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Betrüger war auf liebesbedürftige Frauen spezialisiert: Prozess in Wien

Tausende von Euro hatte sich der Mann erlogen.
Tausende von Euro hatte sich der Mann erlogen. ©APA/Sujet
Ein 46-jähriger Wiener hatte es auf allein stehende, einsame Frauen abgesehen - und musste sich nun wegen Betrugs im Straflandesgericht verantworten.

Zunächst bandelte er über einen Erotik-Chat mit seinen späteren Opfern an und raspelte Süßholz. Nach dem persönlichen Kennenlernen brachte er laut Anklage sechs Frauen dazu, für ihn finanzielle Verpflichtungen einzugehen.

In allen Fällen ging der Angeklagte nach demselben Muster vor. Er führte die Frauen zunächst in ein Kaffeehaus oder zum Abendessen aus. Beim nächsten Treffen gab es meist einen üppigen Blumenstrauß und erste Zärtlichkeiten. Eine 52-Jährige – eigenen Angaben zufolge seit 20 Jahren ohne Partner – war wie verzaubert. “Endlich mal ein Mann, der lieb zu mir ist, der mich auf Händen trägt, der gut zu mir ist”, beschrieb sie als Zeugin ihre Gefühle. Eine 50-jährige Witwe gestand Richterin Martina Hahn: “Es hat sich etwas aufgebaut. Er hat mir einen Ring gegeben. Er wollte mich heiraten.”

Betrüger war verheiratet – und nutzte andere Frauen aus

In Wahrheit war der Mann längst verheiratet. Er hieß auch nicht Werner, Rene oder Gerhard, wie er sich den Frauen vorstellte. Er war auch nicht Sanitäter bei der Berufsrettung oder Operationsgehilfe im AKH, wie er ihnen vorgaukelte. Dafür allerdings neun Mal vorbestraft, großteils wegen Betrügereien. 2009 erlitt er im Gefängnis einen Herzinfarkt, wurde bedingt entlassen und musste nach der letzten Verurteilung seine Strafe gar nicht mehr antreten. Die Justiz ging von Haftunfähigkeit aus.

Das Leben in Freiheit nützte der Mann, um mehrere “Pantscherl” – wie er sich vor Gericht ausdrückte – einzugehen. Stets brachte er die Frauen dazu, in ihrem Namen Handy-Verträge abzuschließen, wobei sie die Geräte teilweise noch in den jeweiligen Geschäften ihm überließen. Eine seiner Liebhaberinnen – seinen Aussagen zufolge verkehrte er mit sämtlichen Frauen intim – schloss nicht weniger als zwölf derartige Verträge ab. “Er hat es immer so glaubhaft rüber gebracht”, meinte die 57-Jährige im Zeugenstand. Zuerst habe er von ihrem Geld ein privates und ein Diensthandy haben wollen: “Das Netz ist in seiner Wohnung nicht gegangen.” Also wurde ein drittes und viertes erworben: “Die sind ihm dann bei einer Autoreparatur kaputt geworden.” Die nächsten fielen dem Mann dann angeblich aus der Hemdtasche.

18.000 Euro erschwindelt

Die 57-Jährige kam nicht nur dafür auf. Sie gab dem Schwindler auch Geld für einen gemeinsamen Urlaub in Gran Canaria, der nie zustande kam. Insgesamt hätte ihr der Mann 18.000 Euro abgeluchst, rechnete die 57-Jährige der Richterin vor.

Gegen einige Frauen laufen mittlerweile Exekutionen, weil die Handy-Verträge weiter bezahlt werden müssen. Die 52-Jährige war am Boden zerstört, als sie zur Kenntnis nehmen musste, einem Betrüger aufgesessen zu sein. Als Einzige richtete sie in der Verhandlung direkt das Wort an den groß gewachsenen, übergewichtigen, nicht gesund wirkenden Angeklagten: “Wie kannst du so etwas machen?” Sie habe sich “nach 20 Jahren gedacht, wieder wen gefunden zu haben. Und dann wird man so enttäuscht.” Sie habe sich deshalb sogar “das Leben nehmen wollen”.

Frau zeigte Betrüger an – besuchte ihn aber in Gefängnis

Die erbeuteten Handys dürfte der Betrüger allesamt zu Bargeld gemacht haben, indem er sie weiterverkaufte. Der Mann bekannte sich großteils schuldig. Nur den letzten inkriminierten Fall gab er nicht zu. Bei der Betreffenden handle es sich um seine aktuelle Lebensgefährtin, deretwegen sich seine Frau jetzt von ihm scheiden lasse. Mit dieser werde er nach seiner Entlassung – der 46-Jährige befindet sich seit vergangenem Februar in U-Haft – zusammenleben: “Sie kommt mich besuchen. Sie schreibt mir die ganze Zeit. Sie wartet auf mich. Sie hat gesagt, sie meldet mich an, wenn ich rauskomm, damit alles seine Richtigkeit hat.”

Die Richterin reagierte verwundert, als sie erfuhr, dass das von der Staatsanwaltschaft geführte Opfer offenbar Gelegenheit hat, den mutmaßlichen Täter im Gefängnis zu besuchen. “Ja, wie geht das”, gab sich auch der Angeklagte erstaunt, “sie zeigt mich an und kommt mich dann besuchen?”

Am Ende fällte die Richterin ein Unzuständigkeitsurteil, weil der Gesamtschaden mehr als 50.000 Euro ausmachen dürfte. Damit fällt die Strafsache in die Zuständigkeit eines Schöffengerichts.

(APA)

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