Der ungarische Außenminister Laszlo Kovacs hat die Benes-Dekrete – Grundlage für die Enteignung und Vertreibung von Sudetendeutschen und Magyaren aus der ehemaligen Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg – als “überlebt“ bezeichnet. Auf der anderen Seite sieht er darin kein Hindernis für den EU-Beitritt Tschechiens oder der Slowakei, sagte Kovacs in einem Interview mit der tschechischen Tageszeitung „Mlada fronta Dnes“ (Montag-Ausgabe).
„Die Benes-Dekrete haben sich überlebt. Darin sind wir und mit der ehemaligen Regierung (von Viktor Orban, Anm.) einig. Wir unterscheiden uns aber darin, dass wir nicht sagen, dass die Tschechische Republik oder die Slowakei nicht der EU beitreten können, wenn sie diese Dekrete nicht aufheben. Aus praktischer oder prinzipieller Sicht ist das nicht möglich“, sagte Kovacs.
Darauf angesprochen, dass man von keiner tschechischen Regierung die Aufhebung der Benes-Dekrete bzw. eine Distanzierung davon erwarten könne, erklärte der ungarische Außenminister, er halte es für nicht unmöglich, dass die ungarischen und tschechischen Politiker darüber diskutierten. „Für unsere Historiker ist dies sogar Pflicht. Ich bin aber sicher, dass sich daraus keine Spannungen erbeben werden“, so Kovacs.
Dass der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus prinzipiell die Aufhebung der Benes-Dekrete ablehnt, wird laut Kovacs „keinen Schatten“ auf seinen geplanten Besuch in Ungarn in diesem Jahr werfen. „Ich kenne den Standpunkt des Herrn Präsidenten. Er hatte diese Meinung schon früher als Ministerpräsident und Parlamentsvorsitzender“, betonte der ungarische Außenminister.