Behindertenvereine gegen Lohnkürzung
Elf private Organisationen aus der Behindertenbetreuung wehren sich gegen eine von der Stadt Wien offerierte Kostensteigerungs-Abgeltung von 0,33 Prozent für 2003. Mit einer „Mahnwache“ vor dem Rathaus machten die Vereine am heutigen Dienstag auf ihre Situation aufmerksam, die für viele der Einrichtungen existenzgefährdend sei, so Walter Eigner von der Lebenshilfe Wien bei einem Pressegespräch. Erstmals werde in den Lohnerhöhungen vom bewährten Gehaltsschema der Gemeindebediensteten abgewichen.
Die Gemeindebediensteten hätten für dieses Jahr inklusive aller Zulagen drei Prozent Lohnerhöhung erhalten. Laut Betriebsvereinbarung stünde dies auch den privaten Trägervereinen zu, sagte Egon Prinz, Ehrenpräsident der Lebenshilfe Wien. Sozialstadträtin Grete Laska (S) habe nun jedoch erst im November eine Gehaltserhöhung angeboten, die aufs Jahr umgerechnet monatlich 0,33 Prozent entspräche. Zusätzlich seien ab Jänner 2004 1,6 Prozent mehr Lohn versprochen worden.
“Offensichtlichen Überrumpelungstaktik”
Dieser „offensichtlichen Überrumpelungstaktik“, so Eigner, wollen sich die Vereine nicht beugen. Zunächst sei neun Monate nicht auf die Kostenaufstellung der Vereine vom Februar reagiert worden und dann offeriere man ein „einseitiges, unzureichendes Preisdiktat.“
Der Gegenvorschlag der Vereine sieht eine Erhöhung der Bezüge um drei Prozent ab Dezember vor, was 0,25 Prozent Erhöhung aufs bisherige Jahr gesehen entspräche. „Damit leisten wir einen einmalig großen Beitrag und verzichten auf elf Monate Inflationsausgleich“, stellte Eigner klar. Zusätzlichen solle für das kommende Jahr ein Inflationsausgleich von 1,6 Prozent erfolgen. Um ihren Forderungen Gewicht zu verleihen hielten die Trägervereine mit behinderten Menschen und deren Angehörigen eine Mahnwache vor dem Wiener Rathaus ab.
Kein Politiker-Dialog mit Organisationen
Einig waren sich die Vertreter der Vereine auch darin, dass in den vergangenen zwei Jahren in Wien keine Behindertenpolitik mehr gemacht werde. Selbst heuer, im Jahr der Behinderten, habe sich keiner der hohen Regierungsvertreter zu einem Dialog mit den Organisationen eingefunden. Diese beschäftigen insgesamt rund 1.200 Mitarbeiter und stellen behinderten Menschen etwa 1.000 Plätze im Wohnbereich und 1.200 Plätze in der Tagesbetreuung zur Verfügung.
Man erbringe Leistungen, auf die die Betroffenen nach dem Behindertengesetz einen Rechtsanspruch hätten. Mirko Nalis, Obmann des Vereins für Gemeinwesenintegration und Normalisierung, betonte, dass die Kosten der privaten Träger hierbei höchstens 150 Euro betrügen, während die von der Stadt organisierte Behindertenbetreuung in Lainz bespielsweise 350 Euro am Tag koste. Rechtlich gesehen kaufe die Stadt Wien externe Leistungen dazu, doch „statt als echte Partner werden wir wie bloße Erfüllungsgehilfen behandelt“, so Eigner. Aus diesem Grunde schließe man bei einem Scheitern der Bemühungen rechtliche Schritte auch dezidiert nicht aus.
Redaktion: Claus Kramsl