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ÖBB im Polit-Verschub - "Kriegserklärung" nach Streit um Posten

Die ÖBB fahren immer tiefer in den regierungsinternen Polit-Verschub. Wie das Magazin "News" mit Verweis auf Mails von Bahn-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker berichtet, soll VP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier nach Unstimmigkeiten über die Besetzung eines Aufsichtsratspostens Verkehrsministerin Doris Bures (S) den "Krieg" erklärt haben.

Stimmt so nicht, betonte Maier auf APA-Anfrage. Vielmehr habe es eine Vereinbarung zwischen ihm und Pöchhacker gegeben, wonach es bei der Bahn eine schlanke Holding mit zwei Vorständen geben soll. Allerdings habe dann Pöchhacker auf Geheiß von Bures zurück gerudert, woraufhin er, Maier, zu Pöchhacker gesagt habe, dass dies eine “Kriegserklärung” sei und sich Bures “warm anziehen” müsse.

Maier betonte, dass es sich bei den in “News” publizierten Mails um ein “Ablenkungsmanöver eines Wortbrüchigen” handelt. Pöchhacker solle sich lieber um die Bahn kümmern als “taktische Spielchen zu spielen”. Replik von Pöchhacker: Er sei jederzeit für ein Gespräch mit Maier bereit, doch leider spreche dieser seit Monaten nicht mehr mit ihm. Die SPÖ wiederum nutzte die heute bekanntgewordenen Mails dazu, einmal mehr an Vizekanzler Josef Pröll (V) zu appellieren, “das ÖBB-Bashing zu stoppen”. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter sprach von einem “Tiefpunkt politischer Kultur und wirtschaftspolitischer Vernunft” von Seiten von VP-Spitzenpolitikern. ÖVP-Rechnungshofsprecher Hermann Gahr sprach daraufhin von einer “wehleidigen Reaktion” von Kräuter.

Wie “News” in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, soll sich Pöchhacker bei Bures über die Personalwünsche der ÖVP beschwert haben. Demnach habe Pöchhacker den ehemaligen VP-Staatssekretär Helmut Kukacka für einen Aufsichtsratsposten abgelehnt, weil dieser in der Vergangenheit die Bahn oftmals angegriffen habe. Daraufhin habe VP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier Alternativkandidaten aus der ÖVP genannt. Zu einer Einigung kam es allerdings nicht, da Maier von ÖVP-Clubobmann Karlheinz Kopf laut Pöchhacker zurückgepfiffen wurde.

Laut der in “News” abgedruckten Mails von Pöchhacker habe Kopf weiterhin auf Kukacka bestanden, “mit dem einzigen Ziel, die Ministerin (Bures, Anm. d. Red.) unter Druck zu setzen”. Besetzt wurde der Posten dann mit der früheren Personenverkehrschefin der Schweizer Bahn, was wiederum laut Pöchhacker für kräftigen Ärger bei der ÖVP sorgte. “Herr Maier hat mich unmittelbar nach der Entscheidung angerufen: ‘Jetzt herrscht Krieg, deine Dorli (Bures, Anm.) soll sich warm anziehen.'”, wird Pöchhacker in dem Mail laut “News” zitiert.

Nicht minder brisant ist eine Randbemerkung Pöchhackers zu einem Rechnungshofbericht. Darin wurde nach der Verantwortung für die 2005 eingegangene, verunglückte 612,9-Millionen-Euro-Spekulation der ÖBB geforscht. In seinem Rohbericht bemerkt der Rechnungshof, Finanzvorstand Erich Söllinger habe Aufsichtsratschef Wolfgang Reithofer sowie die Kapitalvertreter im Aufsichtsrat am 15. November 2005 informiert: unter anderem Anwalt Dieter Böhmdorfer, Kelag-Chef Hermann Egger, den Industriellen Kari Kapsch, RZB-Vorstand Karl Sevelda, Fruchtsafthersteller Franz Rauch und Investor Johannes Strohmayer, geht aus dem “News” vorliegenden Gedächtnisprotokoll Söllingers hervor. Als “brisante Tatsache” bezeichnet nun Pöchhacker, dass der Hinweis auf die Information im folgenden Endbericht des Rechnungshofes fehlt. Was Pöchhacker so deutet: Die Verantwortung für die Spekulationen wurde offenbar nicht restlos geklärt, zahlreiche Fragen blieben offen.

Stimmt absolut nicht, konterte der Rechnungshof umgehend. Rechnungshofsprecherin Helga Berger betonte gegenüber der APA: “Alle Umstände, die aktienrechtlich von Bedeutung sind und zur Beurteilung des Sachverhaltes notwendig waren, sind im Bericht enthalten.” Warum dann die Passage im Rohbericht stand, obwohl sie irrelevant ist, begründete Berger damit: “Der Rechnungshof hat bereits in seinem Prüfungsergebnis darauf hingewiesen, dass das Gedächtnisprotokoll von einem Vorfall 2005, das 2008 erstellt wurde, nicht ausreichend und verbindlich erachtet wird, um eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes darauf ableiten zu können. Die aktienrechtlich relevanten Berichte an den Vorsitzenden des Aufsichtsrates und an den Aufsichtsrat sind umfassend in dem Bericht dargestellt.”

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