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Bewegende Trauerfeier für Anna Lindh

Mit einer bewegenden Trauerfeier haben am Freitag mehr als tausend Gäste aus dem In- und Ausland der ermordeten schwedischen Außenministerin Anna Lindh gedacht.

Unter ihnen waren neben Lindhs Angehörigen und der schwedischen Königsfamilie zahlreiche europäische Kollegen, mit denen die 46-jährige teilweise enge persönliche Beziehungen unterhielt. Kurz vor der Feier im Rathaus von Stockholm beantragte die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft für den Hauptverdächtigen. Über den Stand der Ermittlungen, vor allem über das Ergebnis eines DNA-Abgleichs mit den Spuren am Tatort, bewahrte die Polizei weiter Stillschweigen.

Den zahlreichen Rednern auf der Trauerfeier war die Betroffenheit über den Tod der 46-jährigen Politikerin deutlich anzusehen. In einer sehr persönlichen Ansprache erinnerte Regierungschef Göran Persson an die populäre Politikerin als „Frau, Mutter, Tochter, Schwester, Kollegin, Freundin und Vorbild für viele“. Ihr Verlust tut „verdammt weh“, sagte Persson. Der Sozialdemokrat schilderte seine Parteikollegin als fröhliche und mitfühlende Frau, die bekannt gewesen sei für ihre „schnellen Kommentare“.

EU-Außenkommissar Chris Patten würdigte sie als lebendige, natürliche Kollegin, die es immer verstanden habe, ihre Rolle als Mutter und Ministerin auf würdevolle Weise unter einen Hut zu bringen. „Nur wenige Ereignisse können die Uhren anhalten – ein solches Ereignis ist der Tod von Anna Lindh“. Der griechische Außenminister Georgios Papandreou legte einen Olivenzweig vor ihrem Porträt nieder. Mehrere Redner zeigten auch offen ihr Mitgefühl für Lindhs Mann und ihre beiden 13 und neun Jahre alten Söhne.

Der Rahmen der Trauerfeier in der blauen Halle, in der normalerweise die Festbankette für die Nobelpreisträger ausgerichtet werden, war ebenfalls betont persönlich gehalten. Blauer Rittersporn schmückte den Saal in Erinnerung an Anna Lindhs Lieblingsfarbe. Mit Lindhs Lieblingslied „Ein Engel im Zimmer“ begann Popstar Eva Dahlgren die Feier. Neben den Rednern stand auf einer einfachen Staffelei ein Porträt der Verstorbenen, das eine strahlende Anna Lindh zeigte. Die Politikerin sollte am Samstag im engsten Kreis beigesetzt werden.

Lindh war am 10. September in einem Stockholmer Kaufhaus niedergestochen worden. Einen Tag später erlag sie ihren schweren Verletzungen. Am Dienstag nahm die Polizei einen 35-jährigen Mann fest, gegen den sie kurz vor Beginn der Trauerfeier Untersuchungshaft beantragte. Nach Angaben von Gerichtssprecherin Anita Andreasson besteht ein „niedriger“ Verdachtsgrad. Der Antrag solle der Polizei mehr Zeit für ihre Ermittlungen geben. Ohne richterlichen Beschluss hätte sie ihn am Freitag freilassen müssen. Das Gericht wollte am Nachmittag zu Beratungen zusammentreten, ein Termin für die Entscheidung stand zunächst aber nicht fest. Unter juristischen Experten galt als sicher, dass die DNA-Analyse des Mannes keine Übereinstimmung mit dem „genetischen Fingerabdruck“ auf einer in der Nähe des Tatortes gefundenen Baseball-Kappe gebracht hat, die dem Täter gehört haben könnte.

Wie schon in den vergangenen Tagen bewahrte die Polizei Stillschweigen über den Stand der Ermittlungen. In der Nacht zum Freitag hatte sie den Verdächtigen erneut verhört, wollte sich aber über dessen Aussage nicht äußern. Ebenso wenig war über die Ergebnisse eines DNA-Abgleichs zu erfahren, dessen vorläufige Resultate am Donnerstag eingetroffen waren. In einer Erklärung bestätigten die Ermittler lediglich, dass sie ihre Ermittlungen auf einen weiteren Kreis von Verdächtigen ausgedehnt haben.

17 Jahre nach der Ermordung des damaligen schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme steht Schwedens Polizei erneut unter schwerem Druck. Vor allem wird ihr vorgeworfen, die Außenministerin trotz vorheriger Zwischenfälle ohne Begleitschutz gelassen zu haben. Dagegen herrschten am Freitag ungewöhnlich scharfe Sicherheitsmaßnahmen: Die Straßen um das Rathaus wurden abgeriegelt, der Flugverkehr über der Hauptstadt eingestellt. Laut „Daily Expressen“ steht Kronprinzessin Victoria zudem seit einigen Tagen unter erhöhten Schutz, nachdem sie von fünf psychisch gestörten Männern belästigt worden war.

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