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Berger kommt von "Droge" Formel 1 nicht los

Zweimal ist Gerhard Berger schon zurückgetreten, um sein Leben ruhiger angehen zu lassen. 1997 als Formel-1-Pilot, 2003 als BMW-Motorsportdirektor.

Wie es aussieht, ist nun auch seine Tätigkeit als Hälfte-Eigentümer der Scuderia Toro Rosso endgültig keine “ruhige Kugel” mehr. Die bemerkenswerte Verkaufsankündigung durch Hälftepartner und Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz hat beim 48-jährigen Tiroler wieder den Kämpfer geweckt.

Die Formel 1 sei wie eine Droge, erklärte ein sichtlich nicht nur von der Hitze mitgenommener Berger nach dem Grand Prix in Malaysia, bei dem beide Autos ausgefallen waren. Die Ankündigung, dass Toro Rosso wegen des Wegfalls der Kundenauto-Regelung bis 2010 zum Verkauf steht, dürfe laut Berger kein Grund sein, dass nun im Team die Moral sinke. Seine Mannschaft bestehe aus Kämpfern, betonte Berger und deutete im Interview mit der APA – Austria Presse Agentur zudem an, dass er nicht ausschließen möchte, dass Red Bull nicht doch Partner des Teams bleiben könnte.

APA: Wie enttäuschend war nach dem sensationellen Auftakt in
Australien der Doppelausfall in Malaysia?
Berger: “Ich sehe es weniger als Rückschlag. Vielmehr sind wir
zurück in der Realität. Vettel war bis zum Ausfall Zwölfter, dort
gehören wir hin. Und dass Bourdais das Auto schon in der ersten Runde
ablegt, kann passieren.”

APA: Wieviel Unruhe hat die Verkaufsankündigung ins Team gebracht?
Berger: “Die Situation hat sich schnell beruhigt. Wir werden
kontinuierlich versuchen, das Team weiter auszubauen. Wenn Maßnahmen
zu treffen sind, werden Red Bull, Dietrich Mateschitz und ich sicher
die richtige Lösung finden. Wir sind jetzt jeden Tag in Kontakt
gewesen und sind das auch weiterhin.”

APA: Wie sieht die mittelfristige Zukunft von Toro Rosso aus und
warum soll verkauft werden?
Berger: “Heuer passiert einmal gar nichts, dass hat Didi
(Mateschitz/Anm.) so gesagt. Wenn sich das Reglement in diese
Richtung entwickelt, ist es einfach nicht realistisch, weiter ein
zweites Team so auszubauen. Wir haben diesbezüglich einige Freunde in
der Boxengasse verloren. Jetzt müssen wir beide schauen, dass das
Team nicht unter die Räder kommt.”

APA: Wie realistisch ist das?
Berger: “Erstens will Mateschitz das sowieso machen und zweitens
ist mit ihm genügend Substanz und Kraft da, für eine gewisse Zeit
etwas auszugleichen, bis man die beste Lösung hat. Ich würde also
nicht ausschließen, dass Red Bull nicht doch am Ende die Lösung
bleibt.”

APA: Wie steht es um die Moral im Team. Viele Mitarbeiter sind
schon einmal “verkauft” worden?
Berger: “Wer mit Schwierigkeiten nicht umgehen kann, ist bei uns
falsch am Platz. Formel 1, das ist Kampf an allen Fronten. Als
Top-Team kämpfst du genauso mit Gegenwind wie als unabhängiges Team
eben mit Verkaufs- und finanziellen Gerüchten. Das ist Teil des
Geschäftes. Wer mit dieser ständig gereizten Atmosphäre nicht umgehen
kann, zerbricht. Das ist auch bei den Fahrern so.”

APA: Gutes Stichwort. Sie sind zweimal schon ausgestiegen aus dem
“Irrsinn” Formel 1. Stimmt der Eindruck, dass Sie jetzt wieder mit
mehr Herzblut denn je dabei sind?
Berger (lacht): “Stimmt! Als in Sepang bei Vettel der Rauch
aufging, habe ich mir an der Boxenmauer gedacht: Gratuliere Gerhard!
Das hast du gut gemacht, jetzt bist wieder mittendrin in der Sch… .
Wo du doch vor ein paar Jahren gesagt hast, jetzt reicht es.”

APA: Kommen Sie vom Motorsport nicht los?
Berger: “Es ist wie eine Droge. Man kommt nicht weg, wenn man
einmal so tief und lange in diesem Geschäft drin steckt.”

APA: Gilt das indirekt auch für Dietrich Mateschitz?
Berger: “Ich möchte ihm nicht vorgreifen. Ich kann nur sagen, dass
bei mir viel Herzblut drin ist. Aber natürlich sehe ich das auch bei
ihm. Wer weiß, vielleicht finden wir Wege, die machbar sind.
Vielleicht ist es aber auch nur ein Wunschgedanke und ich bin ein
Träumer. Ich kann mir derzeit niemand anderen als Red Bull
vorstellen.”

APA: Ihr derzeit größter Wunsch zum Thema Verkauf?
Berger: “Dass ich darüber beim nächsten Mal erst wieder nächstes
Jahr sprechen muss.”

(Das Gespräch führte Hans Gödel/APA in Sepang)

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