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Berlusconi-Eklat entzweit EU-Parlament

Berlusconis Nazi-Sager, in der er dem Sozialdemokraten Martin Schulz die Rolle eines KZ-Aufsehers in einem Film nahegelegt hatte, spaltet nun die Fraktionen im EU-Parlament.

Die Sozialdemokraten (SPE) fordern eine „klare Entschuldigung“ Berlusconis bei Schulz sowie für den Auftritt insgesamt und sehen eine „Krise zwischen den Institutionen“, so SPÖ-Delegationsleiter und Vizevorsitzender der SPE, Hannes Swoboda, am Donnerstag. Zwar könne keine Rede von einem Abbruch der Beziehungen zwischen Parlament und Rat sein, aber „dass wir den Ratspräsidenten da oder dort zwicken, kann ich mir durchaus vorstellen“. Auch könnte das EU-Parlament dem Ratsvorsitzenden das Misstrauen wegen grober Verletzung seiner Pflichten aussprechen, was diesen zwar nicht zum Rücktritt zwingen würde, aber doch ein starkes politisches Signal wäre. Vorerst sei dies zwar nur die Haltung der Sozialdemokraten, aber auch bei Grünen und Liberalen gebe es Abgeordnete die ähnlich denken, meint Swoboda.

Demgegenüber „lehnen Präsidium und die Fraktion der Europäischen Volkspartei den Versuch der Sozialdemokraten vehement ab, aus dem gestrigen bedauernswerten Zwischenfall von Ministerpräsident Berlusconi und Martin Schulz einen interinstitutionellen Konflikt zwischen Europaparlament und Rat zu konstruieren“, wie es in einer Aussendung des ÖVP-Abgeordneten Othmar Karas heißt. „Wir werden diesen Versuch, politisches Kleingeld zu lukrieren und die notwendige Sacharbeit zu behindern, nicht zulassen“.

Die Europäische Volkspartei teilte in einer Pressemitteilung mit, Schulz habe mit seinen Bemerkungen Berlusconi und das italienische Volk „in unannehmbarer Weise angegriffen“. Schulz solle sich entschuldigen.

„Berlusconi hat sich für seine Aussagen entschuldigt. Das ist zur Kenntnis zu nehmen. Ebenso verlangen wir aber jetzt von SPD-Abgeordneten Schulz, sich für seine inakzeptablen Beschuldigungen gegenüber dem italienischen Ministerpräsidenten und amtierenden Ratspräsidenten zu entschuldigen,“ so auch Karas in seiner Aussendung. Berlusconi hatte vor der Fraktion der Europäischen Volkspartei gesagt, er habe das deutsche Volk nicht kränken wollen.

Auch die ÖVP-Delegationsleiterin Ursula Stenzel „nimmt die Entschuldigung Berlusconis zur Kenntnis“, wie es in einer Aussendung heißt. Berlusconi habe „klar gemacht, dass er vor allem auch nicht die Sensibilitäten des deutschen Volkes verletzen wollte. Ich glaube nun, dass man den Schatten, der mit diesem Zwischenfall auf den beginn der italienischen EU-Präsidentschaft gefallen ist, nicht überdimensional ausdehnen sollte“, so Stenzel. Die Entrüstung der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament habe absolut auch Methode und sei nicht nur moralisch-ethisch begründet.

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