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Bildung beeinflusst Essenswahl mehr als Budget

Was im Restaurant bestellt oder Zuhause gekocht wird, ist stark vom Bildungsgrad, der Berufswelt, aber auch vom Wohnort beeinflusst.

Die Ernährung jedes einzelnen Österreichers ist laut Soziologin Marie Jelenko vor allem durch biografische Dimensionen – sprich erlerntes Essverhalten – bestimmt. “Gerade bei der Qualität ist es aber sehr stark von der Ausbildung abhängig”, so die Co-Autorin der Studie “Ernährungsalltag im Wandel”, die über den typischen heimischen Speiseplan Aufschluss gibt.

Eine essenzielle Rolle spiele die Ausbildung wegen des Umgangs mit den heute sehr unübersichtlichen Informationen über das Thema Ernährung, erklärte Jelenko. Durch zahllosen Kampagnen und Werbeversprechen würden Desinformation einen großen Raum einnehmen. Wie genau man im Supermarkt “echte” Bio-Lebensmittel finden könne, sei vielen beispielsweise gar nicht klar. Bei der Interpretation und Aufnahme der verbreiteten Botschaften würden höhere Bildungsschichten eindeutig besser abschneiden.

Wissen und Bildungen haben demnach einen größeren Einfluss auf die Ernährung als das Einkommen. Sicher spiele das Budget eine Rolle, wenn es darum gehe, welche Lebensmittel leistbar und wo eingekauft werden könne, so Jelenko. Mit geringen Mittel sei es allerdings ebenso möglich “gesunde” Lebensmittel in einem Billig-Supermarkt zu suchen und sie entsprechend qualitätsvoll zuzubereiten. Wichtig sei nur zu wissen, wie es geht.

Ernährungsmuster werden auf gesellschaftlicher Ebene gelernt, einen großen Einfluss hat diese laut der Soziologin vor allem bei der Geschmacksbildung: Bekommen Kinder von Beginn an deftige und stark gewürzte Kost, wird ihnen anderes bald nicht mehr schmecken. Vor dem Hintergrund der enormen Bedeutung von Wissen wäre es notwendig, Kindern den Umgang mit Speisen und Ernährung gezielt zu vermitteln – beispielsweise durch das Mitkochen Zuhause oder Unterricht in der Schule, betonte Jelenko. “Es wäre wichtig so etwas institutionell zu verankern.”

Wie massiv sich äußere Umstände auf das Essverhalten auswirken, zeigt der Einfluss durch das stark in den Vordergrund getretene Berufsleben. Eine ökonomisch gelenkte Lebensweise, bei der schnell zwischendurch ein Snack als Hauptmahlzeit verzehrt werde, habe sich vor allem in städtischen Bereichen durchgesetzt, so Jelenko. Ein warmes Mittagessen gebe es heute nur mehr selten, die für die Familie gemeinsame Hauptmahlzeit wurde von vielen auf den Abend verschoben.

Neben der Fast Food-Kultur in den Städten gebe es in Österreich – vor allem auf dem Land – nach wie vor sehr traditionelle Esstypen, für die eine Mittags-Mahlzeit nur eine selbstgekochte, warme Speise sein kann, erklärte Jelenko. Die Zeitfrage habe sich trotz allem zu einem immer wichtiger werdenden Faktor entwickelt, daher hätten sich neben der typischen Hausmannskost viele kreative Formen der schnellen, guten Küche entwickelt.

Zwischen Frauen und Männern findet man laut der Soziologin nach wie vor große Unterschiede. “Nirgends existieren die Rollenbilder heute noch so deutlich wie bei der Ernährung”, zeigte sich Jelenko überzeugt. Während der weiblichen Bevölkerung die Verantwortung für Ernährung und somit auch Gesundheit zugeschrieben wird, sind Männer noch immer hauptsächlich Konsumenten, die gerne – auch alleine – außer Haus essen. Das Thema Gesundheit sei laut Untersuchungen bei allen Frauen im Ernährungskonzept verankert, aber vor allem mit dem Motiv, schlank sein zu wollen, verknüpft. In vielen Fällen würde statt der Qualität von Speisen eher die Frage “Macht es mich möglichst wenig dick?” im Vordergrund stehen.

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