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Belarus-Oppositionelle Tichanowskaja in Wien

Swetlana Tichanowskaja kam heute in Wien an.
Swetlana Tichanowskaja kam heute in Wien an. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Die weißrussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja wurde am Donnerstag in Wien empfangen. Unterstützung für ihre Demokratiebewegung erhielt sie seitens der ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS.

Im Rahmen ihres zweitägigen Wien-Besuches hat die weißrussische (belarussische) Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja am Donnerstag die außenpolitischen Sprecher von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS im Parlament getroffen. Bei dem von der Grünen Vertreterin Ewa Ernst-Dziedzic initiierten Treffen drückten alle Parlamentsparteien außer der FPÖ, die der Einladung nicht folgte, ihre Unterstützung für die Demokratiebewegung in Weißrussland aus.

Die Einladung Tichanowskajas nach Österreich sei ein "wichtiger, konkreter Schritt, um gemeinsam und gezielt Druck auf den Machthaber (Alexander, Anm.) Lukaschenko auszuüben, betonte Ernst-Dziedzic. Die stellvertretende Grüne Klubchefin hatte die ehemalige Präsidentschaftskandidatin, die seit der Wahl im August in Litauen im Exil lebt, bereits vor einigen Wochen am Rande einer Konferenz in Bratislava getroffen.

Unterstützung für Tichanowskaja zugesichert

"Sie haben unsere volle Unterstützung", sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner während des kurzen Aufeinandertreffens im Ausweichquartier des Parlaments in der Wiener Innenstadt. "Sie sind sehr mutig", so der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Reinhard Lopatka.

Ernst-Dziedzic und der außenpolitische Sprecher der NEOS, Helmut Brandstätter, wollten wissen, welche konkreten Schritte Österreich und die EU setzen können, um die Oppositionsbewegung in Weißrussland zu unterstützen. "Reden Sie über die Situation in Weißrussland", antwortete Tichanowskaja. "Unsere Gesellschaft braucht ihre Unterstützung." Es sei aber auch wichtig, wirtschaftlichen Druck aufzubauen. "Wenn ausländische Staaten aufhören, in Unternehmen zu investieren, die das Regime unterstützen, wird es dieses hart treffen", so die Oppositionspolitikerin. Der einzige Ausweg sei Druck.

Wie bereits zuvor im APA-Interview erwähnte sie die Rolle österreichischer Unternehmen wie etwa A1, das mit fünf Millionen Abonnenten die Nummer zwei am Mobilfunkmarkt in Weißrussland ist. Österreich habe dadurch "große Macht" in dem Land.

Österreich erkannte Lukaschenko nicht als Präsidenten an

Gleichzeitig bedankte sich Tichanowskaja dafür, dass Österreich den seit 1994 regierenden Lukaschenko nach der Wahl im August nicht als Präsident anerkannt hatte und dass "die gesamte EU" bei den anschließend verhängten Sanktionen "so geeint" aufgetreten war.

Der ebenfalls am Donnerstag bei der OSZE in Wien präsentierte Bericht des Grazer Völkerrechtler Wolfgang Benedek, der von umfangreichen Menschenrechtsverletzungen in Weißrussland spricht, spiele eine "sehr große Rolle" hinsichtlich der künftigen Unterstützung der Demokratiebewegung in ihrem Land, meinte Tichanowskaja gegenüber der APA. Durch die "Beweise", die Benedek für seine Erkenntnisse liefere, werde auch den westlichen Staaten ermöglicht, "noch stärker und mutiger" gegenüber Lukaschenko aufzutreten.

Wirtschaftlicher Sanktionen kaum möglich

Zwar sei Österreichs Handhabe "sehr gering", sagte Ernst-Dziedzic, angesprochen auf mögliche wirtschaftliche Sanktionen, im Gespräch mit der APA. Vor allem dürften diese nicht die Bevölkerung treffen. "Unsere Aufgabe ist es vor allem, unsere Solidarität mit der Demokratiebewegung sichtbar zu machen, so wird der Druck (auf das Regime, Anm.) automatisch erhöht", sagte sie. Positiv zeigte sie sich gegenüber der Idee von Visum-Erleichterungen für die weißrussische Bevölkerung, beispielsweise auf universitärer Ebene.

Nach dem Treffen mit den Parlamentsvertretern stand für Tichanowskaja ein Gespräch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf dem Programm. Am morgigen Freitag nimmt die ehemalige Präsidentschaftskandidatin an einem Runden Tisch mit der weißrussischen Zivilgesellschaft teil.

Kurz: Volle Unterstützung für Zivilgesellschaft

Nach einem Treffen mit der weißrussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einmal mehr die "volle Unterstützung Österreichs" für die Demokratiebewegung und die Zivilgesellschaft in dem Land bekundet. Österreich begrüße das Engagement und den "unermüdlichen Einsatz" Tichanowskajas und der belarussischen Zivilgesellschaft, hieß es nach dem Treffen am Donnerstag aus dem Bundeskanzleramt auf APA-Anfrage.

Demnach brachte Kurz in dem Gespräch auch seine Unterstützung für das derzeit laufende EU-Sanktionenpaket zum Ausdruck. Es sei "richtig und wichtig, gezielt gegen jene Personen vorzugehen, die Wahlbetrug, Wahlfälschung betrieben und friedliche Demonstrationen unterdrückt hätten", so der Kanzler. Erst gestern brachte die EU neue Strafmaßnahmen - diesmal auch gegen den seit fast drei Jahrzehnten autoritär regierenden Machthaber Alexander Lukaschenko - auf den Weg. Die Sanktionen sollen unter anderem ein Einreiseverbot umfassen.

Angesprochen auf die Rolle österreichischer Unternehmen hieß es aus dem Bundeskanzleramt, dass diese "auch ein Fenster nach Europa" seien, "das man gerade jetzt nicht schließen sollte". Österreich habe aber die durch die weißrussischen Behörden angeordnete Internetblockade bereits im August deutlich kritisiert und dazu aufgefordert, diese umgehend aufzuheben, hieß es mit Blick auf den Internetprovider A1, der von der Regierung in Minsk dazu gezwungen wurde, im Zuge der Proteste das Mobilfunknetz stillzulegen.

Erstes Treffen mit Kurz

Während Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) Tichanowskaja schon einige Male getroffen hatte, war es das erste Treffen des Kanzlers mit der früheren Präsidentschaftskandidatin. Bereits nach der Wahl im Sommer, bei der sich Lukaschenko zum Wahlsieger erklärt hatte, forderte Kurz freie und faire Wahlen. Die EU erkennt das Wahlergebnis nicht an. Am Donnerstag betonte er erneut die "Notwendigkeit eines inklusiven nationalen Dialogs". Die in Wien ansässige Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) könne hier eine tragende Vermittlerrolle einnehmen.

Vor dem Gespräch mit Kurz war Tichanowskaja mit Vertretern der Parlamentsparteien zusammengetroffen, die ebenfalls Solidarität mit der Oppositionsbewegung bekundeten. Zudem standen Treffen mit OSZE-Botschaftern auf dem Besuchsprogramm der weißrussischen Politikerin. Am morgigen Freitag wird nimmt sie an einem Runden Tisch mit der weißrussischen Zivilgesellschaft sowie an der Konferenz eines ThinkTanks teil.

(APA/red)

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