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Bemühen um Aufnahme irakischer Flüchtlinge in Deutschland

Für seine Initiative zur Aufnahme irakischer Flüchtlinge, die religiösen Minderheiten angehören, erhält der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) Unterstützung vom Koalitionspartner SPD.

“Die Größenordnung sollte im fünfstelligen Bereich liegen, alles andere wäre ungenügend”, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy, der Zeitung “Die Welt” vom Dienstag. Maßstab für die Aufnahme solle allerdings der Verfolgungsstatus und nicht die Religionszugehörigkeit sein, sagte der Sozialdemokrat. Schäuble hatte vorgeschlagen, vorrangig irakischen Christen Zuflucht zu gewähren, deren Lage sich dramatisch verschlimmert hat.

Schäubles Initiative soll am Donnerstag in Brüssel von den EU-Innenministern beraten werden. Allerdings will der französische EU-Ratsvorsitz nach Angaben von EU-Diplomaten beim Treffen einen stark abgeschwächten Kompromissvorschlag vorlegen. Darin gibt es nur noch einen allgemeinen Appell an die Mitgliedstaaten, in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) mehr Iraker aufzunehmen. So droht Schäubles Initiative im Sande zu verlaufen.

Ursprünglich wollte Schäuble in einer gemeinsamen Initiative mit den deutschen Länder-Innenministern verfolgten Christen aus dem Irak helfen. Nach erster Kritik aus der EU lenkte der CDU-Politiker aber ein und sprach nur noch vom Schutz religiöser Minderheiten. Auch diese Zielgruppe hat der französische EU-Vorsitz nach Diplomatenangaben nun “sehr offen formuliert”. UNHCR-Chef Antonio Guterres (Portugal) hatte die EU-Staaten angesichts der kriegsähnlichen Lage im Irak erst am Mittwoch zu einem entschiedenen Handeln aufgerufen.

Im Irak und in der Region leben schätzungsweise fast fünf Millionen Flüchtlinge. Nach Angaben von Guterres schwankt die Anerkennungsquote in den EU-Ländern zwischen “null und 90 Prozent”. Wegen des liberalen Rechts gingen im vergangenen Jahr fast die Hälfte der rund 40.000 irakischen Asylsuchenden in der EU nach Schweden. In Deutschland gab es 5760 positive Asylbescheide für Iraker.

Vor der US-Invasion 2003 lebten im Irak rund 850.000 Christen, etwa drei Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Hälfte von ihnen soll nach Angaben von Hilfsorganisationen seither geflohen sein. Während es im Süden des Irak kaum noch christliches Leben gibt, harren in Bagdad, vor allem aber im Norden weiterhin christliche Gemeinden aus, deren Lage sich dramatisch verschlechtert hat. Dutzende Kirchen wurden niedergebrannt, viele Christen ermordet, Diskriminierung und Anfeindung sind an der Tagesordnung. Wer als Christ erkannt werde, sei oft Zielscheibe brutalster Verfolgung, wie Geistliche berichteten. Die Mehrheit der Christen im Irak gehört zu der mit Rom unierten chaldäisch-katholischen Kirche, deren Oberhaupt, der in Bagdad residierende Patriarch von Babylon, Kardinal Emmanuel III. Delly, die Befürchtung ausgedrückt hat, dass es innerhalb einer Generation keine Christen mehr im Irak geben werde.

Der chaldäisch-katholische Erzbischof von Kirkuk, Louis Sako, bezeichnete die erzwungene Emigration der irakischen Christen als “Tragödie”. Das in apostolische Zeit zurückreichende “christliche Erbe” des Zweistromlandes müsse erhalten werden. Viele Christen wurden von fanatischen Islamisten zur Flucht gezwungen und sehen für sich und ihre Kinder keine Zukunft. Der Apostolische Nuntius in Bagdad, Erzbischof Francis Chullikatt, hatte erklärt, vor allem Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten sähen sich wegen der dauernden Gewalt zur Flucht gezwungen. Mehr als fünfzig christliche Geistliche kamen im vergangenen Jahr bei Mordanschlägen ums Leben, so auch der entführte chaldäische Erzbischof von Mossul, Mar Paulos Faraj Rahho, dessen Leichnam auf einer Müllhalde gefunden wurde. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte kürzlich in Berlin vier irakische Bischöfe empfangen. Diese wollten verhindern, dass durch Hilfe von außen Anreize zur Flucht ins Ausland geschaffen werden.

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