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Berlusconi im Ruby-Prozess letztinstanzlich freigesprochen

Es gibt weitere Ermittlungen gegen den 78-Jährigen
Es gibt weitere Ermittlungen gegen den 78-Jährigen
Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist im sogenannten Ruby-Prozess von Vorwürfen des Amtsmissbrauchs und des Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen gegen Bezahlung endgültig freigesprochen worden. Das oberste Gericht in Italien bestätigte am Dienstagabend nach stundenlangen Beratungen das Urteil in letzter Instanz. Damit ist keine weitere Berufung mehr möglich.
Berlusconis Freispruch bestätigt

Der 78-Jährige war zuvor in zweiter Instanz freigesprochen worden, nachdem er in erster Instanz 2013 zu sieben Jahren Haft und einem lebenslangen Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden, verurteilt worden war. Mit dem letztinstanzlichen Urteil geht ein Prozess zu Ende, der 2012 begonnen und international für Aufsehen gesorgt hatte. Monatelang war der dreimalige Ministerpräsident wegen des sogenannten Bunga Bunga-Skandals mit Callgirls in seiner Luxusresidenz im Rampenlicht gestanden.

Freispruch nach neunstündiger Beratung

Nach neunstündigen Beratungen urteilte das Kassationsgericht, dass der Milliardär während seiner Amtszeit als Premier 2010 nicht seinen Einfluss auf die Polizei genutzt hatte, um die Freilassung der wegen Diebstahls festgenommenen minderjährigen Nachtklubtänzerin Karima El Marough alias “Ruby Herzensbrecherin” aus dem Polizeigewahrsam zu erwirken. In Bezug auf den Vorwurf der Prostitution liege keine strafbare Handlung vor, urteilten die Richter. Berlusconi war vorgeworfen worden, für Sex mit Ruby gezahlt zu haben, als diese noch unter 18 Jahre alt war.

Kein Beweis, dass Berlusconi von Rubys Alter wusste

Staatsanwalt Eduardo Scardaccione hatte erklärt, er halte es nicht für glaubwürdig, dass Berlusconi nichts von Rubys Minderjährigkeit gewusst habe. Berlusconi selbst hatte die Vorwürfe stets bestritten. Sein Verteidiger Franco Coppi erklärte, es gebe keinen Beweis dafür, dass Berlusconi von Rubys Alter gewusst habe.

Die Anwälte Berlusconis feierten den Freispruch. Dieser sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass Berlusconi das wahre Alter der minderjährigen Marokkanerin “Ruby” nicht kannte, die in seiner Luxusresidenz in Arcore verkehrte, meinte Coppi.

Berlusconi: “Heute ist ein schöner Tag für die Politik”

Hoch erfreut hat sich auch Silvio Berlusconi gezeigt. “Die Wahrheit siegt. Heute ist ein schöner Tag für die Politik, die Justiz und den Rechtsstaat. Ich war mir sicher, dass ich meine Unschuld beweisen würde”, schrieb Berlusconi in einer am Mittwoch veröffentlichten Presseaussendung. Er bedaure jedoch, dass der Fall Ruby nicht nur ihm, sondern seiner “Familie, vielen unschuldigen Menschen und allen Italienern erhebliche Schäden zugefügt hat”, erklärte Berlusconi. “Ich danke den Richtern, die ihre Pflicht erfüllt haben, ohne sich von Mediendruck beeinflussen zu lassen. Was in anderen Ländern normal wäre, ist in Italien eine Mut- und Unabhängigkeitsprobe, die Respekt und Bewunderung verdient. Nachdem diese traurige Geschichte zu Ende ist, bin ich wieder engagiert, um mit meiner Partei Forza Italia und dem Mitte-Rechts-Block ein besseres, gerechteres und freieres Italien aufzubauen”, so Berlusconi.

Ex-Premier will zurück in die Politik

Der Ex-Premier verliert keine Zeit. Am Mittwoch koordinierte er ein Treffen mit seinen engsten Parlamentariern in Rom. Der 78-Jährige will sich um einen politischen Neustart seines Mitte-Rechts-Lagers bemühen. Wegen Berlusconis Abwesenheit infolge seiner Schwierigkeiten mit der Justiz hat seine konservative Gruppierung Forza Italia stark an Stimmen eingebüßt. “Berlusconi wird mit neuem Elan wieder am Wahlkampf teilnehmen und sich für jene Werte einsetzen, die er seit jeher verteidigt”, erklärte die Forza-Italia-Sprecherin Deborah Bergamini. Die Gruppe der Berlusconi-Parlamentarier hofft mit der Rückkehr des Medienunternehmers auf einen Neustart. “Unser Leader ist mit seinem mitreißenden Enthusiasmus wieder zurück”, freute sich die Forza-Italia-Abgeordnete Elena Centemero.

Sozialdienst erst am Freitag beendet

Erst am Freitag hatte Berlusconi seinen Sozialdienst in einem Mailänder Altersheim beendet. Diesen musste der Medienunternehmer seit Mai 2014 nach seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs ableisten. Dank einer Strafverkürzung von 45 Tagen wegen guter Führung konnte Berlusconi den Sozialdienst zehn Monate nach seinem Beginn beenden. Der 78-jährige Berlusconi rettete sich wegen seines Alters nach der rechtskräftigen Verurteilung im August 2013 vor dem Gefängnis.

Weitere Ermittlungen laufen noch

Der Mitte-Rechts-Politiker hat jedoch noch weiterhin Probleme mit der Justiz. Der Ruby-Skandal könnte ihm weiterhin Ärger machen. Der Fall ist für die Mailänder Staatsanwälte alles andere als geklärt. Derzeit laufen weitere Ermittlungen gegen Berlusconi. Er wird von der Mailander Staatsanwaltschaft beschuldigt, mit hohen Beträgen das Schweigen von Gerichtszeugen im Ruby-Prozess erkauft zu haben. “Ruby” soll in den vergangenen Monaten vom TV-Tycoon hohe Geldsummen kassiert haben. Laut den Ermittlern führe die 22-Jährige ein Leben, das mit ihren dem Steueramt gemeldeten Einkünften nicht finanzierbar sei, berichteten italienische Medien.

Die Berlusconi-Vertraute Nicole Minetti, die im vergangenen November zweitinstanzlich zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, weil sie für den TV-Unternehmer Frauen “beschafft” haben soll, streiche monatlich ein “Gehalt” von 15.000 Euro vom Ex-Premier ein, stellten die Mailänder Ermittler fest. Minetti gilt als Schlüsselzeugin in der Ruby-Affäre. Nach Ansicht der Ermittler sollen Berlusconi und seine Anwälte systematisch die Zeugen im “Ruby”-Prozess bestochen haben. Die Ermittlungen stehen vor dem Abschluss, Berlusconi und den weiteren Verdächtigen könnte ein Prozess drohen.

(APA)

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