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Behinderte Kinder als "Schaden" - Auch Grüne kritisieren Novelle

Die Diskussion um eine von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner geplante Gesetzesänderung, welche die Aufhebung der Haftungspflicht für Ärzte im Fall einer nicht diagnostizierten Behinderung eines Ungeborenen beinhaltet, geht weiter.
Emil hat sich durchgesetzt
Die Grüne Frauensprecherin Judith Schwentner sprach sich am Dienstag aus frauenpolitischer Sicht für die Beibehaltung der derzeitigen Regelung aus und kritisierte die Rhetorik von Bandion-Ortner.

Ein Kind sei nie ein Schaden, es gehe in erster Linie um Schadenersatz, die Sorgfaltspflicht der Ärzte und darum, den Frauen die Entscheidung zu überlassen, erklärte Schwentner bei einer Pressekonferenz. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (S) hatte bereits am Montag Kritik an der in Begutachtung befindlichen Novelle geübt: Laut derzeit geltendem Gesetz sei ein Arzt bei einem Diagnosefehler oder dem Vorenthalten von Informationen, für den Mehraufwand, den ein behindertes Kind verursacht, haftbar. “Das soll auch so bleiben, Gynäkologen haben wie alle anderen Ärzte für Fehler geradezustehen”, sagte Heinisch-Hosek zur Tageszeitung “Österreich”.

VP-Justizsprecher Heribert Donnerbauer sprang angesichts der Kritik am Dienstag für seine Parteikollegin in die Bresche: “Justizministerin Claudia Bandion-Ortner wurde für diese wichtige Initiative im Bereich des Zivilrechts unter anderem von Behindertenorganisationen gelobt”, so Donnerbauer in einer Aussendung. “Das neue Gesetz stellt lediglich klar, dass aus der Geburt eines Kindes kein Schadenersatz abgeleitet werden kann und ist somit ein wichtiges Signal zur Wahrung der Würde behinderter Menschen.”

Dass sozial- bzw. familienrechtliche Regelungen geschaffen werden, damit Familien mit behinderten Kindern keine wirtschaftlichen Nachteile zu tragen haben, sei explizit in den Erläuterungen zum Schadenersatzrechts-Änderungsgesetz 2011 angeführt, betonte der Justizsprecher. Für Kunstfehler während Schwangerschaft oder Geburt blieben Mediziner weiterhin verantwortlich.

Auch FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein wollte Heinisch-Hoseks Kritik nicht gelten lassen: Behindertenrechte würden gegen Frauenrechte ausgespielt, so die Oppositionspolitikerin am Dienstag in einer Aussendung. “Es würde der Frauenministerin gut tun, sich weniger um Abtreibungsbelange (…), sondern um die Frauen in Österreich zu kümmern.”

Anlass für die geplante Gesetzesänderung, die im Juni in Kraft treten soll, ist der Fall des Vorarlberger Buben Emil: Eine Familie hatte dagegen geklagt, dass ihr Sohn als Schaden behandelt würde.

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