“Das gibt mir die Möglichkeit, das Ganze abzuschließen”, sagte ein beim Anschlag schwer verletzter 52-Jähriger aus Schleswig-Holstein am Freitag der dpa. Es sei gut, dass das Gericht die Mitschuld des Deutschen eindeutig festgestellt habe.
Der Ingenieur hatte beim Attentat im Frühjahr 2002 seine Lebensgefährtin verloren. Sein Sohn wurde wie er selbst schwer verletzt. Auch französische Opfer zeigten sich zufrieden mit der Entscheidung der Richter. “Die Gerechtigkeit hat gesiegt”, sagte eine Nebenklägerin nach der Urteilsverkündung.
Das Pariser Gericht hatte es am Donnerstag als erwiesen angesehen, dass G. als Al-Kaida-Mitglied an der Planung des für 21 Menschen tödlichen Anschlags beteiligt war. Bei dem Attentat waren auch 14 deutsche Touristen ums Leben gekommen. Zusammen mit G. war der Bruder des tunesischen Selbstmordattentäters Nizar Nawar angeklagt. Ihn verurteilte das Gericht zu zwölf Jahren Haft, weil er dem Täter unter anderem falsche Papiere und ein Satellitentelefon besorgte.
G.s Anwalt Sébastien Bono kündigte an, vermutlich in Berufung gehen zu wollen. Das Urteil sei nicht akzeptabel und nicht nachvollziehbar. Die Staatsanwaltschaft habe einen “Krieg” gegen seinen Mandanten geführt. Eine Entscheidung über Rechtsmittel gegen das Urteil werde innerhalb von zehn Tagen fallen, sagte er am Freitag.
Als Belege für die Beteiligung des Deutschen hatte die Staatsanwaltschaft die zahlreichen Reisen des heute 42-Jährigen nach Afghanistan gewertet, bei denen er neben Osama bin Laden zahlreiche andere hochrangige al-Kaida-Mitglieder und den Attentäter Nizar Nawar traf. Kurz vor dem Anschlag hatte G. zudem einen Anruf von Nawar erhalten, in dem dieser ihn um “göttlichen Segen” bat und sagte “Vergiss nicht, für mich zu beten”.
Die deutsche Justiz hatte das abgehörte Gespräch ebenfalls ausgewertet und G. vernommen. Sie sah jedoch keine hinreichende Beweise für eine Mitwisserschaft des Duisburgers. Die sieben Richter in Paris mussten ihre Urteil – wie bei solchen Verfahren in Frankreich üblich – nicht begründen. Die Einigung auf “schuldig in allen Anklagepunkten” sei jedoch einstimmig gefallen.
Der 1986 zum Islam konvertierte G. sitzt bereits seit mehr als fünfeinhalb Jahren in Frankreich in Untersuchungshaft. Er bestritt bis zuletzt jegliche Mitwisserschaft und eine Al-Kaida-Mitgliedschaft. “Ich habe niemals von einem Attentat gewusst”, sagte der Vater von fünf Kindern in seinem Schlusswort. Seine Afghanistan-Reisen hätten nichts mit irgendwelchen Anschlagsplanungen zu tun gehabt. Sein Glaube und Geschäfte hätten ihn in die Region geführt. Die Anklage hatte 30 Jahre Haft für den Deutschen gefordert.
Die Festnahme G.s in Frankreich war möglich geworden, weil er 2003 aus Saudi-Arabien abgeschoben wurde. Dorthin war er nach den Vernehmungen in Deutschland im Jahr 2002 ausgereist. Die Abschiebung nach Deutschland erfolgte jedoch mit einem Flug mit Zwischenstopp Paris. Dort wartete bereits die französische Polizei. Die französischen Behörden hatten die Ermittlungen aufgenommen, weil bei dem Attentat auch zwei Franzosen starben.
G. hatte die Strafforderung in seinen Schlussworten als “unglaublich” bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft mache sich keine Gedanken darüber, wie es sei, wenn ein Unschuldiger mit 30 Jahren Haft konfrontiert werde. Aber dies sei ja egal, sagte G.. “Es geht ja nur um einen Muslim, der noch dazu Osama bin Laden kennt.” Als Hintergrund seiner Bekanntschaft mit Bin Laden nannte G. wiederholt die Zuckerkrankheit seiner Tochter. Der Al-Kaida-Chef sei wie seine Tochter auf Insulin angewiesen.