Mit seiner Einschätzung soll der Energie-Experte Recht behalten. Denn: Die Untersuchungen der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zur Sprit-Preisgestaltung in Österreich sind abgeschlossen, den VN liegt nun exklusiv der Schlussbericht vor. Das Ergebnis: Kein Argument der Multis ist mit Fakten belegbar.
Ergebnisse im Detail
Transportkosten: Die Untersuchung der Transportkosten hat gezeigt, dass bei Mineralölimporten aus Deutschland keine höheren Kosten anfallen als bei einer Vergleichsstrecke innerhalb Österreichs, heißt es im Bericht. Ein höherer Transportkostenanteil könne nur bei Importen aus Italien festgestellt werden. Naheliegend seien jedoch überwiegend Mineralölimporte aus Süddeutschland. Konkret: Die Transportkosten können laut der Untersuchung der BWB keinen erheblichen Einfluss auf das überdurchschnittliche Treibstoff-Preisniveau in Vorarlberg haben.
Marktsituation: Vorarlberg weist den höchsten Anteil an sogenannten Major-Tankstellen auf. Will heißen: Im Unterschied zu anderen Bundesländern ist das Tankstellennetz in Vorarlberg überproportional von den Multis OMV, Shell, BP dominiert, Diskonter sind Mangelware. Eine Analyse der Spritpreise zeigt, dass Treibstoffe bei Major-Tankstellen erheblich teurer zu erstehen sind als bei freien Tankstellen, heißt es im Bericht. Die BWB bezeichnet die Tankstellenstruktur als eine der Hauptgründe, dass Vorarl-berg bei den Treibstoffen zu den Hochpreisländern in Österreich zählt. Grundstücks- und Errichtungskosten: Auch Grundstücks- und Errichtungskosten haben laut der BWB keinen ausschlaggebenden Einfluss auf die Treibstoffpreise.
Die Schlussfolgerung hohe Grundstückspreise hohe Treibstoffpreise sei jedenfalls nicht zulässig. Kfz-Dichte: Vorarlberg weist die zweithöchste Anzahl an Kraftfahrzeugen pro Tankstelle auf. Aufgrund der umliegenden Hochpreisländer in Bezug auf Treibstoff existiert keine entsprechende Ausweichmöglichkeit, wird im Bericht argumentiert. Folglich liege die Schlussfolgerung nahe, dass die dort herrschende Nachfrage zu höheren Spritpreisen führt. Weit gefehlt, wie der Vergleich mit anderen Bundesländern zeigt: Auch in Tirol ist der Sprit überdurchschnittlich teurer das Nachbar-Bundesland hat jedoch zugleich die geringste Kfz-Dichte pro Tankstelle.
Pro-Kopf-Einkommen: Auch das Argument, in Vorarlberg sei das Pro-Kopf-Einkommen überdurchschnittlich hoch, wird von Seiten der BWB widerlegt: In unserer Analyse kann gezeigt werden, dass Vorarlberg zwar ein mittleres Pro-Kopf-Einkommen aufweist, bei der Betrachtung der Kaufkraft allerdings auf den hinteren Plätzen liegt, schreibt die Behörde. Als Ursache für das überdurchschnittlich hohe Treibstoff-Preisniveau sei dieses Argument nicht zulässig.
Verbrauch: Als Indiz für die überdurchschnittlich hohen Treibstoffpreise in Vorarlberg bezeichnet die BWB den hohen Treibstoffverbrauch pro Tankstelle bzw. pro Kraftfahrzeug. Dieser erhöhte Verbrauch ist unter anderem auf den verstärkten Transitverkehr und Tanktourismus zurückzuführen, heißt es in der Untersuchung. Vor allem der hohe Anteil der aus Deutschland kommenden Tanktouristen trage zum Treibstoff-Preisniveau in Vorarlberg bei.
Diskonter aufgefordert
Laut der Untersuchung der BWB bleiben exakt zwei Gründe für die höheren Treibstoffkosten in Vorarlberg: Der überwiegend aus Deutschland verursachte Tanktourismus sowie die Marktdominanz der Multis. Das Ergebnis der Untersuchung beweist im Wesentlichen, dass nicht die Kostenfaktoren den Sprit in Vorarlberg teurer machen, sondern das Verhalten der großen Konzerne, erklärt Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdisser. Für den Generaldirektor der BWB, Theodor Thanner, sei Vorarlberg aus oben erwähnten Gründen ein optimales Einzugsgebiet für Diskonter. Diese müssten durch den Bericht eigentlich zum Ergebnis kommen, dass sie in Vorarlberg verdienen können, sagt Thanner.
Keine Regulierung
Am Beispiel Salzburg sei erkennbar, dass Diskont-Tankstellen massiven Einfluss auf die Preisgestaltung der Multis nehmen. Innerhalb von vier Monaten wurde aus dem drittteuersten Bundesland in Bezug auf Treibstoffe das zweitgünstigste, verweist Thanner auf die Eröffnung der Friesacher-Hofer-Tankstellen. Markteingriffe der Politik erachten hingegen sowohl Thanner als auch Rüdisser für problematisch. Es wäre leicht zu sagen: Wir regulieren jetzt den Markt. Nach der Regulierung kommt aber die Rationierung, betont Thanner. Dadurch entwickle sich eine Kette, bei der man sehr vorsichtig sein muss.