Einem starken Polizeiaufgebot gelang es kurz nach 20.00 Uhr, die Situation im Belgrader Stadtzentrum unter Kontrolle zu bringen. Randalierer hatten zuvor die US-Botschaft in Brand gesteckt, zwei Filialen der Raiffeisen-Bank wurden durch Steinwürfe beschädigt.
In das Belgrader Klinikzentrum wurden nach Angaben des Direktors Dusan Jovanovic bis kurz vor 21.00 Uhr 78 verletzte Personen, darunter mehrere Polizisten, eingeliefert. Zur sofortigen Einstellung der gewaltsamen Proteste forderte am Abend Staatspräsidenten Boris Tadic auf. Die Gewalt würde den Kosovo nur von Serbien entfernen, warnte der Präsident.
Bevor die Polizei in der Fürst-Milos-Straße, in der sich unweit des serbischen Außenministeriums die polnische, US-amerikanische, kroatische, kanadische und deutsche Botschaften befinden, die Ordnung herstellte, hatten die Randalierer rund eine Stunde lang etliche diplomatische Vertretungen demoliert. Am schwersten betroffen war die US-Botschaft, die kurz vor 19.00 Uhr in Brand gesetzt wurde.
Die Randalierer drangen in das Gebäude über den Balkon im ersten Stockwerk ein und zündeten die Konsularabteilung im Erdgeschoß an. Die US-amerikanische Flagge am Gebäude wurde durch eine serbische Staatsflagge ersetzt. Von der kroatischen Botschaft wurde ebenfalls die Flagge weggerissen und angezündet, ebenso ein vor dem Gebäude geparkter Wagen. Ein Auto brannte auch vor der kanadischen Botschaft. Die nahe gelegene deutsche Botschaft wurde laut Augenzeugen ebenfalls beschädigt.
Zuvor hatten die Randalierer mit Bierdosen und Steinen auch die Botschaften der Türkei und Bosnien-Herzegowinas unweit des Parlamentes beworfen. Ein Versuch, in die britische Botschaft einzudringen, scheiterte. Gut bewacht waren am Abend die österreichische, die französische und die slowenische Botschaft, die sich unweit der Kalemegdan-Festung und weiter weg von der Fürst-Milos-Straße befinden.
Nachdem eine Sonderpolizeieinheit zur Terrorismusbekämpfung durch Einsatz von Tränengas und Gummigeschoßen die Randalierer aus der Fürst-Milos-Straße vertrieben hatte, wurde der Brand in der US-Botschaft gegen 20.00 Uhr gelöscht. In den Nebenstraßen plünderten kleinere Randalierergruppen allerdings die sich dort befindenden Geschäfte. Plünderer drangen auch in das einstige größte Warenhaus im Stadtzentrum, die “Beogradjanka” ein. Laut Augezeugen waren auf den Straßen haufenweise junge Menschen mit Kleidungsstücken und Sportschuhen aus den geplünderten Geschäften zu sehen.
Appelle zur Einstellung der gewaltsamen Proteste kamen am Abend auch aus dem Innenministerium. Zuvor waren von diversen Randalierergruppen erneut zwei McDonald’s-Restaurant im Stadtzentrum demoliert worden, die bereits in den letzten Tagen angegriffen worden waren. Zerschlagen wurden auch die Schaufenster zweier Raiffeisenbank-Filialen.
Die Belgrader Polizei ging an zehn verschiedenen Stellen gegen die Randalierer vorg. In der Terazije, der führenden Geschäftsstraße, wurden den Medien zufolge praktisch alle Schaufenster zerschlagen. In der anliegenden Fußgängerzone Fürst-Mihajla-Straße wurden ebenfalls Sportausrüstungsgeschäfte geplündert. Die teuren Modegeschäfte nebenan blieben aber intakt. Überall im Stadtzentrum wurden Mülltonnen umgekippt und angezündet.
Washington hat laut dpa die serbischen Behörden unterdessen aufgefordert, die diplomatische Vertretung zu schützen. Die US-Regierung sei mit den entsprechenden Stellen im Kontakt, damit Serbien seine internationalen Verpflichtungen erfülle, sagte der Sprecher des US- Außenministeriums, Sean McCormack, am Donnerstag. Seinen Angaben zufolge befand sich zum Zeitpunkt des Angriffes nur Sicherheitspersonal in der US-Botschaft. Die USA waren unter den ersten Ländern, die die Unabhängigkeit des Kosovos anerkannten.
Der Belgrader Sender B-92 war am Abend von einem großen Polizeiaufgebot bewacht, nachdem eine Randalierergruppe versuchte, in das Gebäude einzudringen. Der Sender befindet sich weit vom Stadtzentrum im Stadtviertel Neu-Belgrad. Der erste Nachbar ist die Belgrader Raiffeisenbank-Zentrale. Den Medienberichten nach war sie allerdings nicht das Ziel der Randalierergruppen.
An der von der Regierung im Stadtzentrum veranstalteten Protest-Kundgebung nahmen offiziellen Schätzungen nach bis zu 200.000 Menschen teil.