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Betrugsprozess in Wien: 29-jähriger Kaufmann soll Lebensmittel um 2,7 Mio. Euro ergaunert haben

In dem Betrugsprozess ging es unter anderem um tonnenweise Mehl und Zucker
In dem Betrugsprozess ging es unter anderem um tonnenweise Mehl und Zucker ©Rike/pixelio.de
Am Mittwoch steht ein 29-jähriger Kaufmann vor einem Wiener Schöffensenat. Der Mann soll unter anderem 500 Tonnen Weizenmehl, 12,5 Tonnen Zucker und 300.000 Fleischkonserven erworben haben, ohne diese bezahlen zu können. Der Betrugsprozess endet erst nächste Woche.

Mit der Vorgabe, die Lebensmittel  bezahlen zu können, soll der 29-jährige Kaufmann drei Lieferanten sowie eine Spedition, die zum Teil den Transport der Waren übernommen hatte, um insgesamt 2,7 Mio. Euro geschädigt haben.

Prozessbeginn am Mittwoch

Im Prozess, der am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht eröffnet wurde, ging es zusätzlich um 180.000 Euro, die der Mann einem russischen Unternehmer herausgelockt haben soll, für den er seinen Angaben zufolge als “Berater” tätig war. Der Russe wollte im Burgenland Millionen investieren, nachdem er eine Niederlassungsbewilligung erwirkt hatte und mit seiner Frau und fünf Kindern nach Österreich gekommen war.

Von der Errichtung einer modernen Fleischfabrik war die Rede, was sich allerdings zerschlug. Im Zusammenhang mit diesen Investitionsplänen soll es dem Angeklagten allerdings gelungen sein, dem Russen weiszumachen, dass eine gröbere Summe für einen verschuldeten Architekten benötigt werde. Den müsse man unbedingt an der Angel halten und daher seine Verbindlichkeiten tilgen, soll der 29-Jährige erklärt haben.

Kaufmann beteuert seine Unschuld

Dieser bekannte sich zu sämtlichen Vorwürfen nicht schuldig und behauptete in Bezug auf den Russen, bei der Summe, die er auf das Schweizer Bankkonto seiner Mutter überwiesen hatte, gegen die deswegen wegen Geldwäsche ermittelt wird, habe es sich um “Schwarzgeld” gehandelt, das ihm der Unternehmer überantwortet habe. Der Russe habe 180.000 Euro aus seinem Firmen-Konglomerat abzweigen und damit dem Blickfeld seiner Ehefrau entziehen wollen, um mit der Summe seine langjährige, ebenfalls in Wien wohnhafte Geliebte und deren “Sonderwünsche” finanzieren zu können, “die er seit zehn Jahren vor seiner Frau verbirgt”.

“Er hat ständig Probleme mit seiner Frau gehabt. Deswegen wollte er eine Ruhe. Er hat alles gewusst, wohin er bzw. ich alles überweisen. Ich war ja zu hundert Prozent auch in seinem Privatleben eingesetzt. Mein Leistungskatalog hat das inkludiert”, gab der 29-Jährige zu Protokoll.

“Bin nur ein Vermittler, das wissen alle”

Hinsichtlich der inkriminierten Lebensmittel-Lieferungen, die der 29-Jährige veranlasst haben soll, ohne dafür zu bezahlen, behauptete er, lediglich als Vermittler eingeschritten zu sein. Er sei niemals Vertragspartner der jeweiligen Lieferanten gewesen: “Ich habe in Russland und Mittelasien gearbeitet, und das auch erfolgreich. Ich bin nur ein Vermittler, das wissen alle. Meine Aufgabe ist es, einen Kunden zu finden und einen Verkäufer zu finden”. Wenn bei den Geschäften etwas schief gelaufen sei, dann nicht aus seinem Verschulden, betonte der Angeklagte.

Die 500 Tonnen Weizenmehl hatte ein Erzeuger im Juni 2009 nach Turkmenistan geliefert, nachdem der 29-Jährige einen Kaufvertrag einer russischen Firma präsentiert hatte. Angeblich gab es dann Probleme mit dem Zoll, so dass die Verzollung über eine panamesische Firma abgewickelt werden musste. Als das Geld für die Lieferung ausblieb und der 29-Jährige nicht mehr zu erreichen war, erkundigte sich der Hersteller beim angeblichen Abnehmer, der erklärte, nie Mehl aus Österreich bestellt zu haben.

Angeblich wegen Mängeln nicht bezahlt

Ähnliches spielte sich bei den 300.000 Fleischkonserven ab, deren Lieferung der 29-Jährige im April 2009 veranlasste. Das Dosenfleisch traf zwar in Turkmenistan ein, wurde aber nicht bezahlt. Auch das sei wie beim Mehl nicht seine Schuld gewesen, versicherte der Angeklagte: Der Endabnehmer habe wegen offensichtlicher Mängel nicht gezahlt. “Ausgemacht war Rindfleisch im eigenen Saft. In den Dosen war teilweise aber Schweinefleisch drinnen, und das ist in mohammedanischen Ländern schwer zu verkaufen”, bemerkte Verteidiger Michael Bereis.

Bei den 12,5 Tonnen Zucker schließlich soll laut Bereis eine zwischengeschaltete Bank den Deal vermasselt haben. Eine in Dubai ansässige Firma, die den Rohstoff in Brasilien geordert, den Transport nach Indien veranlasst und 60 Prozent des Kaufpreises vorab bezahlt hatte, sei der Gier der Bank zum Opfer gefallen. Diese habe seinen Mandanten, der das Geschäft eingefädelt hatte, “hinausgedrängt” und den Verlust verursacht, erklärte der Verteidiger.

Betrugsprozess zieht sich hin

“Es handelt sich um keinen Berufsverbrecher, sondern um eine seit Jahrzehnten im Handelsgewerbe tätige Familie, die sich nie etwas zuschulden hat kommen lassen. Die Familie ist vermögend, die hat so etwas gar nicht nötig”, meinte Bereis über seinen Mandanten.

Im Hinblick auf das rechtskräftige Urteil, das der Vater des 29-Jährigen im vergangenen Jahr zur Kenntnis nehmen musste, erschienen diese Ausführungen jedoch ein wenig rosarot gezeichnet. Der Mann, der gern gemeinsam mit seinem Sohn als potenter Kaufmann aufgetreten war, wurde im September 2011 im Wiener Landesgericht wegen schweren Betrugs zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Die mehrtägige Verhandlung gegen den Sohn soll in der kommenden Woche abgeschlossen werden, wenn der Betrugsprozess zum Ende kommt.

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