AA

Bertie Ahern könnte abgelöst werden

Irland - Schon seit zehn Jahren ist Bertie Ahern irischer Ministerpräsident. Seine Wiederwahl in die dritte Amtsperiode bei der Parlamentwahl am Donnerstag ist jedoch unsicher.

Schon seit zehn Jahren ist Bertie Ahern irischer Ministerpräsident. Während dieser Zeit setzte sich der Wirtschaftsboom fort, der der Ansiedlung neuer Elektronik- und Computerfirmen Ende der 80er Jahre folgte und Irland zum „keltischen Tiger“ machte. Mit Blick auf diese Erfolgsbilanz strebt der Chef der konservativen Partei Fianna Fail bei der Parlamentswahl am kommenden Donnerstag (24. Mai) eine dritte Amtszeit an. Doch ob ihm das gelingen wird, ist unsicher.

Längst sind Wolken am irischen Wirtschaftshimmel aufgezogen. Insbesondere die Immobilienpreise sind dermaßen ins Uferlose gestiegen, dass angemessener Wohnraum kaum noch zu bezahlen ist. Gleichwohl hat die Nachfrage nicht nachgelassen – auch nicht bei den Konsumgütern. Das Wirtschaftswachstum, das in den 90er Jahren mehrmals zweistellige Quoten aufwies, ist zwar auf rund 5,5 Prozent zurückgegangen, liegt damit aber immer noch deutlich über dem Durchschnitt der Europäischen Union. Gejammert wird in Irland dennoch, aber auf hohem Niveau.

Gleichwohl bieten die „kleinen Sorgen“ Kritikern genug Anlass, die unternehmerfreundliche Wirtschaftspolitik der Regierung zu attackieren und mehr soziales Denken einzufordern. Die größte Oppositionspartei Fine Gael unter ihrem Vorsitzenden Enda Kenny wirft Ahern vor, die Gewinne aus dem Wirtschaftswachstum verschleudert und Wahlversprechen gebrochen zu haben. Der Taoiseach, wie das Amt des irischen Regierungschefs auf Gälisch heißt, hält dagegen, dass Kennys Vorschläge zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und der Kriminalitätsbekämpfung von seinen Budgetvorstellungen nicht gedeckt seien.

Fine Gael („die Familie der Gälen“) ist wie Fianna Fail („die Soldaten des Schicksals“) konservativ ausgerichtet. Die Unterschiede zwischen beiden Parteien sind historisch bedingt und gehen auf konträre Positionen im irischen Unabhängigkeitskampf zurück. Gleichwohl hat sich Fine Gael schon vor der Wahl mit der Labour Party von Pat Rabbitte verbündet. Damit könnte es zu einem Linksruck im Wirtschaftsparadies kommen.

In den Meinungsumfragen lagen Fine Gael und Labour lange Zeit mehr oder weniger gleichauf mit der jetzigen Regierungskoalition aus Fianna Fail und den liberalen Progressiven Demokraten unter Michael McDowell. Kurz vor der Wahl konnte Ahern jedoch deutlich aufholen. Sein Koalitionspartner indessen fiel in der Wählergunst auf zwei Prozent zurück, sah sich zum Kampf ums politische Überleben gezwungen und ging prompt auf Distanz zu Ahern. So verlangte McDowell eine öffentliche Erklärung des Regierungschefs zu Gerüchten, er habe als Finanzminister in den 90er Jahren dubiose Zuwendungen von Geschäftsleuten erhalten.

Letzten Umfragen zufolge kommen Fianna Fail und Progressive Demokraten – wenn sie denn noch koalieren wollen – zusammen auf etwa 43 Prozent. Das Oppositionslager könnte genau denselben Stimmenanteil erzielen – nämlich dann, wenn sich Fine Gael und Labour mit den Grünen unter Trevor Sargent zusammenschließen. Eine solche „Regenbogenkoalition“ gilt bei den Buchmachern ohnehin als die wahrscheinlichere Variante der künftigen Regierung in Dublin.

Doch selbst dann könnte die absolute Mehrheit der 166 Sitze im Dail Eireann verfehlt werden. Zünglein an der Waage wäre also Sinn Fein. Diese nationalistische Partei verspricht sich vor allem Stimmengewinne für ihre Rolle beim Friedensprozess in Nordirland und der kürzlichen Regierungsbildung in Belfast. Sinn-Fein-Chef Gerry Adams, bekannt aus der Nordirland-Politik, macht denn auch kräftig Wahlkampf im Süden der „Grünen Insel“ und hofft, die prognostizierten neun bis zehn Prozent für seine Partei noch zu steigern.

Allerdings haben sowohl Fianna Fail als auch Fine Gael geschworen, niemals mit Sinn Fein zusammenzuarbeiten. Wahrscheinlicher wäre ein Minderheitskabinett, das von Unabhängigen unterstützt wird. Auf diese Weise hat Ahern in seiner ersten Amtsperiode von 1997 bis 2002 regiert.

Den Erfolg des Friedensprozesses in Nordirland schreibt sich im Übrigen auch Ahern auf die Fahnen, der gemeinsam mit dem britischen Premierminister Tony Blair zehn Jahre lang daran gearbeitet hat. Beide Politiker kamen 1997 an die Regierung. Blair scheidet nunmehr aus dem Amt, und zwar freiwillig zum 27. Juni. Ahern wiederum könnte schon am kommenden Donnerstag unfreiwillig abgewählt werden. Damit würde zeitgleich in beiden Ländern der britischen Inseln eine Ära zu Ende gehen.

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • Bertie Ahern könnte abgelöst werden
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen