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Beinschab-Einvernahme bei Karmasin-Prozess verschoben

Am Donnerstag gibt eins keine Einvernahme von Sabine Beinschab.
Am Donnerstag gibt eins keine Einvernahme von Sabine Beinschab. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Donnerstag ist der Prozess gegen Sophie Karmasin am Wiener Landesgericht fortgesetzt worden. Die Einvernahme von Sabine Beinschab wurde jedoch verschoben. Der Prozess wurde auf 16. Mai vertagt.
Karmasin bekannte sich "nicht schuldig"
Start des Prozesses gegen Karmasin

Am Wiener Landesgericht standen am Donnerstag erste Zeugenbefragungen beim Prozess gegen Ex-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) und einen Abteilungsleiter am Programm.

Einvernahme von Kronzeugin Beinschab in Karmasin-Prozess verschoben

Die ursprünglich für Donnerstagnachmittag geplante Einvernahme der Kronzeugin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Sabine Beinschab, wurde kurzfristig abgesagt und auf 16. Mai verschoben. Zusätzlich wird es noch einen weiteren Verhandlungstermin geben - die Urteile dürften demnach am 23. Mai fallen. Ausschlaggebend dafür, dass Beinschab nicht zu Wort kam, war die stundenlange Befragung eines auf Vergaberecht spezialisierten Beamten im Sportministeriums. Vor allem Verteidiger Norbert Wess wollte von dem Zeugen Details zur Beauftragung und Vergabe der drei von der Anklage umfassten Studien an Karmasin wissen.

Karmasin von Sektionschef bei Prozess massiv belastet

Der Sektionschef für Sport im Ministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport belastete die Ex-Ministerin dabei insofern massiv, als er Karmasins Darstellung, wonach von vornherein klar gewesen sei, dass sie Studien-Aufträge bekommen würde, deutlich zurückwies.

Karmasin hatte beim Prozess-Auftakt am vergangenen Dienstag erklärt, sie habe vom Ministerium jeweils per Direktvergabe den Auftrag bekommen, mehrere Studien durchzuführen. Aus "Formalitätsgründen" habe das Ministerium nachträglich Vergleichsangebote einholen wollen, und nur deshalb habe sie nach scheinbaren Konkurrentinnen gesucht, die ebenfalls ein Angebot stellen könnten. Dem widersprach nun der als Zeuge geladene Sektionschef im Sportministerium deutlich. "Ihr ist nie mitgeteilt worden, dass sie den Auftrag bekommen wird", sagte er. Auch könne er sich "an nichts Gesagtes" erinnern, das so verstanden werden hätte können. "Ich habe ihr nichts versprochen", betonte der Beamte.

Sektionschef beschreibt Auftagsvergabe an Karmasin

Der Sektionschef schilderte dann auch wie es dazu gekommen war, dass Karmasin die Aufträge erhalten hatte. Eine "Kollegin aus dem Kabinett" habe ihm eine Visitenkarte gegeben, daraufhin habe er sich zuerst alleine mit Karmasin getroffen. Sie habe ihm dort das Forschungsfeld der Verhaltensökonomie vorgestellt. Da er Interesse daran zeigte, trafen sich der Sektionschef, der ihm unterstellte zweitangeklagte Abteilungsleiter, Karmasin und ein Vertreter des Instituts für höhere Studien (IHS) wenig später erneut.

Nach diesem Termin habe es in weiterer Folge eine Besprechung mit dem damaligen Generalsekretär gegeben, bei der neben dem Sektionschef auch der Zweitangeklagte anwesend war. Die Untersuchungsmethode sei "ein gutes Tool, um Menschen wieder in Bewegung zu bringen", sagte der Sektionschef.

"In einem Ministerium wird anders gearbeitet als in der Privatwirtschaft"

Wie genau die Auftragsvergabe abgelaufen sei, könne er heute nicht mehr sagen. Klar sei aber, dass bei derartigen Vergaben immer Vergleichsangebote eingeholt wurden: "Das war in unserem Ministerium so gehandhabt". In seinem Haus würden sogar strengere Reglen als andernorts gelten: "Ich kann Dinge, die über 85.000 Euro ausmachen, nicht genehmigen. Das geht über die Präsidialstelle und das Generalsekretariat."

Inhaltlich sei man sehr zufrieden gewesen mit dem Angebot, "ich denke aber schon, dass es möglich gewesen wäre, jemand anderem den Auftrag zu geben". Mit der zunächst ersten Studie sei die Ex-Ministerin deshalb beauftragt worden, weil "aufgrund der Aktenlage hervorgegangen ist, dass Karmasin den Zuschlag bekommt". Er habe daher "den Werkvertrag genehmigt", erläuterte der Spitzenbeamte: "In einem Ministerium wird anders gearbeitet als in der Privatwirtschaft." Bei der Auftragsvergabe habe er auf seine Mitarbeiter vertraut.

Sektionschef will keinen Kontakt mit Sabine Beinschab gehabt haben

Nicht gewusst habe er, bei wem die Vergleichsangebote für die Studien eingeholt wurden. Ebenso wenig, dass der Kontakt zu Sabine Beinschab und der zweiten Meinungsforscherin durch Karmasin bestand. Auf die Frage, ob im Zusammenhang mit den Studien-Vergaben "von oben" Druck gekommen sei, erwiderte der Sektionschef: "Ja, es kann sein, dass ich Druck weitergegeben habe. Ich habe aber über mir auch noch Leute gehabt, die den Druck an mich weitergegeben haben könnten. Druck ist unser tägliches Brot. Ob das so war, weiß ich aber nicht mehr."

Dass sich der hochrangige Beamte und die Ex-Familienministerin auch persönlich gut verstanden, stellte der Zeuge nicht in Abrede: "Es hat durchaus auch private Kontakte gegeben." Dass die Ex-Politikerin daraus womöglich beruflich nutzen zu ziehen trachtete, legt ein Nachrichten-Austausch zwischen den beiden nahe, der vor Gericht erörtert wurde. Meinungsumfragen seien derzeit leider kein Thema, bedauerte Karmasin in einer ersten Nachricht. "Da finden wir eine Lösung", erwiderte der Sektionschef. Und weiter: "Wir werden ein Projekt erarbeiten." Die Antwort Karmasins: "Echt? Du bist und bleibst spitze."

Vorwurf gegen Karmasin wegen Bezusfortzahlungen

Karmasin soll nach ihrem Ausscheiden aus der Politik den Zuschlag für drei inkriminierte Studien für das Sportministerium erhalten haben, indem sie zwei Mitbewerberinnen dazu brachte, von ihr inhaltlich vorgegebene und vorab besprochene Schein-Angebote an das Ministerium zu übermitteln. Eine der beiden war für Donnerstagvormittag als Zeugin geladen. Die Absprache sei dabei über Beinschab gelaufen, so die Zeugin, die immer wieder mit Beinschab bei Studien zusammenarbeitete. "Sie (Beinschab, Anm.) hat mich gefragt, ob ich so ein Angebot machen würde. Es war aber ohnehin klar, dass Sophie Karmasin den Auftrag bekommen sollte". Lediglich eine "Order" aus dem Ministerium "im letzten Moment" habe verlangt, Vergleichsangebote für die Studien einzuholen. "Mir wurde genau vorgegeben, wie das Angebot aussehen soll", sagte die Zeugin. Gehabt hätte sie von diesen Scheinangeboten wenig. Beim ersten Mal gar nichts, beim zweiten Mal habe sie in kleinem Umfang mitgearbeitet. "Ich wurde einfach um einen Gefallen gebeten".

Bei der dritten Studie sei sie dann ausgeschieden. "Ich wusste ja von Anfang an, dass das nicht in Ordnung war. Ich hatte von Anfang an ein schlechtes Gewissen (..). Wenn sie den Auftrag bekommt, dann ist das so, aber ich wollte nicht mehr mithelfen, dass das so ist, und das habe ich beiden (Karmasin und Beinschab, Anm.) gesagt".

Die WKStA hatte in dieser Sache auch gegen die als Zeugin aussagende Meinungsforscherin wegen Beitragstäterschaft ermittelt. Dieses Verfahren wurde diversionell erledigt, laut WKStA hat die Frau bereits gemeinnützige Leistungen erbracht.

Mitarbeiter im Sportministerium zur Vergabe der Studien an Karmasin

Wie die Karmasin-Studien zustande kamen und beauftragt wurden, erläuterte ein langjähriger, aufs Vergaberecht spezialisierter Mitarbeiter im Sportministerium. Bei der ersten Besprechung im Ministerium habe Karmasin "ein relativ vollständiges Konzept zum Bewegungsmonitoring" vorgelegt: "Es hat vom Inhalt her gut ausgeschaut." Das Design und die Auswertung habe gefallen, eine "direkte Zusage" habe es aber bei diesem Termin noch nicht gegeben, betonte der Beamte und widersprach damit Karmasin: "Definitiv nicht. Wir haben keine Freigabe gehabt." Es seien zwei weitere Vergleichsangebote verlangt worden, um den Leistungs- und Kostenumfang beurteilen zu können: "Man wollte es von oben."

Zwar sei in weiterer Folge Sabine Beinschabs Angebot billiger gewesen, er habe aber Karmasin als Bestbieterin beurteilt: "Ich gehe nicht nach dem Billigstbieter-Prinzip." Die Beauftragung habe sich dann infolge des Ibiza-Videos und der Regierungsumbildung verzögert, "aber dann haben wir das Okay bekommen, dass wir das beauftragen dürfen." Die zweite Studie - es ging um Frauen in Vereinssport - sei zwar "ein Sektionschef-Projekt" gewesen, eine "Anordnung", dass Karmasin damit beauftragt würde, habe es aber nicht gegeben, meinte der Zeuge. Es sei aus seiner Sicht unproblematisch, "wenn sich jemand was wünscht und es entspricht dem Vergaberecht", betonte der Jurist. Er bzw. die Vergaberechtsabteilung habe nicht den Eindruck gehabt, dass die Beauftragung Karmasins abgesprochen war: "Es hätte keiner Lunte gerochen. In unserer Abteilung hätte keiner den Eindruck gehabt, dass da etwas abgesprochen war. Zuschanzen hätte man viel eleganter machen können."

Karmasin soll sich laut Anklage nach ihrem Ausscheiden aus der Politik auch widerrechtlich Bezugsfortzahlungen erschlichen haben, indem sie Bediensteten des Bundeskanzleramts verschwieg, dass sie ihre selbstständige Tätigkeit nach ihrer Amtszeit als Ministerin nahtlos fortsetzte. Inkriminiert sind 78.589,95 Euro, die Karmasin vom 19. Dezember 2017 bis zum 22. Mai 2018 zu Unrecht bezogen haben soll. Die 56-Jährige hatte dazu beim Prozessauftakt am vergangenen Dienstag erklärt, sie habe nach ihrem Ausscheiden aus dem Ministeramt nicht in das Familienunternehmen zurückkehren können, das man aufgrund ihrer politischen Karriere abgeben habe müssen, und aus einem in Aussicht gestellten Job sei nichts geworden. Deshalb habe sie gutgläubig "sicherheitshalber Entgeltfortzahlung beantragt".

Vermögenslage von Karmasin soll Bezugsfortzahlungsanspruch entgegenstehen

Oberstaatsanwalt Adamovic dürfte sie mit dieser Verantwortung nicht überzeugt haben. Er präsentierte zu Beginn des heutigen Verhandlungstages im Großen Schwurgerichtssaal "sachverhaltsrelevante Dokumente", wie er sich ausdrückte, die nach Ansicht der WKStA Täuschungshandlungen der Ex-Ministerin untermauern und widerlegen, dass sie Anfang 2018 keine Erwerbstätigkeit ausgeübt habe. Bei den zusätzlichen Beweismitteln handelt es sich um Chat-Auswertungen, vor allem auch Nachrichten, die Karmasin mit ihrer ehemaligen Mitarbeiterin Beinschab ausgetauscht hatte.

Laut Adamovic soll die Ex-Ministerin schon 2017 - also noch während ihrer Amtstätigkeit - Vorträge geplant und fixiert sowie Honorarverhandlungen geführt haben. Im November und im Dezember 2017 habe sie "ganz grundsätzlich eine Zusammenarbeit mit Beinschab konkret vorbereitet" und ein Business-Modell schriftlich fixiert, legte der Oberstaatsanwalt dar. Abschließend verwies der WKStA-Vertreter auf die "gute Vermögenslage" der Ex-Ministerin, die nach seinem Dafürhalten dem gesetzlich vorgesehenen sechsmonatigen Bezugsfortzahlungsanspruch entgegenstehen, der nur einkommenslosen aus dem Amt geschiedenen Ministerinnen bzw. Ministern zusteht. Am Ende des heutigen Verhandlungstags stellte Adamovic dann einen Beweisantrag zur Ergründung der Vermögensverhältnisse Karmasins, die sich zu diesem Thema vor Gericht bedeckt hielt. Sollte die Ex-Politikerin verurteilt werden, sei ihre vermögensrechtliche Situation für allfällige Strafzumessungsgründe wesentlich.

(APA/Red)

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