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Belgien: Rechtsradikale auf Vormarsch

Bei den Kommunalwahlen in Belgien hat die fremdenfeindliche Partei Vlaams Belang am Sonntag in Flandern deutliche Stimmgewinne erzielt.

In ihrer Hochburg Antwerpen musste sie sich allerdings den flämischen Sozialisten von Bürgermeister Patrick Janssens geschlagen geben, wie die Endergebnisse zeigten. Auch in Brüssel behauptete der sozialistische Bürgermeister Freddy Thielemans sein Amt. In der Wallonie verloren die seit Jahren dominierenden Sozialisten jedoch. Die regierenden flämischen Liberal-Demokraten von Ministerpräsident Guy Verhofstadt erlitten Verluste.

Laut repräsentativen Teilergebnissen legte der Vlaams Belang am Sonntag in Flandern um 7,6 Prozentpunkte auf einen Stimmenanteil von 20,8 Prozent zu. Demnach wurde die Partei in sieben Kommunen stärkste Kraft, in ihrer bisherigen Hochburg Antwerpen verfehlte sie jedoch entgegen den Vorhersagen die Mehrheit.

Die flämischen Sozialisten erzielten in der zweitgrößten Stadt des Landes 35,8 Prozent. Das war im Vergleich zu 20 Prozent im Jahr 2000 ein deutlicher Zugewinn. Vlaams Belang kam mit mehr als 33 Prozent der Stimmen auf den zweiten Platz, was ein halber Prozentpunkt mehr als bei der letzten Wahl ist. Im Vorort Schoten erreichte die Rechtspartei mit einer früheren Miss Flandern an der Spitze der Liste den Spitzenplatz. Der christdemokratische Bürgermeister des Ortes schloss eine Koalition mit ihr aus.

Im Mai hatte ein rassistisch motivierter Todesschütze in Antwerpen für Entsetzen und Betroffenheit gesorgt, als er auf offener Straße eine zweijähriges Mädchen und dessen afrikanische Kinderfrau erschoss und eine Türkin schwer verletzte. Dies dürfte zum unerwartet schwachen Abschneiden des Vlaams Belang beigetragen haben. Der Antwerpener Bürgermeister Janssens zeigte sich zufrieden damit, dass es möglich sei, die VB mit positiven politischen Projekten zu stoppen. Vlaams-Belang-Chef Frank Vanhecke feierte den Wahlausgang aber trotzdem als “13. Sieg in Folge“.

Die christdemokratische Partei CDV des flämischen Regionalpräsidenten Yves Leterme und die Sozialisten gehörten in Flandern ebenfalls zu den Gewinnern der Wahl. Verhofstadts Liberal-Demokraten erlitten wie in den Umfragen vorausgesagt eine schwere Niederlage. Sie büßten fast durchweg Stimmen ein. In Verhofstadts Heimatstadt Gent können sie aber mit den Sozialisten weiter regieren. „Wir haben zwei schwierige Jahre hinter uns und die Regierung schwierige Monate, aber wer vorne an Deck steht, fängt mehr Wind“, sagte der Premierminister, der auf nationaler Ebene eine Koalition mit den Sozialisten führt. Diese mussten vor allem in der Wallonie Einbußen hinnehmen und verloren unter anderem ihre absolute Mehrheit im Stadtparlament von Charleroi. Zulegen konnten im französischsprachigen Landesteil die Christdemokraten.

Die Abstimmung galt vor der Parlamentswahl im kommenden Jahr als Stimmungstest für die Brüsseler Regierung, deren Zukunft nach mehreren Skandalen als ungewiss gilt. Verhofstadt gab sich jedoch überzeugt, dass die Regierung bis zur Parlamentswahl wieder vieles an Boden gut machen werde.

Flandern und Wallonien driften seit langem politisch auseinander. Die wirtschaftlich erfolgreicheren Flamen verlangen zunehmend Unabhängigkeit und stellen inzwischen auch landesweite Ausgleichsmechanismen wie in der Sozialversicherung in Frage.

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