise eingebrochen sind. Umfragen zufolge fordert die Hälfte der Briten seinen Rücktritt, der Vorsprung der Labour-Partei ist zusammengeschmolzen, und 60 Prozent der Labour-Mitglieder halten den Irak-Krieg für einen Fehler. Blairs langjähriger parteiinterner Rivale, Schatzkanzler Gordon Brown, hatte die Delegierten am Montag zudem mit einer Rede begeistert, in der er sich nach Einschätzung von Beobachtern zwischen den Zeilen deutlich von Blair distanzierte. So hatte Brown eine Rückbesinnung auf die traditionellen Werte der Labour Party gefordert.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Blair verteidigt Entscheidung zum Irak-Krieg
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.