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Belgrad erwartet „grünes Licht“ von EU

Serbien hofft, dass bei dem EU-Gipfel mit den Westbalkan-Staaten in Saloniki auch „grünes Licht“ für den Stabilisationsprozess gegeben wird.

Kurz vor dem Saloniki-Gipfel wird in Belgrad mit Hilfe von EU-Experten noch rasch an einem Aktionsplan für die wechselseitige Anpassung der Zollsysteme Serbiens und Montenegros gebastelt, der als Voraussetzung für die Anfertigung der Studie gesehen wird.

Seitens der EU war laut den Medienberichten eine Korrektur des zuvor von Belgrad und Podgorica angefertigten Aktionsplans gefordert worden. Sie betrifft vor allem die Bestimmungen, wonach die Zölle für 56 landwirtschaftliche Produkte in Montenegro niedriger bleiben sollen, bis das Land seinen Jahresbedarf aus dem Import gedeckt hat. Dadurch werden die serbischen Landwirte direkt benachteiligt, da sich Montenegro offenbar nicht in Serbien versorgen will.

Vor dem heutigen Gespräch mit den EU-Experten, die bei der Änderung des Aktionsplans behilflich sein sollen, hat der montenegrinische Finanzminister Miroslav Ivanisevic erklärt, dass eine weitere Gefährdung des Lebensstandards der montenegrinischen Bevölkerung durch eine Zollanhebung für Podgorica inakzeptabel sei.

In Serbien hatte sich in den letzten Wochen als Kritiker des Aktionsplans vor allem die Expertenpartei G17plus erwiesen, die an seiner Anfertigung nicht beteiligt war. Ihre Experten hatten wiederholt gerade auf die Benachteiligung der serbischen Landwirte hingewiesen.

Serbien-Montenegro wird in Saloniki mit einer großen Delegation vertreten sein, was nicht zuletzt ein Ergebnis des komplizierten Staatsgebildes ist. Neben dem gemeinsamen Staats- und Regierungschef Svetozar Marovic und Außenminister Goran Svilanovic werden nach Saloniki auch die Regierungschefs der beiden Teilstaaten, Zoran Zivkovic und Milo Djukanovic, reisen. Das Kosovo wird eine eigene Delegation unter Führung des UNMIK-Chefs Michael Steiner nach Saloniki entsenden, deren Mitglieder neben dem Kosovo-Präsidenten Ibrahim Rugova und Regierungschef Bajram Rexhepi auch der einzige Serbe in der Kosovo-Regierung, Milorad Todorovic, sein wird.

Der serbische Vizepremier Nebojsa Covic, der für den Kosovo zuständig ist, hat seine Reise nach Saloniki in Frage gestellt. Die Belgrader Behörden haben den Standpunkt eingenommen, dass zwischen Serbien und dem Kosovo keine direkten Gespräche aufgenommen werden, solange Steiner im Amt ist. Er soll im August einen Nachfolger bekommen.

Die Unzufriedenheit Belgrads mit dem UNMIK-Chef hatte sich nach der neulichen Ermordung einer Serbenfamilie in Obilic bei Pristina und den Ausschreibungen für die Privatisierung erster Kosovo-Betriebe noch vertieft. Man will dem unbeliebten UNMIK-Chef nicht die Freude bereiten, erste direkte Gespräche zwischen Belgrad und Pristina als eigenen Erfolg zu verbuchen.

In der Erwartung des EU-Gipfels hatten offizielle Belgrader Stellen optimistische Prognosen über das Tempo verbreitet, in welchem sich Serbien-Montenegro an die EU annähern könnte. Der serbische Regierungschef Zivkovic hatte wiederholt seine Erwartung bekundet, dass der Staat bereits im Jahre 2007 EU-Mitglied werden könnte. Die Expertenpartei G17plus ist da wesentlich weniger optimistisch. Der Staatenbund habe keine Chance, vor 2015 EU-Mitglied zu werden, warnen ihre Mitglieder.

Der übersteigerte Optimismus hat Auswirkungen. Mehrere Meinungsumfragen haben vor Kurzem gezeigt, dass die EU in Serbien noch nie so populär war. Der Stabilisations- und Assoziationsprozess wird nun gar von 85 Prozent der Bürger Serbiens unterstützt.

Außenminister Svilanovic hatte letzte Woche in Sarajewo bei einem Vorbereitungstreffen mit seinen Westbalkan-Amtskollegen darauf hingewiesen, dass wegen zu hoher Erwartungen der Saloniki-Gipfel auch Enttäuschungen bringen dürfte. Seine Stellvertreterin Jelica Minic, die im Außenministerium für die europäische Integrationen zuständig ist, erwartet von Saloniki ebenfalls keinen spektakulären Erfolg. „Man wird noch viel tun müssen, um den Fluss zu überqueren und an das andere Ufer zu gelangen“, sagte Minic der Wochenzeitschrift „Vreme“. Beim Saloniki-Gipfel wird ihrer Ansicht nach nur der Startschuss „für den Beginn des Marathonlaufes“ abgefeuert werden.

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