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Belgische Regierung zerbrochen

Zwei Wochen vor den belgischen Parlamentswahlen ist die Koalitionsregierung von Premierminister Guy Verhofstadt am Sonntag zerbrochen.

Zwei Regierungsmitglieder der belgischen Grünen (Ecolo) kündigten ihren Rücktritt aus der Brüsseler Regierungskoalition an. Verkehrsministerin Isabelle Durant und der Energie-Staatssekretär Olivier Deleuze wollten wegen eines Streits um Nachtflugrouten dem belgischen König Albert II. ihre Rücktrittsschreiben vorlegen, meldeten die Nachrichtenagentur Belga und der Rundfunksender RTBF am Sonntagabend.

Regierungschef Guy Verhofstadt hatte Durant Stunden zuvor von ihrer Zuständigkeit für den Luftverkehr entbunden, wie der Stellvertreter Verhofstadts und Außenminister Louis Michel nach einem Krisentreffen sagte. Hintergrund der Krise ist der Streit zwischen der Grünen-Ministerin und dem liberalen Regierungschef um Routen für Nachtflüge ab Brüssel. Michel erklärte, Arbeitsministerin Laurette Onkelinx von den Sozialisten übernehme von Verkehrsministerin Durant die Zuständigkeit für den Luftverkehr.

Im Jänner hatte die Regierung beschlossen, zur Entlastung der flämischen Bevölkerung im Norden von Brüssel die Nachtflüge über die Hauptstadt zu lenken. Am Mittwoch stoppte die Verkehrsministerin die Nutzung der neuen Routen und forderte Sicherheitsgutachten. Trotz einer ultimativen Forderung Verhofstadts, für nachts startende Flugzeuge neue Routen über dem Brüsseler Stadtgebiet auszuweisen, blieb die Ministerin bei ihrer Anordnung. In Fernsehinterviews am Sonntagabend ließ Durant bereits anklingen, dass sie zurücktreten werde, sobald ihr die Zuständigkeit für den Luftverkehr offiziell entzogen wird.

Nach der Krisensitzung am Sonntag warf die Verkehrsministerin ihren Kabinettskollegen und Verhofstadt „politischen Terrorismus“ vor. Sie hätten ihr keine 24 Stunden für die Prüfung alternativer Flugrouten zugestanden. Durant wollte vor einer Entscheidung die Brüsseler Stadtverwaltung anhören. „Mit der Pistole an der Schläfe“ werde sie jedenfalls nicht handeln, sagte Durant zu Verhofstadts Forderung. Die Sozialisten, die ebenfalls an der Regierungskoalition beteiligt sind, hatten als Kompromiss eine leichte Änderung der umstrittenen Flugrouten über Brüssel vorgeschlagen.

Der Ärger um die Flugrouten ist eng mit dem Sprachenstreit in Belgien verbunden. Derzeit sind vom nächtlichen Fluglärm vor allem die niederländischsprachigen Flamen im Brüsseler Umland betroffen. Die geplante Änderung würde auch die überwiegend französischsprachige Bevölkerung in der Hauptstadt aus dem Schlaf schrecken. Ministerin Durant gehört den französischsprachigen Grünen Ecolo an. Regierungschef Verhofstadt ist Mitglied der Partei der flämischen Liberalen VLD. Die flämische Schwesterpartei der Ecolo-Grünen, Agalev, gehört Verhofstadts Regierung weiterhin an. Am 18. Mai wird in Belgien ein neues Parlament gewählt.

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