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Reizwort Wahlbeobachter: Kanzler Kern und Innenminister Sobotka im Clinch

Wolfgang Sobotkas Vorschlag zur Änderung des Wahlbeisitzer-Systems trifft auf wenig Zustimmung
Wolfgang Sobotkas Vorschlag zur Änderung des Wahlbeisitzer-Systems trifft auf wenig Zustimmung ©APA
Der Vorschlag von Innenminister Wolfgang Sobotka, Wahlbeobachter der OSZE zur Stichwahl um das Bundespräsidentenamt einzuladen, stößt bei Bundeskanzler Christian Kern auf wenig Gegenliebe. Sobotka zeigt sich nun "erschreckt" von Kerns "Unkenntnis".

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bleibt bei seinem Wunsch, für die Wiederholung der Bundespräsidentschafts-Stichwahl Wahlbeobachter der OSZE einzuladen. Über Skepsis von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) an diesem Vorhaben zeigte sich der Ressortchef am Montag erstaunt: Er sei “erschreckt” von dessen “Unkenntnis”, denn die Einladung von Wahlbeobachtern sei seit 2007 gelebte Praxis.

Neben Beobachtermissionen bei der Bundespräsidentschaftswahl 2010 und der Nationalratswahl 2013 seien auch bei der EU-Wahl im Jahr 2014, aber auch beim ersten und zweiten Wahlgang der diesjährigen Bundespräsidentschaftswahl Wahlbeobachter der Organisation in Österreich anwesend gewesen, betonte der Minister am Montagnachmittag. Beim ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl im Frühjahr habe es sich um rund 40 Beobachter gehandelt, so Sobotka vor Journalisten. “Ich habe geglaubt, dass das jeder in der Republik auch weiß, dass Wahlbeobachter zum ständigen Prozedere gehören.” Es würden ja auch immer wieder österreichische Parlamentarier zu OSZE-Beobachtermissionen eingeladen, so der Minister.

Warum Sobotka Wahlbeobachter nicht ausladen will

Die Wahlbeobachter auszuladen, “wie der Bundeskanzler das meint, das hieße, wir hätten etwas zu verheimlichen”, sagte Sobotka. “OSZE-Beobachter gehören zum internationalen Geschäft, sie sind selbstverständlich auch von uns einzuladen.” Er habe bereits – am heutigen Montag – einen Brief ans Außenministerium gesendet, mit der Bitte, die Wahlbeobachter offiziell einzuladen. Dies sei auch im Februar so passiert “und das passiert jetzt wieder”, sagte Sobotka.

“Ich bin nicht bereit, in irgendeiner Form, Wahlbeobachter, die gesetzlich vorgesehen sind, auszusperren.” Österreich könne sich auch nicht aussuchen, was kontrolliert wird. Er könne sich nur etwas wünschen – und das habe er auch getan, indem er den Wunsch geäußert habe, dass die Bezirkswahlbehörden besonders in Augenschein genommen werden.

Kritik an Idee zum Schöffen-System

Nicht näher äußern wollte sich Sobotka am Montag zu seinem Vorschlag, Laien – analog zu Schöffen im Gericht – als Wahlbeisitzer zu verpflichten. Dieses Thema wolle er erst nach Vorliegen des schriftlichen Urteils des Verfassungsgerichtshofs zur Wahlaufhebung diskutieren.

Grundsätzlich gab es für die Idee einiges an Kritik. Selbst sein Parteikollege, ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, plädierte für die Beibehaltung des bestehenden Systems mit Parteienvertretern. Auch die Opposition zeigte sich nicht begeistert. Lopatka meinte im Ö1-“Mittagsjournal”, dass die Parteien Vertreter als Wahlbeisitzer entsenden sei ein gutes System. Diese seien auch besonders motiviert. Dieses System entspreche auch internationalen Standards. Lopatka tritt aber für eine bessere Bezahlung ein.

Auch FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan sieht in erster Linie die Parteien gefragt. Es sei deren Aufgabe, die Wahlbeisitzer zu organisieren.

NEOS sind “skeptisch”, Team Stronach hält “gar nichts” davon

Der geschäftsführende Parlamentarier der Grünen, Dieter Brosz, ist zwar “diskussionsbereit”, er gibt jedoch zu bedenken, dass man sich die Folgen des Sobotka-Vorschlages genau anschauen müsse. Für ihn erhebt sich etwa die Frage, ob es Strafen für Personen geben soll, die nicht erscheinen. Sympathischer sei ihm ein Pool an Personen, aus denen man die Beisitzer schöpfen könne, meinte Brosz gegenüber der APA. Nötig wäre dafür eine “vernünftige Abgeltung”. Brosz hält die Freiwilligkeit für besser als eine Verpflichtung. Vorstellen kann er sich auch, dass die Beisitzer zwar bei der Stimmenauszählung dabei sind, bei der Stimmabgabe aber nur Beamte vertreten sind. Das derzeitige System hält Brosz für nicht mehr zeitgemäß. Er gibt zu bedenken, dass es vor allem für kleinere Parteien schwierig sei, in allen Gemeinden Freiwillige zu finden, außerdem sei für die Auszählung der Briefwahlstimmen mehr Personal nötig.

NEOS-Verfassungssprecher Niki Scherak zeigte sich “skeptisch”. Er glaubt nicht, dass man Wahlbeisitzer mir Schöffen vergleichen kann. Seiner Ansicht nach sollten weiter die Parteien Vertrauenspersonen entsenden, auch um die gegenseitige Kontrolle zu gewährleisten. Er plädiert auch dafür, dass die Entschädigung “ausreichend” und in ganz Österreich einheitlich sein sollte. Über die genaue Höhe könne man diskutieren.

“Gar nichts” hält Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar von dem Sobotka-Vorschlag. Dass die Parteien die Beisitzer stellen, sei gut so, weil man sich damit gegenseitig auf die Finger schauen könne. Lugar ist gegen eine Zwangsverpflichtung, weil diese Personen dann nicht motiviert wären. Er stellt sich stattdessen ein Anreizmodell vor und will die Aufwandsentschädigung vereinheitlichen und auf 100 Euro pro Tag erhöhen.

(APA/Red.)

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