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Betrüger lockte gierige Anleger mit Renditen von 75 Prozent

©bilderbox.at (Symbolbild)
Hochgebildete Wiener und Wirtschaftsexperten ließen sich von angeblichen Renditen bis zu 75 Prozent anlocken; das mutmaßliche Betrüger-Trio kassierte knapp drei Mio. Euro. Nun läuft der Prozess.

Von unglaublichen Gewinnversprechungen ließen sich zahlreiche vermögende, teils recht bekannte Wiener anlocken. Eine Firma namens “Vario Finance” machte ihnen Tradinggeschäfte schmackhaft, wobei Renditen von bis zu 75 Prozent in Aussicht gestellt wurden. Selbst Akademiker, Hochschulprofessoren und – zumindest was ihre Berufsbezeichnung betrifft – ausgewiesene Wirtschaftsexperten hielten diese “Luftschlösser” für realistisch. Am Dienstag folgte im Wiener Straflandsgericht das böse Erwachen.

Fantasiegebilde
Dort entpuppte sich die “Vario Finance” nämlich als das Fantasiegebilde des 63-Jährigen Ronald F. und seiner um zwei Jahre älteren deutschen Landsfrau Waltraut O. Der Mann gab unumwunden zu, ohne Vermögen und Einkommen zu sein: “Vom Arbeitsamt habe ich sogenanntes Arbeitslosengeld bekommen. Ich habe in den letzten 15 Jahren von meiner lieben Ehefrau gelebt.”

“Bill Smith” brachte den Stein ins Rollen
Dessen ungeachtet sei es ihm gelungen, in Nigeria ein Riesen-Geschäft “aus dem sogenannten Off Shore-Bereich” an Land zu ziehen, erzählte der ausgebildete Schifffahrtskaufmann dem Schöffensenat (Vorsitz: Georg Olschak): Ein Mann namens Bill Smith habe ihm einen Vertrag über 42,6 Mio. Euro angeboten. Er hätte lediglich fünf Millionen benötigt, um den dicken Fisch an Land zu ziehen. Dafür habe er über seine Bekannte Waltraut O. und deren “Vario Finance” Investoren gesucht.

Keine “kleinen Fische” geduldet 
Waltraut O. hatte sich seit 1998 in der Bundeshauptstadt Zugang in betuchte großbürgerliche Kreise verschafft, wo sie als bestens vernetzte Business-Frau aus der Hochfinanz auftrat. In Wahrheit arbeitete die 65-Jährige als Altenpflegerin. Dennoch schaffte sie es, ihren noblen Bekannten weiszumachen, man könne sich mit ihrer Hilfe an Geschäften beteiligen, wo “kleine Fische” normalerweise nicht geduldet würden. Doch habe sich eine “Finanzlücke” aufgetan, bei “absoluter Geheimhaltung” wäre eine Beteiligung ausnahmsweise möglich.

Schadenssumme: Fast drei Mio. Euro
Als Präsidentin der “Vario Finance” gab die Frau ihre Langzeitfreundin aus, eine 71 Jahre alte Pensionistin. Die Investments wurden auch auf deren Pensionskonto überwiesen und dann – so zumindest die Verantwortung der Angeklagten – auf Konten in der Karibik, Hongkong und Zypern verteilt. Zwischen Dezember 2002 und November 2007 schröpfte das Trio laut Anklage Dutzende gierige Anleger. 59 Fakten mit einer Schadenssumme von fast drei Mio. Euro sind in dem bis kommenden Freitag anberaumten Verfahren inkriminiert.

“Zahlungsagenten der nigerianischen Regierung”
Schuldbewusstsein war bei den Angeklagten kaum erkennbar. “Renditen von 30 Prozent waren für mich kalkulatorisch absolut machbar”, betonte Ronald F., der nicht nur äußerlich an einen Märchenonkel erinnerte. Er berief sich auf “kontinuierlichen Briefverkehr, die mir das aus Kreisen der Regierung bestätigt haben”. Die von der “Vario Finance” eingesammelten Gelder habe man auf Anweisung von “registrierten Zahlungsagenten der nigerianischen Regierung” weitergeleitet. Die Rückzahlung sei nur deshalb gescheitert, weil er unter Betrugsverdacht festgenommen wurde. Der Deutsche ist in seiner Heimat einschlägig vorbestraft.

Großteil der Beute verspielt?
In Wahrheit dürfte ein Großteil der Beute verspielt worden sein, vermutet die Staatsanwaltschaft. Waltraut O. hatte seit 2003 gezählte 212 Mal Casinos in Österreich und Deutschland beehrt. Allein im Jahr 2006 wurden 56 Besuche registriert. Mit ihrem Altenpflegerinnen-Gehalt dürfte dieses Hobby wohl sehr schwer vereinbar gewesen sein.

Im Falle von Schuldsprüchen drohen nun ihr, ihrer besten Freundin und Ronald F. jeweils bis zu zehn Jahre Haft.

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